50 Jahre Städtepartnerschaft - An Pfingsten 1966 wurden die Urkunden durch die Bürgermeister Walter Grosch und Jean Juif auf dem Schlossplatz unterschrieben

Gelebte Völkerverständigung

Von 
Uwe Büttner
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Bürgermeister Walter Grosch bei der Festrede am 29. Mai 1966 in Tauberbischofsheim auf dem Schlossplatz.

© Partnerschaftskomitee

Tauberbischofsheim. Auf den Transparenten "Partnerschaft - Jumelage" rund um die Stadt kann man es lesen: Seit nunmehr 50 Jahren besteht die Städtepartnerschaft zwischen Vitry-le-François und Tauberbischofsheim. 1965 fand die erste offizielle Kontaktaufnahme zwischen den Bürgermeistern beider Städte statt. Jean Juif und Walter Grosch gelten als die Väter der bis heute engen freundschaftlichen Beziehungen beider Städte, die Pfingsten 1966 vor genau 50 Jahren mit der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde auf dem Schlossplatz begann.

Bürgermeister Grosch als Initiator

Der damalige Tauberbischofsheimer Bürgermeister Walter Grosch pflegte bereits seit 1925 freundschaftliche Beziehungen zu der in Vitry-le-François lebenden Familie des Professors Gilberte Peuchôt. 20 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs regten Grosch und Peuchôt einen Schüleraustausch zwischen dem Matthias-Grünewald-Gymnasium und dem Lyseum in Vitry an. In Oberstudienrätin Berta Heusler fanden sie eine Unterstützerin ihres Vorhabens.

Im April 1965 besuchten Schüler der Gewerbeschule Tauberbischofsheim erstmals Vitry, um Kontakte mit der Region zu knüpfen und dabei beschlossen sie die freundschaftlichen Beziehungen nach Frankreich weiter auszubauen. Von dieser Klassenfahrt, die ausführlich dokumentiert wurde, ist ein Reisebericht erhalten. Auf Veranlassung von Bürgermeister Grosch wurden 30 Jugendliche aus Vitry zu einem Gegenbesuch nach Tauberbischofsheim eingeladen.

Im September 1965 besuchte Bürgermeister Jean Juif erstmals mit einer 70-köpfigen Delegation Tauberbischofsheim. Am 12. und 13. November 1965 nahm eine erste Tauberbischofsheimer Abordnung auf Einladung des Regierungspräsidenten Dr. Werner Munzinger aus Karlsruhe an der Freundschaftsfeier zwischen dem Regierungsbezirk Nordbaden und dem Department da la Marne in Epernay und in Chârlons-sur-Marne teil.

Festakt auf dem Schlossplatz

Ostern 1966 veröffentlichten die Fränkischen Nachrichten einen ausführlichen und mehrseitigen Bericht über die Champagne und ihre Menschen, um so die zukünftige Partnerregion mit der Stadt Vitry-le-François vorzustellen.

Kurz vor dem Pfingsttreffen 1966 schrieb Bürgermeister Walter Grosch an den TSV-Vorsitzenden einen Brief mit folgendem Wortlaut: "Die Verständigung zwischen dem deutschen und französischen Volke ist besser als alle politischen Verträge. Wir sind es den Toten der beiden Weltkriege schuldig, dass wir alle dazu beitragen, den Frieden in der Welt zu festigen. Vergessen wir nicht: "10 Jahre Freundschaft kosten nicht so viel wie eine Stunde Krieg".

Am 29. Mai 1966 unterzeichneten die Bürgermeister Jean Juif und Walter Grosch in einem feierlichen Festakt auf dem Schlossplatz, an dem 170 Besucher aus Vitry teilnahmen, die Freundschaftsurkunden beider Städte. Die Feier begann mit einem gemeinsamen Gottesdienst, der von dem französischen Erzpriester Louis Hardy aus Vitry zusammen mit Dekan Ludwig Mönch und Kaplan Fritz Ullmer zelebriert wurde.

