Ganztagsgymnasium Osterburken

So positionieren sich GTO-Schüler in der aktuellen politischen Lage

Jede Woche geht es im Gemeinschaftskundeunterricht der Jahrgangsstufe 1 am GTO um Politik. Das ist besonders mit Blick auf die bevorstehenden Bundestagswahl interessant. Die FN waren dabei.

Von 
Nicola Beier
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Im politischen Wochenbericht nehmen die Gemeinschaftskundeschüler aktuelle Themen unter die Lupe. © Nicola Beier

Osterburken. Die CDU-Bundestagsfraktion stand in der vergangenen Woche besonders im Blickpunkt. Zunächst erhielt der Antrag der Christdemokraten für einen härteren Migrationskurs mithilfe der AfD eine Mehrheit im Bundestag. Kurze Zeit später wurde das eingebrachte „Zustrombegrenzungsgesetz“ abgelehnt. Am Freitag diskutierten nun auch 19 Schüler der Jahrgangsstufe 1 im Leistungskurs Gemeinschaftskunde über dieses Thema.

„Wir machen einmal pro Woche einen politischen Wochenbericht“, erklärte Gemeinschaftskundelehrer Philipp Galm gegenüber den Fränkischen Nachrichten. Die Aufarbeitung des aktuellen politischen Geschehens ist in dem fünfstündigen Unterrichtsfach fest verankert. Eine Schülerin oder ein Schüler fasst die politischen Ereignisse der Vorwoche zusammen und geht auf ein Thema genauer ein. „Am Ende einer kurzen Präsentation steht immer eine Frage, die die Schüler diskutieren sollen“, so der Lehrer.

Internationale Geschehnisse im Blick

In dieser Woche war Emma mit ihrer Präsentation an der Reihe. Zunächst fasste sie die allgemeinen Neuigkeiten zusammen: „In der vergangenen Woche ist ,DeepSeek‘ auf den Markt gekommen“, informierte sie ihre Mitschüler. Außerdem habe sich der Konflikt zwischen der M23 Miliz, die von Ruanda unterstützt werde, und der Regierung im Kongo, die durch UN-Blauhelmsoldaten unterstützt werde, verschärft. Die von US-Präsident Donald Trump erhobenen Strafzölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China spricht die Schülerin ebenso an, wie die gestrichenen medizinischen US-Hilfen für Entwicklungsländer.

Auf besagte Sitzungswoche im deutschen Bundestag ging Emma genauer ein. „Die Migrationsdebatte war da sehr bestimmend“, hob sie hervor. Vor allem der Entschließungsantrag der Union mit Maßnahmen zur Beendigung der illegalen Migration, Sicherung der deutschen Grenzen und konsequenten Abschiebung Ausreisepflichtiger sowie der Entwurf des „Zustrombegrenzungsgesetzes“ rückten in der Präsentation in den Fokus.

Entschließungsantrag der CDU besprochen

Der Entschließungsantrag hatte bundesweit für Aufregung gesorgt, weil es der erste Antrag war, der mit Stimmen der AfD eine Mehrheit im Deutschen Bundestag erreichte. Nach einer kurzen inhaltlichen Zusammenfassung verglich Emma die vorgeschlagenen Maßnahmen der CDU-Fraktion zur Migrationspolitik mit dem Wahlprogramm der AfD für die Bundestagswahl. „Wie wir sehen, stimmt dieser Abschnitt zu den dauerhaften Grenzkontrollen und dem Einreiseverbot überein.“ Sie ging auch darauf ein, weshalb der Antrag gegen geltendes EU-Recht verstoße und wie man den Antrag dennoch zeitweise umsetzen könnte.

Der Unionskurs der „Migrationswende“, bei dem die Fraktion Stimmen der AfD in Kauf nehme, um Mehrheiten zu erlangen, widerspreche dem, was Kanzlerkandidat Friedrich Merz noch im November 2024 gesagt habe, erklärte Emma: „Er schlug den anderen Parteien des Bundestags damals vor, dass keine Mehrheiten mit der AfD gesucht werden sollten, auch wenn diese zufällig zustande kämen.“ Altkanzlerin Angela Merkle habe ihm daraufhin Wortbruch vorgeworfen, so Emma.

