Heilfasten - Der geplante Verzicht auf Nahrungsmittel kann positive Wohlfühlstimmung erzeugen und einen Ausgleich zum Alltag schaffen

"Reinigung von Körper, Geist und Seele"

Von 
Katharina Mergel
Lesedauer: 

Heilfasten bringt viele positive Aspekte mit sich. In den Anfangstagen kann jedoch Entgegengesetztes eintreten. Das ist von Person zu Person unterschiedlich und muss nicht gleich bedeuten, Fasten ganz sein zu lassen.

© Active Art one, Würzburg

Tauberbischofsheim. Im Bauch grummelt es, als würde ein unzufriedener Bär darin wohnen, und ein schummriges Gefühl im Kopf macht sich breit. Es ist gar nicht so einfach für ein paar Tage nichts zu essen, wenn man es eigentlich gewohnt ist, einen vollen Magen zu haben. Die strikteste Form des Fastens, das Heilfasten, verlangt von seinen Anhängern volle Abstinenz.

"Fasten soll nach Meinung der Verfechter dem Zweck dienen, "Schlacken" und "Gifte" aus dem Körper zu schwemmen, indem der Nahrungsverzehr weitestgehend eingestellt und möglichst viel Flüssigkeit zugeführt wird", erklärt Magdalena Rothengast, Ernährungsexpertin der AOK Tauberbischofsheim. Wissenschaftlich sei diese Annahme allerdings nicht haltbar, da der menschliche Körper keine Ansammlung von "Schlacken" enthält. Bestandteile der Nahrung, die nicht verdaut werden können, werden bei normaler Gesundheit umgehend über die Nieren, den Darm, die Atmung oder die Haut ausgeschieden, so die Ernährungsexpertin.

Zeit für schöne Dinge

Für die Tauberbischofsheimerin Cordula Keller ist das Heilfasten eine Art Frühjahrsputz. Ganz bewusst lege sie es einmal im Jahr, im Rahmen einer Fastenwanderwoche im Kloster Schöntal, auf die Zeit vor Ostern. "Ich fühle mich durch das Fasten viel freier und unbelasteter", sagt sie.

"Die Haut ist schöner, man fühlt sich leicht und kommt auf mehr Gedanken, die sonst nicht da sind", fügt Keller hinzu. Es sei ein Zeitnehmen für schöne Dinge. Dazu gehöre für sie auch Lesen und die viele Bewegung. Außerdem sei sie auch nach der Abstinenzphase fitter und ihr Geruchssinn stärker ausgeprägt. "Die Seele wird sensibler", sagt sie. "Es geht um die Reinigung von Körper, Geist und Seele".

Bewegung ist zentrales Thema bei dieser Art des Fastens. Rund zehn Kilometer läuft Cordula Keller täglich auf Wander- und Klosterwegen. Und dabei ist sie nicht alleine. "In der Gruppe ist Fasten wesentlich einfacher und schöner", sagt sie. Neben den Wanderungen stehen Yoga und meditativer Tanz sowie Gottesdienste, Impulse und Gesprächsrunden auf der Tagesordnung. Angeleitet wird die Gruppe von zwei Geistlichen. Das Wandern hingegen organisieren die Teilnehmer selbst. "Wir waren jetzt schon öfters da und kennen uns aus", so Keller.

"Normalerweise kann man Sport in moderater Form weitermachen", erklärt Magdalena Rothengast. Es komme dabei immer darauf an, wie sich die Person fühlt. "Wer achtsam mit seinem Körper umgeht, weiß, wie viel Sport er sich zumuten kann", so die Ernährungsexpertin weiter. Fasten sei kein Grund, damit aufzuhören. Der Körper könne Kraftreserven mobilisieren.

Nicht jeder sollte fasten

Die Menükarte während des Heilfastens ist übersichtlich. Getrunken werden dürfen nur Kräutertees, ein winzig kleiner Schluck purer Saft am Tag und viel Wasser. Mittags und abends gibt es selbst gemachte Gemüsebrühe. "Sie wird mit dem Löffel gegessen, nicht getrunken", meint Cordula Keller. Davon könne sie sich so viel nehmen, wie sie möchte. "Ich muss auf nichts verzichten und habe keine Gelüste", sagt sie.

Vor einigen Jahren habe sie alleine daheim gefastet und dabei für ihre Kinder gekocht. Auch das bekam sie hin, ohne mitessen zu wollen. Vor dem Fasten wird der Darm gereinigt und abgeführt. Dies verhindere, dass ein Hungergefühl auftritt.

Nicht für jeden ist es immer förderlich, ohne Rücksicht auf Verluste zu fasten. Es gebe sowohl medizinische als auch psychologische Gründe, die dagegen sprechen. "Menschen nach einer Krankheit, einer schweren Erkrankung wie Krebs oder einer Operation, sollten nicht fasten", erklärt Ernährungsberaterin Rothengast.

Ebenso verhält es sich für Schwangere und Stillende. Auch Personen, die sich in einer länger andauernden schwermütigen Verfassung befinden oder Essstörungen haben, sollten darauf verzichten, fügt sie hinzu. Bei Medikamenteneinnahme und chronischen Erkrankungen sowie bei Unsicherheit sollte immer der Arzt befragt werden.

"Vor 25 Jahren habe ich das erste Mal gefastet", sagt Cordula Keller. Von dieser Zeit an sei sie davon begeistert gewesen. Dabei plagte sie innerhalb der ersten drei Tage starkes Kopfweh. "Es war wie ein Balken vor dem Kopf", fügt sie hinzu. Allerdings kamen die Beschwerden in keinem darauffolgenden Jahr wieder.

Das klassische Fasten umfasse eine Woche inklusive Entlastungstag, Fastenbrechen und Aufbautag, so Magdalena Rothengast.

"Sollten Fastenkrisen wie Migräne, unstillbares Erbrechen, Koliken, Herzrhythmusstörungen und andere Symptome auftreten, muss auf jeden Fall ein Arzt hinzugezogen und unter Umständen das Fasten abgebrochen werden", sagt sie.

Langsames Fastenbrechen

Geht die individuelle Fastenzeit zu Ende, ist es wichtig darauf zu achten, nicht zu schnell wieder in die alte Gewohnheit zu verfallen. "Der Organismus muss langsam wieder an die Nahrung herangeführt werden", sagt Rothengast.

Zwei bis drei Tage sollte man sich dafür Zeit nehmen. "Wird länger als eine Woche gefastet, sollten auch mehr Aufbautage eingeplant werden", so die Ernährungsberaterin.

Der Körper sei sonst völlig überfordert und nicht in der Lage, eine solche Mahlzeit zu verdauen, wenn zu früh auf normale Kost umgestellt wird.

Folglich würde sich Unwohlsein und im schlimmsten Fall gesundheitliche Störungen, wie Übelkeit und Erbrechen einstellen.

Das Fasten durchhalten kann jeder, sagt Cordula Keller. Sie habe noch niemanden kennengelernt, der innerhalb der Fastenwoche abgebrochen hat.

Im ehemaligen Konvikt in Tauberbischofsheim leitete sie bereits selbst Fastengruppen an und blickt auf eine jahrzehntelange Fastenerfahrung zurück.

"Das A und O ist, sich vom Kopf her darauf einzustellen", sagt sie. Wenn man es wirklich will, sei es nicht schwierig.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten