Matthias-Grünewald-Gymnasium (I) - 325 Jahre gymnasiale Bildung in Tauberbischofsheim wird am heutigen Freitag gefeiert

Ein Spiegelbild der Weltgeschichte

Von 
Ulrich Feuerstein
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Auf 325 Jahre gymnasiale Bildung wird heute zurückgeblickt. Unser Bild zeigt einen Teil der heutigen Schüler des Matthias-Grünewald-Gymnasiums.

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Tauberbischofsheim. 325 Jahre: Auf eine große Tradition kann das Matthias-Grünewald-Gymnasium zurückblicken. Mit einem Festakt begeht die Schule am heutigen Freitag das Jubiläum. Ein Blick zurück ist auch ein Gang durch die deutsche Geschichte.

1884 verließen die ersten 19 Abiturienten das Gymnasium Tauberbischofsheim mit der Reifeprüfung. Die Anfänge der Schule reichen, darauf hat schon Hermann Müller in seiner historischen Übersicht hingewiesen, freilich zwei Jahrhunderte weiter zurück. Am 9. Januar 1688 erhielt der Bischofsheimer Stadtrat vom Fürstbischof von Mainz die Genehmigung, ein Gymnasium zu eröffnen. Die Leitung wurde den in der Stadt seit 1629 ansässigen Franziskanern anvertraut. Mehr als ein Jahrhundert leisteten sie, so Müller, "segensreiche Arbeit". Und das unter schwierigen Bedingungen: Raumnot, häufiger Lehrerwechsel und kärgliche Besoldung waren an der Tagesordnung.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts geriet der Orden in die Wirren der Säkularisation. Mit der Aufhebung des Klosters im Jahr 1823 wurde den Franziskanern die Leitung der Schule entzogen. 1827 wurde auch das Gymnasium aufgehoben und im folgenden Jahr in ein zunächst vierklassiges, seit 1836 fünfklassiges "Pädagogium" umgewandelt. Diese Übergangslösung fand 1846 ihr Ende. Durch Großherzoglichen Erlaß wurde der Tauberbischofsheimer Schule wieder die Bezeichnung "Gymnasium" verliehen und auf sieben Klassen erweitert.

1862 gab es einen schweren Rückschlag. Das seit 1823 als Gymnasiumsgebäude dienende ehemalige Franziskanerkloster wurde durch einen Brand derart stark beschädigt, dass der Unterricht in die Volks- und Gewerbeschule, teilweise sogar in Privathäuser verlegt werden musste. Trotz hoher finanzieller Belastung rang die Stadt sich zum Neubau eines Gymnasiums für rund 300 Schüler durch. Am 11. Januar 1868 konnte das neue Schulgebäude bezogen werden.

Nächstes Ziel war es, den Status eines neunklassigen Vollgymnasiums zu erhalten. Mit Erlass von 1872 war es der Tauberbischofsheimer Schule als siebenklassiger Gelehrtenschule nur erlaubt, sich "Progymnasium" zu nennen. Jahrelange Bemühungen waren schließlich von Erfolg gekrönt. Mit Erlaß vom 11. September 1882 wurde genehmigt, "daß an dem Progymnasium in Tauberbischofsheim der Unterricht von Beginn des Schuljahres 1882/83 an auf einen achten, und von Beginn des Schuljahres 1883/84 an auf einen neunten Jahreskurs, für welche neu hinzutretenden Jahreskurse der Lehrplan für Unter- und Oberprima der Gymnasien in Anwendung zu kommen hat, ausgedehnt werde".

Am 21. und 22. Juli 1884 fand unter Oberschulrat Wendt die erste Reifeprüfung statt. Die ersten 19 Abiturienten verließen das Gymnasium Tauberbischofsheim. Schon am 25. Mai 1884 war die "definitive Umwandlung des Progymnasiums in ein Gymnasium" mit einem eindrucksvollen Festakt begangen worden.

In den drei Jahrzehnten bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges entwickelte sich das Gymnasium unerwartet günstig. Die Schülerzahl stieg von 169 im Jahr 1881 auf 375 im Jahr 1885 und pendelte sich dann bei etwa 300 ein. Rund die Hälfte der Schüler wohnte im Konvikt.