Das „Zustrombegrenzungsgesetz“, welches im Bundestag mehrheitlich abgelehnt wurde, fasste die Schülerin ebenfalls kurz zusammen. „Es ist spannend, dass das BSW diesmal mit ,Ja‘ gestimmt hat und es innerhalb der CDU-Fraktion Enthaltungen gab“, hob Emma hervor, ehe sie auch dazu Reaktionen einzelner Politiker vorstellte.

Das sagen die Schüler zum Kurs der CDU

Anhand des Problemmodells spitzte Emma die Geschehnisse auf eine zentrale Frage zu: „Soll die Union weiter ihren Kurs der ,Migrationswende‘ verfolgen und dabei die Brandmauer ignorieren?“, wollte sie von ihren Mitschülern wissen. Daraufhin zeichneten sich schnell unterschiedliche Positionen unter den Jugendlichen ab. Evelyn und Nora sind einer Meinung und werfen Friedrich Merz Wortbruch vor. Nora hinterfragte zudem die Glaubwürdigkeit eines potenziellen Kanzlers Merz, wenn er sich doch schon jetzt nicht an sein Wort halte. Timo war anderer Meinung: „Die Union sollte ihren Kurs weiter verfolgen. Ich halte den Gesetzesentwurf in der Sache für richtig. [...] Wenn die anderen Parteien nicht dafür stimmen, muss man sich die Mehrheiten woanders suchen.“ Fabian hinterfragte die Vorgehensweise der Union kritisch: „Ich finde das aus Sicht der CDU nicht besonders clever, denn all das beeinflusst den Wahlkampf negativ. Man kann jetzt schon sehen, dass die Umfragewerte der CDU zurückgehen.“ Er könne aber auch die Argumente der CDU verstehen: „Es ist nicht direkt falsch, nur weil die Falschen dafür stimmen. [...] Jede Partei sollte den Kurs verfolgen, für den sie steht.“ Sollte das allein jedoch nicht möglich sein, müssten Kompromisse gefunden werden. Nora kritisierte die CDU außerdem dafür, dass diese sich als „demokratisch bürgerliche Mitte“ bezeichne, sich aber mit ihren Vorhaben der AfD annäherte.

Lehrer Philipp Galm hatte im Anschluss selbst noch eine Frage an die Klasse. © Nicola Beier

Nach der Diskussion hatte auch Lehrer Philipp Galm noch eine Aussage für die Klasse dabei, die diese vervollständigen sollte: „Dass im Deutschen Bundestag ein Antrag der CDU mit Stimmen der AfD verabschiedet wurde, war...“. Als Antworten standen „ein Tabubruch/historischer Fehler“ beziehungsweise „ein ganz normaler politischer Vorgang“ zur Wahl. Die Schüler sollten je nach Grad ihrer Zustimmung Position beziehen. Während neun Schüler sich klar bei „Tabubruch“ einsortierten, waren vier gegenteiliger Ansicht. Sechs sortieren sich in der Mitte ein.

So ist die Stimmung bei den Schülern

  • Im Gespräch mit den FN geben die Schüler an, vor allem Social Medial als Informationsquelle zu nutzen. Aber auch über Podcasts, Fernsehen und der Unterricht informieren sie sich. Dabei achten sie darauf, fragwürdige Quellen durch Recherche zu verifizieren. Manche Schüler geben zudem an, sich mit ihren Eltern oder Freunden über aktuelle Themen auszutauschen.
  • Die Themen Migration und Wirtschaft haben einen besonderen Stellenwert für die Schüler. Aber auch die aktuellen Debatten im Bundestag verfolgen die Jugendlichen. Der Klimawandel wurde hingegen nicht als vorrangiges Thema genannt.
  • Wenn die Jugendlichen in die Zukunft blicken , überwiegt die Sorge . Die Jugendlichen beschäftigt vor allem die Spaltung der Gesellschaft, die steigende Zustimmung für die AfD, der Rechtsruck, der fehlende Zusammenhalt und die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Sie wünschen sich mehr Zusammenhalt, mehr Kompromissbereitschaft der Parteien im Bundestag und stärkere politische Führungspersonen. nb

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