Oberbalbach. Im Vorfeld des Volkstrauertages am Sonntag, 13. November, fand am Samstagabend in Oberbalbach ein Gedenkakt mit Kranzniederlegung statt. Gastredner auf dem Pfarrkirchplatz war in diesem Jahr Stadt- und Kreisrat Marco Hess.
Davor fand in der Katholischen Pfarrkirche „St. Georg“ ein Gottesdienst statt, der von Pfarrer Stefan Märkl zelebriert wurde. Zum Auftakt der Gedenkstunde zitierte Ortsvorsteherin Monika Noorlander ein Totengedenken von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aus dem Jahr 2020. In ihrer Begrüßung erinnerte sie daran, dass der Volkstrauertag ursprünglich vor fast 100 Jahren durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die vielen Millionen Opfer des Ersten Weltkrieges eingeführt worden sei.
Neue Bedeutung
Inzwischen werde ebenfalls allen Toten des Zweiten Weltkriegs sowie aller Kriege und Gewaltherrschaften gedacht. „Die Erinnerung ist eine lebendige Kraft. Daher fordere der Volkstrauertag auch zu Versöhnung, Verständigung und Frieden auf“, betonte Monika Noorlander. „In diesem Jahr gedenken wir im Besonderen der Toten des Angriffskrieges gegen die Ukraine“. 2022 habe der Gedenktag dadurch und aufgrund der Spannungen mit Russland eine neue Bedeutung bekommen. Dieser Krieg sei der Überlebenskampf eines souveränen Staates gegen einen rücksichtslosen Aggressor sowie zugleich ein Kampf der Ukrainer für Freiheit und Demokratie. „Auf beiden Seiten sterben Menschen und fallen dem Wahn eines despotischen russischen Herrschers sowie seiner Vasallen zum Opfer. Hinter jedem Einzelschicksal steht ein Name. Jedes Leben steht für einen Menschen mit einer unverlierbaren und unantastbaren Würde“, mahnte die Ortsvorsteherin.
„Krieg in Europa – für mich als jünger Mitbürger eigentlich unvorstellbar“, reflektierte Marco Hess. „Doch im Jahr 2022 müssen wir Bilder aus der Ukraine sehen, von denen wir gehofft hatten, dass sie sich gerade auf unserem Kontinent und für meine Generation niemals wiederholen“. Seit Februar, genauer betrachtet, eigentlich bereits seit der Annexion der Krim im Jahre 2014 herrsche jedoch wieder Krieg in Europa. „Russland hat mit dem Angriff auf die Ukraine erneut das Völkerrecht und alle Regeln der Nachkriegsordnung in Europa gebrochen“, kritisierte er harsch.
„All diese Schrecken des Krieges finden im Herzen Europas statt. Von Berlin bis zur ukrainischen Grenze ist es genauso weit wie von Berlin nach Brüssel“, veranschaulichte der Stadt- und Kreisrat. „Mit diesem brutal angegriffenen Land und seinen Menschen trennt und verbindet uns vieles. Einerseits eine gewaltvolle Vergangenheit, andererseits die Fundamente einer gemeinsamen Kultur und der Wille zur demokratischen Selbstbestimmung für eine friedliche Zukunft in Europa“.
Gedenken an Kriegsopfer
„Deshalb denken wir in diesem Jahr anlässlich des Volkstrauertags insbesondere an die Kriegsopfer und ihre Angehörigen in der Ukraine. Wir erinnern ebenso an die Millionen von Toten, die nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion und schon zuvor während des Ersten Weltkrieges in diesem Land und in ganz Osteuropa zu beklagen waren“, unterstrich Marco Hess. Allein in der Ukraine ruhen an die 170 000 deutsche Kriegstote auf den Kriegsgräberstätten des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge. Mindestens genauso viele werden nach wie vor vermisst - und bei den sowjetischen Kriegstoten gehen diese Zahlen in die Millionen“, berichtete er.
Der Volkstrauertag gebe nicht nur Anlass zum Nachdenken und zur Besinnung, sondern zudem einen Handlungsauftrag, miteinander für Menschenrechte, Frieden und Freiheit einzutreten. Missgunst, Misstrauen und Missverständnisse seien Brandbeschleuniger, rechtzeitiges Erkennen und Gegensteuern hingegen die einzigen wirksamen Werkzeuge. „Vertrauen ist schnell zerstört, neues Vertrauen zu schaffen dauert Jahre, manchmal Generationen“, gab Marco Hess zu bedenken.
Kranzniederlegung
Im Anschluss legte er gemeinsam mit Monika Noorlander am Kriegerdenkmal einen Ehrenkranz nieder. Ein Fürbittengebet und der Segen durch Pfarrer Märkl rundeten die Gedenkstunde ab. Umrahmt wurde die Veranstaltung durch die Ehrenwache der Freiwilligen Feuerwehr Abteilung Oberbalbach und den örtlichen Gesangverein „Eintracht“ unter Leitung von Regina Markert. Zu den musikalischen Höhepunkten zählte das Lied „Komm wir ziehen in den Frieden“ von Udo Lindenberg, das der Gesangverein unter Begleitung von Julius Leber an der Gitarre eigens für diese Zeremonie zum Volkstrauertag einstudiert hatte, Das gemeinsame Singen der Deutschlandhymne bildete den Abschluss der Gedenkfeier.
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