Der Erste Weltkrieg bedeutete einen tiefen Einschnitt für die Schule. In den ersten Kriegswochen überschlugen sich vor allem die Schüler der Oberstufe vor nationaler Begeisterung. Mit Kriegsende wurde aus dem "Großherzoglichen Gymnasium" das "Gymnasium". Die ersten Schuljahre waren geprägt von wirtschaftlicher Not und den Folgen des Krieges. Zunächst galt es, wieder einen geregelten Unterricht zu organisieren. Das herausragende Ereignis im schulischen Leben der 20er Jahre war das festlich begangene 40-jährige Schuljubiläum vom 29. bis 31. Juli 1924.

Seit Mitte der 20er Jahre bis zum Ende der Weimarer Republik erlebte das Gymnasium eine besondere geistige Blüte und kulturelle Ausstrahlung. Im Schuljahr 1926/27 war die Schule bei den Reifeprüfungen beste im Land. 1926 ging mit der Anschaffung "einer neuen seidenen und goldgestickten Gymnasiumsfahne" ein langgehegter Wunsch in Erfüllung.

Die Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre sorgte dafür, dass die Schülerzahl in den Jahren 1930/33 von etwa 340 auf rund 280 abnahm. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte gravierende Auswirkungen auf das Gymnasium. 1937 wurde es in "Franken-Schule, Oberschule für Jungen" umbenannt. Der altsprachliche Charakter war damit aufgehoben. Das einschneidendste Ereignis war freilich die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre aus "bevölkerungspolitischen Gründen". Hitler brauchte bei der mit aller Macht betriebenen Aufrüstung für seine neue Wehrmacht Offiziere als Führungskräfte. Die kamen in dem bald ausbrechenden Zweiten Weltkrieg dann auch zum Einsatz. Viele von ihnen sahen die Heimat nicht wieder. 64 sind gefallen oder in Gefangenschaft gestorben, 28 gelten als vermisst. Dazu kommen aus dem Kollegium fünf Lehrkräfte.

Die Besetzung Tauberbischofsheims durch amerikanische Truppen am 31. März 1945 beendete zunächst die Zuständigkeit der staatlichen Behörden. So konnte auch der Unterricht am Gymnasium nach den Osterferien nicht gleich wieder aufgenommen werden. Die kommissarische Leitung der Schule lag bis April 1946 in den Händen von Prof. Heinrich Zimmermann.

Das Schuljahr brachte in rascher Folge Änderungen für Namen und Typ der Schule: Die "Franken-Schule, Oberschule für Jungen mit gymnasialem Zweig" wurde umbenannt in "Realgymnasium Tauberbischofsheim", dem weiterhin der gymnasiale Zug angegliedert war. Mit Geltung schon für das Schuljahr 1946/47 erfolgte die Umwandlung in ein altsprachliches Gymnasium, an dem die noch bestehenden Klassen des bisherigen Realgymnasiums auslaufen sollten. Der Schwerpunkt verlagerte sich also vom realgymnasialen Zug auf den altsprachlichen mit der Tendenz zu einem rein humanistischen Gymnasium.

Im Schuljahr 1952/53 wurde in Boxberg eine Zweigschule eingerichtet, die wenige Jahre später mangels Zuspruch wieder aufgegeben wurde. 1954 erhielt die Schule den neuen Namen "Matthias-Grünewald-Gymnasium". Ende der 1950er Jahre begannen große bauliche Veränderungen. 1958 wurde der erste Bauabschnitt des neuen Schulgebäudes (Kleines Haus) eingeweiht. 1962 folgte der zweite Bauabschnitt (Großes Haus). 1970 schloss sich ein dritter mit der Erweiterung des "Großen Hauses" nach Westen an. Nach verschiedenen Sanierungsmaßnahmen wurde 2003 das "Neue Haus" eingeweiht, verbunden mit der Übergabe der naturwissenschaftlichen Räume und des multifunktionalen Klassenraumes.

Die Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G 8) 2004 erforderte eine inhaltlich-pädagogische und bauliche Neukonzeption. Der Umbau des Erdgeschosses mit Küche, Mensa, Internetcafe trägt den geänderten Anforderungen Rechnung. Neue naturwissenschaftliche Fachräume und eine als Ort der Begegnung konzipierte Bibliothek kamen in den vergangen Jahren hinzu.

Ein Ende der Bau- beziehungsweise Sanierungsmaßnahmen ist allerdings auch künftig nicht abzusehen.

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