„MAZ ab!“, „Schmidteinander“ und „Verstehen Sie Spaß?“ machen Harald Schmidt bekannt. Zur Kultfigur wird der vielfach ausgezeichnete Entertainer aber erst durch seine Late-Night-Show, die bei wechselnden Sendern unter diversen Titeln („Die Harald Schmidt Show“, „Harald Schmidt“) von 1995 bis 2014 gehobenen Blödsinn in deutschen Stuben bringen.
„Der Held meiner Jugend“
Er war „der Held meiner Jugend“, outet sich Heiko Volkert. Volkert vermisst die scharfe Zunge, seit der telegene Schmidt nur noch als Kreuzfahrtdirektor Schifferle auftaucht. Entzugserscheinungen wie nostalgisch feuchte Augen begleiten viele der 500 Fans, die ins Carmen Würth Forum gepilgert sind, um sich ihre Humor-Dosis abzuholen.
Treffpunkt Forum heißt die Veranstaltungsreihe, in der Bernadette Schoog illustre Gäste vorstellt. Bereits vor 23 Jahren ist Harald Schmidt (61) schon mal bei Würth aufgetreten, da stand sein kometenhafter Aufstieg aber noch in den Sternen.
Mit dem Business bestens vertraut, hat sich die rotgelockte Moderatorin in seriöses Schwarz gehüllt, das zart glitzert, als sei‘s mit Sternenstaub gepudert. Sie beginnt mit einer Eloge ans Publikum: Zu Harald Schmidt zu gehen, sei ein Zeichen von Intellektualität. Lässig der Konter des Medien-Stars: „Sie können ein Bäuerchen machen und bekommen dafür den Grimme Preis. Jahre später denken Sie, das kam gut an, machen es wieder und es heißt: Der rülpst nur noch“. Ob es ihn nicht jucke, die Tagespolitik zu kommentieren? „Heute früh hab ich Heiko Maas – enges Höschen, schwarzes Lederjäckchen – gesehen und gedacht: Du wirst Saarbrücken einfach nicht los. Ne Viertelstunde später wimmelte es im Netz von Kommentaren“. Was vor 100 Jahren noch eine Attraktion war, ein Grammophon, ein Telefon, wie Thomas Mann im „Zauberberg“ beschreibt, ist heute, samt Roman, in einem Gerät vereint. Der Markt ist so schnell geworden, eine Technik ist im Moment, in dem sie eingebaut wird, schon veraltet. „Das einzige, was Bestand hat, sind Schrauben“, sagt Schmidt und der Saal tobt.
Mensch und Marke
Sorgfältig klopft Schoog die Lebensstationen des Kabarettisten, Kolumnisten, Moderators, Enter–tainers, schließlich auch Schauspielers ab. Dass er Misanthrop sei, stamme aus der Zeit von „Schmidteinander“: „Uns verbindet der Hass auf die Menschheit und die Liebe zum Publikum“, sei das Credo von Herbert Feuerstein gewesen. Etikettierungen werde man sowieso nicht los, also sei es opportun, sie als Branding zu nutzen. Zugleich Mensch und Marke ist Harald Schmidt ein Exzentriker, der die Fallhöhe ausreizt zwischen vernichtender Selbstironie („Sagen wir mal so: Meine Akne schlug Schatten, ich war so hässlich, dass ich nicht mal von der Kirche belästigt wurde“) einerseits und andererseits von Eitelkeit getriebenem Größenwahn („Shakespeare wäre längst untergegangen, hätte nicht Schmidt ihn ab und zu zitiert“). Er nimmt mit, was der Selbstvermarktung dient, beispielsweise Nescafé-Werbung. Ob George Clooney ein würdiger Nachfolger sei, will Schoog wissen. Wer sonst?
„Auge vor Ohr“
Was Schoog und Schmidt eint, ist die Gysi-Erfahrung. Beide hatten das Alphatier der Linken als Interview-Partner. Gregor Gysi weiß, dass er ein Rhetorik-Ass ist. Schoog erzählt, wie sie sich mühte, den Monolog mit Fragen aufzubrechen – vergeblich. Sie bedauert, dass sie den Trick von Harald Schmidt nicht kannte, dabei ist der uralt und vielfach in Schulzeiten erprobt: Man tut so, als würde man einschlafen. „Auge vor Ohr“, sagt Schmidt, das funktioniere immer.
Ob er seine Karriere-Erfolge dem Talent und Tricks oder seiner Hartnäckigkeit verdanke? „Beharrlichkeit – und natürlich Ellbogen“. Kurzerhand untermauert er das mit einem Zitat: „Wieder einer weniger, den ich überholen muss“, sei die Devise von Niki Lauda gewesen, wenn ein Formel 1-Kollege aus der Kurve flog.
Was fasziniert ihn am Traumschiff? Ist die Rolle des Kreuzfahrtdirektors Schifferle nicht unter Niveau? „Wieso?“, fragt Schmidt mit gespielter Naivität: „Ein Satz wie: Käpt’n wir laufen aus“, sei reinste l’art pour l’art, quasi documenta-reif. Im Übrigen gilt „Drehort vor Inhalt“. Drei Drehtage plus zwei Wochen Urlaub, dabei die Welt umsegeln.
Und warum hat der Schwabe den Schwarzwald-„Tatort“ abgelehnt? „Auch da gilt: Drehort vor Inhalt. Den kann doch der Clooney machen!“
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