Land und Leute

Hirschlanden: Hiba Kones überwindet alle Grenzen

Die Geschichte von Kurdin Hiba Kones in Hirschlanden zeigt, wie Integration von Einwanderern mit Engagement und Unterstützung gelingen kann. Vor allem zwei Hirschlander haben tatkräftig geholfen.

Von 
Nicola Beier
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Hiba Kones, Tochter Fatmah und Abdul Koro fühlen sich in Hirschlanden integriert, auch dank der Hilfe von Gudrun Arnold (links) und Ortsvorsteher Martin Herrmann (rechts). © Kones

Hirschlanden. Dass es für Einwanderer in Deutschland durchaus schwer sein kann, Fuß zu fassen, liegt an vielen Dingen: Natürlich ist die Sprache ein Hindernis, aber auch der komplizierte Zugang zum Arbeitsmarkt stellt Eingewanderte oft vor große Herausforderungen. Wie es dennoch gelingen kann, zeigt die eindrucksvolle Geschichte von Hiba Kones aus Hirschlanden. Die heute 27-jährige Kurdin kam 2015 nach Deutschland, scloss im Juli 2025 ihre Prüfung zur Sozialpädagogischen Assistentin an der Helene-Weber-Schule in Buchen mit einem Notenschnitt von 1,3 ab und ist in ihrem Heimatort Hirschlanden voll integriert. Das alles gelang auch, weil das Mehrgenerationendorf so einen besonderen Zusammenhalt zeigt. Denn Unterstützung kam unter anderem von Nachbarin und „Herzensoma“ Gudrun Arnold sowie Ortsvorsteher Martin Herrmann.

Der Weg nach Deutschland

Aber von vorne: Hiba Kones, ihr Ehemann Abdelkader „Abdul“ Koro und ihre Tochter Fatmah kamen erst über Umwege nach Hirschlanden. Über WhatsApp lernten sich Koro und Kones 2015 in der Türkei kennen, allerdings ohne sich dort je gesehen zu haben. Das ist erst im Dezember 2015 in Trier passiert, nachdem Kones mit ihrem Schwager und dessen Familie nach Deutschland gekommen war. Weil Abdul Koro zu diesem Zeitpunkt bereits in Heilbronn lebte (er war 2012 nach Deutschland gekommen), ist auch Kones wenig später dorthin gezogen und hat dort ihren Deutschkurs auf dem Level B1 absolviert. 2016 wurde Tochter Fatmah geboren.

Hiba Kones wollte mit Kindern arbeiten

Über Osterburken kam die Familie 2021 nach Hirschlanden. Während Koro bereits einen Arbeitsplatz gefunden hatte, machte Kones zunächst einen weiteren Deutschkurs auf dem Level B2 in Hainstadt. „Mir war es aber wichtig, schnell eine Ausbildung anzufangen“, erklärt die 27-jährige Mutter. Doch parallel zu Haushalt und Kinderbetreuung und noch dazu ohne weiterführenden Schulabschluss – Kones war nach der achten Klasse in Syrien von der Schule gegangen – war das schwer machbar. Trotzdem wuchs bei der jungen Frau der Wunsch, mit Kindern zu arbeiten. „Es macht mir Spaß, Kindern etwas beizubringen und ihre Fortschritte zu sehen“, erklärt Kones. Deshalb wollte sie unbedingt die Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistentin beginnen.

So kam „Herzensoma“ Gudrun Arnold ins Leben der Familie

Da kam Nachbarin und „Herzensoma“ Gudrun Arnold ins Spiel. „Wir hatten während Corona nicht so viel Kontakt, aber als klar war, dass Hiba die Ausbildung beginnt, war natürlich die Frage, was sie in dieser Zeit mit Tochter Fatmah machen“, blickt Arnold auf die Situation 2023 zurück. Denn Hibas Unterricht an der Helene-Weber-Schule in Buchen dauerte täglich bis 15 Uhr. Tochter Fatmah kam aber schon gegen 13 Uhr von der Grundschule nach Hause. Wer übernimmt also in dieser Zeit die Betreuung? „Das ist was für mich“, sagte Arnold dann. Und so kam die „Herzensoma“ ins Leben der kurdischen Familie.

