Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg

Adelsheim-Boxberg: Das sind die Folgen des kirchlichen Sparkurses

Der evangelische Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg steht vor großen Veränderungen. Rund 30 Prozent der Kosten sollen bis 2036 eingespart werden. Dekan Rüdiger Krauth erklärt, wie das funktionieren soll.

Von 
Nicola Beier
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Die evangelische Kirche in Rosenberg wird multifunktional genutzt. Das kann ein Konzept für die Zukunft sein, um Kirchen zu erhalten. © Nicola Beier

Hirschlanden. Der evangelischen Kirche in der Region stehen große Veränderungen bevor. Bis 2036 sollen rund 30 Prozent der aktuellen Kosten eingespart werden, so entschied es die Badische Landeskirche (wir berichteten). Das bedeutet, dass auch der Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg vor einem langwierigen Veränderungsprozess steht. Doch wie kam es überhaupt zu dieser Entscheidung und welche Konsequenzen hat das für den Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg? Darüber sprachen die Fränkischen Nachrichten mit Dekan Rüdiger Krauth, der für den Kirchenbezirk zuständig ist.

Wieso muss die Kirche so viel Geld bis 2036 einsparen?

„Die Gesellschaft verändert sich, die Welt verändert sich, die Kirche verändert sich. Das heißt für uns, wir werden kleiner“, erklärt Dekan Rüdiger Krauth und spricht damit die schwindenden Kirchenmitglieder und hohen Austrittszahlen an. Für Letztere habe es sicher verschiedene Gründe gegeben, Fakt sei allerdings, dass die Kirche bis 2060 „noch halb so groß ist wie jetzt“. Auch der demografische Wandel spielt eine Rolle: „Wir haben eine Gesellschaft, die relativ viele alte, aber wenig junge Menschen zählt. Es gibt mehr Sterbefälle als Geburten. Mit den Austrittszahlen kommt da einiges zusammen“, schlussfolgert Krauth. Die Vorgabe von 30 Prozent entspricht der Einnahmen, die zukünftig an Kirchensteuer fehlen werden. Die Sparmaßnahmen sollen also auf die Zukunft vorbereiten. „Wir können eine so große Organisation nicht von heute auf morgen klein machen. Das ist ein Prozess, auf den sich die Kirche jetzt vorbereitet“, sagt der Geistliche.

Hat die Kirche es versäumt, neue Mitglieder gerade in der jungen Generation zu gewinnen?

„Es wäre naiv zu sagen, Kirche hätte nichts falsch gemacht“, sagt er. Allerdings gebe es mehrere Programme, die versuchen, junge Menschen an die Kirche heranzuführen. „Es gibt ein Schüler-Mentoren-Programm. Da geht ein kirchlicher Mitarbeiter – bei uns ist das der Jugendreferent – in das Burghardt-Gymnasium in Buchen und bringt den Schülern gemeinsam mit einer Religionslehrerin bei, soziale Verantwortung für eine Gruppe zu übernehmen“, erklärt der Dekan. Auch Jugendgottesdienste und die Konfirmandenarbeit sähen anders aus als noch vor einer Generation. „Aber gesellschaftliche Trends kann man nicht so einfach brechen“, hebt Krauth hervor. Und die kirchenkritische Einstellung in Deutschland sei ein solcher Trend.

Wer hat die Entscheidung getroffen, ein Drittel der Kosten einzusparen?

Die Landessynode der evangelischen Landeskirche in Baden hat diese Entscheidung getroffen. Sie ist autark, obwohl Kooperationen mit anderen Kirchen bestehen. Die Landessynodale sind gewählte und berufene Mitglieder der Landeskirche. Sie werden von den Bezirkssynoden gewählt. Für den Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg ist Pfarrer Karl Kreß Mitglied und Vizepräsident der Landessynode. Das Gremium hat Vorgaben gemacht, wie das Geld einzusparen ist. „Vieles liegt aber auch in der Hand der Kirchenbezirke“, stellt Krauth fest.

Wie sollen die Kosten eingespart werden?

Zum einen sollen Gelder bei der Finanzierung von Kirchengebäuden eingespart werden (bis 2032), zum anderen wird weniger Geld für Personal bereitgestellt (bis 2036).

Was bedeutet diese Entscheidung in puncto Gebäude für den Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg?

