Kirche

Osterburken: Philipp Ostertag will auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen

Der 43-Jährige ist seit Anfang September Kooperator in der neuen Großpfarrei Bauland-Odenwald. Warum Humor ein Rezept gegen Sorgen ist.

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Rainer Schulz
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Philipp Ostertag ist über Umwege zum Priester geworden. © Rainer Schulz

Osterburken. Philipp Ostertag öffnet lächelnd die Tür zum Pfarrhaus in Osterburken. Wer den Kooperator der neuen Kirchengemeinde Bauland-Odenwald begegnet, merkt schnell: Humor und Freude gehören bei ihm einfach dazu. Sein Lachen steckt an. Anfang September hatte er sein Amt angetreten.

Der Wechsel von der Seelsorgeeinheit Laufenburg-Albbruck, wo er fünf Jahre tätig war, sei zunächst eine Umstellung für ihn gewesen, sagt Ostertag im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. Dort habe er in einem Pfarrhaus mit einer Grünfläche gewohnt, und das vermisse er etwas. „Aber wann habe ich schon Zeit, im Garten zu sitzen“, erzählt der 43-Jährige lachend. Inzwischen habe er sich an seinen neuen Dienstsitz gewöhnt. Als Kooperator arbeite er wie jeder andere Priester. Er zelebriert unter anderem Gottesdienste, spricht auf Beerdigungen, feiert Trauungen und begleitet Kranke sowie Sterbende. Mit der Verwaltung sei er nicht beschäftigt, denn das gehört nicht zu den Aufgaben eines Kooperators. Er unterstützt einen anderen Priester in der seelsorglichen Arbeit.

Die Zusammenarbeit mit Menschen ist für ihn das Schönste

Ziele für seinen neuen Dienstsitz kann er noch nicht formulieren. Diese würde sich etwa nach einem halben Jahr ergeben, erklärt er. Er müsse sich zunächst einen Einblick verschaffen. „Ich will die Bürger in der Region kennenlernen und erfahren, was sie brauchen“, erläutert der Kooperator. Ostertag ist es besonders wichtig, die Menschen ernst zu nehmen. Er sehe jeden für sich und versuche so, auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Es sei wichtig, dass die Gläubigen wüssten, dass die Gemeinde für sie da sei. Nur so würden mehr Leute in die Kirche kommen wollen. Ostertag ist der Ansicht, dass es wesentlich ist, den Willen zum Weiterlernen zu bewahren und gedanklich nicht stehenzubleiben. „Erfahrungswerte zu sammeln und auszutauschen ist wichtig“, erklärt er.

Der enge Kontakt mit Menschen und sein Glaube an Gott hätten ihn dazu bewegt, Priester zu werden. Er könne sich nichts Schöneres und Herausfordernderes vorstellen. „Mit Menschen zu arbeiten, ist das Schwierigste auf der Welt“, sagt er.

Einer seiner Lieblingsbibelverse ist aus Nehemia, Kapitel acht: „Macht euch keine Sorgen.“ Es sei wichtig, sich nicht von ihnen beherrschen zu lassen, meint der Priester. Er versuche selbst nach diesem Vers zu leben. Ein gutes Rezept gegen Sorgen sei Humor. Auf die Frage, was ihn zum Lachen bringen würde, erzählt er mit leuchtenden Augen von Wilhelm Busch. Unter anderem hätten es ihm die Geschichten von Max und Moritz angetan. Die Begeisterung hätte er seit seiner Kindheit. Die Filme über Don Camillo und Peppone bringen ihn auch zum Schmunzeln.

Ausbildung zum Orthopädie-Schuhmacher

Dass Ostertag einmal Priester werden sollte, stand anfangs nicht fest. Erst über Umwege hat er diese Laufbahn eingeschlagen. Nachdem er die Mittlere Reife abschloss, begann er 1999 zunächst eine Ausbildung zum Koch. Zwar brach er diese Lehre ab, behielt jedoch seine Begeisterung für das Kochen. Anschließend entschied er sich für eine Ausbildung zum Orthopädie-Schuhmacher. „Der Beruf hat mir Freude bereitet, aber ich konnte mir damals nicht vorstellen, ihn bis zur Rente auszuüben“, erklärt der 43-Jährige. Deshalb holte er von 2003 bis 2007 am Spätberufenen-Seminar St. Pirmin in Sasbach das Abitur nach. In Sasbach hatte er eine Phase, in der er mit seinem Glauben haderte. Rund ein halbes Jahr habe er unter anderem ohne Gebete gelebt, sagt er. Ihm sei aber klar geworden, dass er ohne Gott nicht leben könne. „Rückblickend hat diese Zeit meinen Glauben gefestigt“, erzählt Ostertag.

Während des Theologiestudiums in Würzburg hatte er zudem Zweifel, Priester zu werden. Neue Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche kamen 2010 ans Licht. „Ich war im tiefsten erschüttert“, sagt Ostertag. Er habe nicht nachvollziehen können, dass die verantwortlichen Geistlichen über Jahre gedeckt worden seien, und man die Geschädigten nicht ernst genommen habe. „Ich verstand die Welt und die Kirche nicht mehr“, erläutert er. Sein bester Freund habe ihn davon überzeugt, nicht hinzuschmeißen, da sonst die Kirche und die Menschen einen guten Priester verloren hätten. Das hätte ihn ermutigt, weiterzumachen. Zum Priester wurde er 2018 geweiht.

Er braucht neben dem Geistlichen das Handwerkliche

Neben dem Kochen liest Ostertag in seiner Freizeit gerne. Zurzeit lässt ihn die Fantasysaga „Eis und Feuer“ von George R. R. Martin nicht los. Er arbeitet auch gerne im Garten. „Im vergangenen Jahr habe ich zu Hause bei meiner Mutter eine Trockensteinmauer gesetzt“, sagt er. Es sei schön gewesen, am Ende das fertige Ergebnis zu sehen. Das Handwerkliche sei hin und wieder sein Ausgleich.

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