Fechten - Der Ehrenbürger der Stadt Tauberbischofsheim und "Fecht-Medaillenschmied" wäre am heutigen Montag 80 Jahre alt geworden

Der Name Emil Beck ist noch heute ein Markenzeichen in der Welt des Sports

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Paul v. Brandenstein
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An Emil Becks Gestik und Mimik war stets abzulesen, wie bei einem großen Fechtsportereignis die Wettkämpfe gerade laufen.

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Tauberbischofsheim. Es gibt sicherlich nur wenige Menschen, deren Name so eng mit der Heimatstadt verknüpft sind wie bei Emil Beck. Wer noch heute auf die Frage, woher er denn komme, mit "Tauberbischofsheim" antwortet, wird in aller Regel sofort mit Fechtsport und eben Emil Beck in Verbindung gebracht. Der ehemalige Weltklassefechter und heutige IOC-Präsident Dr. Thomas Bach sagte zum Beispiel auf der Trauerfeier anlässlich des Todes des legendären Trainers im März 2006: "Emil Beck ist ein Visionär gewesen, der nicht nur Tauberbischofsheim ein neues Gesicht gegeben hat, sondern den Fechtsport weltweit reformiert hat." Am heutigen Montag wäre Emil Beck 80 Jahre alt geworden.

Emil Beck war in Sachen Fechtsport ein Autodidakt, der stets polarisiert hat. Manch einer kam mit seinem autoritären Stil der Menschenführung überhaupt nicht klar. Andere waren fasziniert von seiner Person und seinen Ideen, weshalb sie ihn beinahe bedingungslos unterstützten. Ex-Weltmeister Elmar Borrmann hat dies einmal treffend ausgedrückt: "Wenn Emil Beck sagte 'Setzen!', dann haben wir nicht nachgeschaut, ob überhaupt ein Stuhl hinter uns steht".

Der Name Emil Beck steht für die größten Erfolge, die der deutsche Fechtsport jemals errungen hat. Neben unzähligen Titeln bei Welt- und Europameisterschaften haben ganz besonders die medaillenträchtigen Auftritte der Tauberbischofsheimer Sportler 1976 in Montreal, 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Niemand, der dabei war, wird den Tag vergessen, als die Fechter 1976 nach den Spielen in Kanada erstmals mit olympischem Edelmetall in ihre Heimat zurückgekehrt sind. 30 000 waren gekommen. In Tauberbischofsheim herrschte euphorischer Ausnahmezustand.

Emil Beck hatte eigentlich Friseur gelernt. Ein Kinobesuch änderte 1951 seinen eingeschlagenen Lebensweg komplett. Welchen Film er in "Vaters Lichtspiele" eigentlich anschauen wollte, wusste er nach eigenen Aussagen schon nach einer Woche nicht mehr.

Es war auf jeden Fall kein Mantel- und Degenfilm über die legendären drei Musketiere von Dumas, sondern es war ein "Wochenschau"-Beitrag über das sportliche Fechten, das ihn nicht mehr los ließ. Die Sportart war ihm bis dahin völlig fremd gewesen, doch sie hatte ihn in ihren Bann gezogen.

Wenig später stand er bei Edmund Schuster vom TV Bad Mergentheim vor der Tür, um Fechten zu lernen. Ein erfolgreicher Sportler wurde er jedoch nicht. Aber es zeigte sich schon früh, dass ihn nicht nur die Praxis interessierte, sondern auch die Theorie. Er grübelte über Trainingsinhalte und -methoden nach - und merkte im Prinzip dabei gar nicht, dass er Elemente aus den traditionellen italienischen, französischen und ungarischen Fechtschulen miteinander verschmolz und damit praktisch die Trainingslehre revolutionierte.

Im Oktober 1954 gründete er innerhalb des TSV Tauberbischofsheim eine Fecht-Abteilung. Bilder und Geschichten über den Trainingsraum sind legendär. Es war nämlich der Heizungskeller der Festhalle, in der der Grundstock für das "Fechtwunder" gelegt wurde. Nach und nach stellten sich kleinere Erfolge ein, auf Landesebene. Doch Emil Beck wollte mehr.

Für ihn war klar, dass seine kleine Abteilung nicht länger Mitglied des "großen" Breitensportvereins TSV bleiben könnte, wenn sie wirklich ehrgeizige und außergewöhnlich ambitionierte Ziele verfolgen wollte. Die Abspaltung vom "Hauptverein" verlief keineswegs geräuschlos. In seiner Heimatstadt blies ihm heftiger Gegenwind entgegen. Doch Emil Beck hatte in der Tat alles richtig gemacht, denn die Erfolgsbilanz wurde in Windeseile länger und länger.

Den emotionalsten Moment seines sportlichen Wirkens erlebte er 1988 bei den Olympischen Spielen in Südkorea. Bei der Siegerehrung wehten gleich drei deutsche Fahnen in der Fechthalle. Das hatte es im bundesdeutschen Sport bis dahin überhaupt noch nicht gegeben. Gold für Anja Fichtel, Silber für Sabine Bau, Bronze für Zita Funkenhauser. Drei Fechterinnen des FC Tauberbischofsheim gemeinsam auf dem Treppchen. "Das war für mich die Krönung", hat er einmal gesagt.

Zum Ende seiner Karriere lernte Emil Beck allerdings auch die Kehrseite der Medaillen kennen. Die großen Fechtstars wie Alexander Pusch, Matthias Behr, Thomas Bach, Anja Fichtel, Sabine Bau und Zita Funkenhauser traten nach und nach von der Fechtplanche ab - und die Erfolgsmeldungen aus dem Olympiastützpunkt wurden spärlicher. Zudem überwarf sich Beck dann auch noch mit einigen seiner engsten Mitarbeiter, wie zum Beispiel mit Matthias Behr.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen des Verdachts der Veruntreuung und der Urkundenunterdrückung. Am 31. Juli 2000 musste er mehr oder weniger freiwillig seinen Platz im Olympiastützpunkt räumen. Danach hat er sein "Lebenswerk" nie wieder betreten.

Zum Prozess gegen ihn ist es allerdings nicht mehr gekommen. Emil Beck starb am Sonntag, 12. März 2006. Zu Hause im Sessel. Sein Herz spielte nicht mehr mit. Emil Beck wurde 70 Jahre alt.

Zweifellos war Emil Beck eine charismatische Persönlichkeit mit vielen Ecken und Kanten. Die meisten seiner "Zöglinge" sind noch voll des Lobes. Schließlich hatte er stets nicht nur den Sport im Auge, sondern in gleichem Maße die soziale Absicherung. Ohne Schule und Berufsausbildung lief bei ihm nichts. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass viele ehemalige Spitzenfechter anschließend noch eine zweite berufliche Karriere gestartet haben.

Alexander Pusch bezeichnete Emil Beck nach dessen Tod als "besten Trainer aller Zeiten". Für Sabine Bau war er ein "Motor des Fechtsports". Thomas Bach lobte seinen Leistungswillen und seine Beharrlichkeit. Matthias Behr dachte daran, dass er ihm "sportlich und beruflich viel zu verdanken hatte".

Und Anja Fichtel, die wohl eleganteste und beste Fechterin aller Zeiten, dachte bei Emil Becks Tod gleich an die Zukunft: "Spätestens jetzt werden alle merken, was dieser Mensch alles vollbracht hat." Die Heimatstadt erinnert an ihren Ehrenbürger, indem sie heute die Finalhalle des Fechtzentrums im Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim in "Emil-Beck-Halle" umbenennt. Zu einer Feierstunde wird sogar der IOC-Präsident erwartet.

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