Die Bezirkssynode muss entscheiden, welche der insgesamt 60 Gebäude, davon 36 Kirchen (32 denkmalgeschützt), aufgegeben werden und welche erhalten bleiben sollen. Dafür gibt es eine sogenannte Gebäudeampel. 15 davon dürfen auf „grün“ gesetzt werden. Das bedeutet, diese Gebäude werden auch langfristig von der Landeskirche mitfinanziert. 18 Gebäude müssen auf „rot“ gesetzt werden, womit es keine Mitfinanzierung mehr gibt. Die Gemeinden müssen prüfen, ob sie diese Gebäude aus eigener Kraft finanzieren können oder ob sie diese aufgeben. Die restlichen 27 Gebäude werden auf „gelb“ gesetzt, für diese Gebäude gibt es noch keine langfristig gültige Lösung . „Wir wollen diese Entscheidung im Konsens mit Gemeinden, Synode und Bezirkskirchenrat fällen“, erklärt der Dekan. Letztlich entscheidet aber der Bezirkskirchenrat. Vor allem Kirchen sollen erhalten bleiben, weil diese Sakralräume und ortsbildprägende spirituelle Orte sind und viele Kirchenmitglieder viele Erinnerungen in Bezug auf Hochzeiten, Beerdigungen oder Taufen mit den Gebäuden verbinden. Eine Möglichkeit wäre, die Kirchengebäude multifunktional zu nutzen, wie beispielsweise in Rosenberg oder Unterschüpf (Kulturkirche). „Wir wollen den Gemeinden zeigen, dass es mehr Möglichkeiten gibt als das klassische Gemeindehaus, ohne ihnen die Räume zu nehmen“, betont Krauth. Das stößt allerdings nicht bei jedem Kirchenmitglied auf Wohlwollen.

Welche Folgen ergeben sich für das Kirchenpersonal und was haben die Kooperationsräume damit zu tun?

Im Bezirk gibt es 17 Pfarrstellen. Von diesen müssen bis 2036 vier gestrichen werden. „Man muss in größeren Einheiten denken. Wenn man Personal sparen will, müssen weniger Leute ein größeres Gebiet versorgen“, erklärt der Dekan. Deshalb wurden drei Kooperationsräume eingerichtet (siehe Bild), die stärker zusammenarbeiten sollen. Vier Pfarrer werden pro Gebiet zuständig sein. Außerdem sollen die Menschen in den Kooperationsräume selbst entscheiden, welche Gebäude erhalten bleiben und welche weichen müssen. „So muss nicht der Bezirk vorgeben, wie es gemacht wird“, sagt Krauth.

Der evangelische Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg wurde in drei Kooperationsräume eingeteilt. © Kirchenbezirk Adelsheim/Boxberg

Die Kooperationsräume sollen sich ebenfalls Gedanken machen, wo die Pfarrstellen sitzen werden und in welcher Form sie zusammenarbeiten. Außerdem muss entschieden werden, worauf künftig der Fokus gelegt werde und welche Dinge wegfallen – „denn auch das wird kommen“, führt Krauth aus. Die Gemeindemitglieder in den Kooperationsräumen sollen verstehen, dass künftig ein Verbund aus Pfarrern als Ansprechpartner da ist und eben nicht nur einer. Außerdem sollen Prädikanten und Lektoren die Geistlichen bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

Wie geht es jetzt weiter?

Dieses Jahr sollen die Kooperationsräume nutzen, um sich für 75 Prozent der Gebäude zu überlegen, wie es mit ihnen weitergeht. Außerdem sollen sie vorschlagen, welche Pfarrstellen auf lange Sicht erhalten bleiben sollen. Anschließend müsse dem Oberkirchenrat gemeldet werden, wie die Pläne aussehen, blickt der Dekan voraus. „Dieser kontrolliert dann, ob das mit dem übereinstimmt, was die Landessynode wünscht.“ Wenn klar ist, welche Gebäude und Pfarrstellen Zukunft haben, werden wieder Gelder für den Bau freigegeben. „Das heißt, dass sich hoffentlich bald wieder eine Dynamik entwickelt und etwas wachsen darf“, sagt Krauth hoffnungsvoll. Auch Stellen können dann wieder besetzt werden.

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