Die musikalische Umrahmung erfolgte durch den Kirchenchor unter Leitung von Oberstudienrat Paul Julier und dem städtischen Orchester Würzburg. Die Grußworte, in denen die Freundschaft beider Länder hervorgehoben wurde, erfolgten in deutscher und französischer Sprache.

Am Mittag zog eine französische Musikkapelle vom Sonnenplatz an den zahlreichen winkenden Menschen vorbei durch die Stadt zum Sportplatz, wo sie vom Vorsitzender des TSV, Gerold Ringsdorf, in beiden Sprachen begrüßt wurden. Nach der Begrüßung wurde das erste deutsch-französische Fußballspiel angepfiffen. Das Freundschaftsspiel zwischen dem TSV 1863 Tauberbischofsheim und dem SAV Vitry-le-François, das eine große Zuschauerzahl angelockt hatte, endete 2:0 für den Gastgeber. Fußball-Abteilungsleiter Peter Heidenreich überreichte dem Vorsitzenden des SAV Vitry, Monsieur Dufourcet, ein Bild von Tauberbischofsheim. Außerdem erhielt jeder Gast die Vereinsnadel, während sich die Vitryaner mit ihrem Vereinswimpel revanchierten und auch die Gegeneinladung für den 25./26. Juni aussprachen. Das war gleichzeitig die erste freundschaftliche Begegnung von Vereinen beider Städte. Bis 1968 folgten die Basketballer und die Judoka des TSV diesem Beispiel.

Um 17 Uhr eröffnete Bürgermeister Walter Grosch mit einer Festrede, bei der er der Städtefreundschaft eine glückliche Zukunft wünschte, die Tauberbischofsheimer Heimattage. Bürgermeister Jean Juif betonte in seiner Ansprache, dass man keine Bemühungen scheuen werde, um die Freundschaftsbande beider Städte auch für die Zukunft zu verstärken. Er dankte vor allem Regierungspräsident Werner Munzinger, Bürgermeister Walter Grosch und Landrat Bruno Rühl, dass sie sich der "edlen Sache" gewidmet haben.

Am Ende seiner Rede sagte er auf Französisch: "Es lebe Tauberbischofsheim, Vitry-le- François und die deutsch-französische Freundschaft."

Nachdem beide Nationalhymnen erklungen waren, verlas Bürgermeister Jean Juif die Urkunde der Stadt Vitry zur Städtefreundschaft -den deutschen Text verlas Bürgermeister Walter Grosch. Unter Beifall der Gäste unterzeichneten beide Bürgermeister die Urkunde und besiegelten somit die deutsch-französische Städtepartnerschaft.

Wenige Wochen später am 26. Juni 1966 wurde die Partnerschaftsurkunde von Vitry im Park des Rathauses von Vitry-le-François unterschrieben. An den Feierlichkeiten nahmen mehrere 1000 Menschen teil, darunter auch 140 Personen aus Tauberbischofsheim.

Der Tauberbischofsheimer Delegation gehörten Präsident und Bürgermeister Walter Grosch, Harry Chrzonsz, Heinz Schäffner, Heinz Walter, Paul Benz, und Lothar Zagatta sowie Vertreter der Tauberbischofsheimer Vereine an. Auch die Presse in Vitry-le-François berichtete ausführlich über das erfreuliche Ereignis.

Schüleraustausch

Im Juli 1966 waren erstmals 30 Schüler aus Vitry bei Tauberbischofsheimer Gasteltern einquartiert. Während ihres 14-tägigen Aufenthaltes lernten sie den damaligen Landkreis Tauberbischofsheim und seine Bewohner kennen. Hierbei wurden auch zahlreiche Kontakte zu den Tauberbischofsheimern geknüpft. Es entstanden erste Freundschaften zwischen den Menschen beider Städte. In diesem Jahr wird das 50-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft in beiden Städten mit verschiedenen Veranstaltungen gefeiert.

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