Distelhausen. Am Ostersonntag, dem 1. April 1945 kommt der Krieg auch nach Distelhausen. Die 101. Cavalry Group hat vom 1. bis 7. April 1945 ihren Gefechtsstand in Distelhausen in der Brauerei Ernst Bauer. Das Gelände zwischen Bahnhof und Tauber wird zum Nachschublager und Munitionsdepot für die Richtung Bad Mergentheim vorrückenden amerikanischen Kampfverbände.
Ein Kaffee mit den Amerikanern
Bereits in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag kommt ein Erkundungstrupp an den Bahnhof Distelhausen und schlägt mit Gewehrkolben an die Bahnsteigtüre. Bahnagent August Müller und seine Frau öffneten schließlich. Sie müssen den Soldaten, die etwas deutsch sprechen Kaffee kochen.
Nach kurzen Gesprächen und einem gemeinsamen Kaffee rückt der Trupp wieder ab. Rosa Müller bittet die Soldaten einen Koffer für die Schwester mit nach Bad Mergentheim zu nehmen. Die Soldaten lösen das Versprechen tatsächlich ein. Nur wenige Tage später wird der Bahnhof von den amerikanischen Truppen besetzt.
Am Ostersonntag, dem 1. April 1945, rückt ein Trupp der 101. Cavalry auf der Landstraße von Dittigheim her in Richtung Distelhausen vor. Die Gruppe wird von deutschen Soldaten mit Gewehren beschossen.
Schwere Gefechte
Staff Sergeant Vincent Kelly aus Brooklyn, New York, erinnerte sich an die Vorkommnisse: „Wir standen unter schwerem Scharfschützenfeuer kurz vor Distelhausen, bei dem ich verwundet wurde. Trotz meiner misslichen Lage konnte ich andere Verwundete versorgen und helfen diese aus der Schusslinie der deutschen Schützen zu bringen.“ Für seinen mutigen Einsatz wird er später mit dem „Silver Star“ ausgezeichnet.
Mehrere Soldaten der 101. Cavalry werden bei dem kurzen Gefecht bei Distelhausen getötet. Für Frederic Altazer, einem der Soldaten der 101.C avalry, ist es einer der schlimmsten Tage, den er bis dahin im Krieg erlebt hat.
Als Antwort auf den feindlichen Beschuss feuern die von Dittigheim anrückenden Amerikaner eine Panzersalve in den Ort und dabei gerät die Gemeinschaftsscheune von Burkard Ulsamer und Philipp Müller in Brand. Die Panzer rücken zunächst nicht weiter vor und bleiben einige hundert Meter vor Distelhausen stehen. Rosa Ulsamer geht den Amerikanern mit einer weißen Fahne entgegen. Ihr folgt kurze Zeit später Bürgermeister Karl Ditter, der mit den Amerikanern erfolgreich verhandelt und dadurch das Dorf von weiteren Kampfhandlungen verschont bleibt.
Nachschub-Depot auf der Wiese
Über Hof Steinbach rückt eine weitere Panzereinheit über den Bahnweg und die Klinge (heute Wolfgangstraße) in den Ort ein. Auf der Wiese zwischen Dorf und Bahnhof richten die Amerikaner ein Depot für Nachschub, Munition und Fahrzeuge ein. Das Areal ist mit Munitionskisten, Fahrzeugen und Soldaten überfüllt. Nach deren Abzug holen die Distelhäuser die zurückgelassenen leeren Munitionskisten. Der Großteil davon wird zu Brennholz verarbeitet.
Noch am gleichen Tag bezieht die 101. Cavalry-Group in der Brauerei Ernst Bauer (heute Distelhäuser Brauerei) ihr Hauptquartier. Bis zum 7. April, dem Tag der Einnahme von Bad Mergentheim, plant die motorisierte Kampfeinheit ihre Einsätze an der Tauberfront.
Im Haus Lauer (heute Bundesstraße 16) richtet eine amerikanische Sanitätseinheit ein Feldlazarett ein. Dieses besteht bis Juni 1945 und wird rundum zum Schutz der Verwundeten und des Sanitätspersonals von drei amerikanischen Panzern abgesichert. Auf der Tauberwiese Richtung Dittigheim wird ein Militärflugplatz für Aufklärungsflugzeuge eingerichtet. Dieser besteht ebenfalls bis Juni 1945. Nach dem Abzug der Kampftruppen bleibt eine kleine Einheit amerikanischer Soldaten als Besatzungstruppe im Rathaus zurück. ubü
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