Unterstützung bei Schulaufgaben

Arnold lernte zunächst mit Fatmah und erledigte mittags mit ihr die Hausaufgaben. Abends brauchte dann Kones ihre Hilfe, denn obwohl die 27-Jährige mittlerweile sehr gut Deutsch sprach, waren die vielen Pädagogik-Fachbegriffe in der Ausbildung doch eine Herausforderung. „Zuerst hat Gudrun mir die Worte erklärt. Anschließend sollte ich sie in meinen eigenen Worten noch einmal erklären“, erinnert sich die 27-Jährige an die abendlichen Lerneinheiten. „Die ersten sechs Monate habe ich mir wirklich schwergetan“, blickt sie zurück. Die vielen Transferaufgaben in Klassenarbeiten kannte sie aus Syrien so gar nicht, weshalb es noch einmal komplizierter war. Als Kones dann aber die ersten guten Noten schrieb, war sie gleich doppelt motiviert. Sie ist Lehrern und Nachbarin Gudrun Arnold noch immer dankbar für ihre Hilfe: „Wenn man als Mensch akzeptiert wird, dann bekommt man alles hin“, ist Kones überzeugt.

Im Juli schloss sie ihre schulische Ausbildung mit einem Notenschnitt von 1,3 als Zweitbeste des Jahrgangs ab. Nun folgt das Anerkennungsjahr im Kindergarten in Rosenberg. Wenn die 27-Jährige dieses erfolgreich beendet, hat sie die Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistentin abgeschlossen und könnte anschließend sogar mit der Ausbildung zur Erzieherin weitermachen.

Familie in Hirschlanden integriert

„Ich bewundere das Durchhaltevermögen mit Kind, Haushalt und Schule“, zeigt sich Ortsvorsteher Martin Herrmann beeindruckt von der Leistung Hiba Kones‘. Er freue sich insgesamt sehr, dass die Familie in Hirschlanden angekommen und integriert ist. Die Eltern helfen regelmäßig bei diversen Veranstaltungen und auch Fatmah hat Freunde im Dorf gefunden.

Vor einem Problem stand die Familie dennoch: Für Kones und Koro war es schwierig, die Einbürgerung genehmigt zu bekommen. „Wir hatten im Mai 2022 alles frist- und formgerecht eingereicht“, erklärt Abdul Koro. Doch er bekam keine Rückmeldung von der Ausländerbehörde des Landratsamts - und das über Monate hinweg. Im November 2023 schaltete sich dann Ortsvorsteher Herrmann ein: „Es ist ein Traum, wenn man solche Mitbürger in Hirschlanden hat. Sie helfen bei jedem Fest und sind super integriert. Deshalb habe ich Kontakt zur Ausländerbehörde des Landratsamts aufgenommen“, erklärt er. Dort teilte man ihm mit, dass wegen „Überlastung“ die Anträge noch nicht bearbeitet worden seien. „Mit der Antwort war ich nicht zufrieden“, sagt Herrmann, weshalb er letztlich Landrat Dr. Achim Brötel kontaktierte – und dann ging es Schlag auf Schlag. Kurze Zeit später bekamen Kones und Koro Bescheid, dass die Anträge genehmigt wurden.

Noch heute ist die Familie unglaublich dankbar für die Hilfe aus dem Dorf: „Es ist ein Geben und Nehmen. Ich kann keine Hilfe erwarten, wenn ich selbst nicht engagiert bin“, ist Hiba Kones überzeugt. Deshalb denken sie und ihr Mann darüber nach, Mitglied im neuen Dorfverein von Hirschlanden zu werden – schließlich engagieren sie sich ohnehin schon bei vielen Veranstaltungen im Ort.

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