AWO-Event

„Bunt, bunter, Vielfalt!“

Gemeinsam mit Fachleuten wurden die verschiedensten Aspekte der gesellschaftlichen Vielfalt rund 100 Gästen nähergebracht

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Nachdem die Anwesenden beim AWO-Vielfalts-Event neue Informationen durch die Fachvorträge und Beiträge sammeln konnten, fand eine Podiumsdiskussion statt. Moderiert wurde diese von Martin Herrmann, Diplom-Politologe aus Hirschlanden. © AWO

Osterburken. Mit provokanten Aussagen wurde dieser Tage das AWO-Event „Bunt, Bunter, Vielfalt!“ eröffnet. „Aussagen, die mit Sicherheit viele von Ihnen bereits gehört oder unbedacht selbst ausgesprochen haben. Sätze, die oft der Beginn von Hetze sind“, stellte AWO Vorsitzende Gabriele Teichmann in ihrer Eröffnungsrede fest.

An ihrer Seite AWO-Geschäftsführerin Petra Ilz-höfer. Beide berichteten zunächst gemeinsam über den Weg der Projekteidee „Queer in der Pflege“ bis hin zu diesem offiziellen AWO-Event.

Die Idee, das Projekt des AWO- Bundesverbands auch im Neckar-Odenwald-Kreis aufzugreifen, kam in einer Runde der AWO Denkfabrik Neckar-Odenwald, einem Arbeitskreis aus Mitarbeitenden zur Entwicklung von Ideen und Projekten zur Weiterentwicklung des Unternehmens.

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Martin Bernhard
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Zwar seien Akzeptanz und Toleranz Grundstein einer jeden guten Erziehung, war man sich einig, und auch die Grundwerte der Arbeiterwohlfahrt würden das tägliche Handeln aller hauptamtlichen Mitarbeitenden, aller engagierten im Ehrenamt und das aller Mitglieder vorgeben. Dennoch war allen Beteiligten klar: „Wir können noch viel lernen und viel verbessern – von der Gestaltung von Aufnahmeanträgen und Heimverträgen, über die Biographiearbeit bis hin zu Kommunikationstrainings und dem Üben von Techniken zur Deeskalation.“ In einem gemeinsamen Lernprozess wird man all diese Themen bei der AWO Neckar-Odenwald nun angehen.

Landrat Dr. Achim Brötel ließ es sich nicht nehmen, bei diesem besonderen Event im Landkreis dabei zu sein. Es sei wichtig, sich mit diesem Thema immer wieder neu zu beschäftigen. Menschen mit Behinderungen gehören genau so zur Gesellschaft, wie Menschen anderer Herkunftsländer, oder Menschen mit Lebensmodellen, die sich von dem Unterscheiden, was der bisher gewohnten Sichtweise entsprochen habe, machte er deutlich. Für Menschsein gebe es keine Norm.

Besonders freute sich das Team der AWO Neckar-Odenwald darüber, dass auch Claudia Mandrysch, Vorständin AWO Bundesverband, extra aus Berlin angereist war, um gemeinsam den Grundstein für den Vielfalts-Prozess zu legen.

Die AWO Neckar-Odenwald sei seit 1996 nicht mehr aus der Stadt wegzudenken, machte Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm deutlich.

Es folgte ein Vortrag zum Thema „Die Kraft der Vorstellung. Wie kann unsere Gesellschaft für alle Menschen inklusiver werden?“ von Professor Dr. Karim Fereidooni, Junior-professor für Didaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung.

„Alle Menschen sind gleich in ihrer Verschiedenheit“, versuchte Nora Eckert, Vorsitzende Bundesverband Trans* e.V., deutlich zu machen. Zwar sei der Gleichheitsgrundsatz rechtlich klar, inwieweit dies der gesellschaftlichen Wirklichkeit entspreche, ließ sie aber offen. In ihrem Vortrag spannte Eckert dann den Bogen zum Projekt Öffnung der Altenpflege für LSBTIQ*, dessen Sensibilisierungsprozess in diesem Jahr auch bei der AWO Neckar-Odenwald startet. Eine der häufigeren Antworten aus Pflegeeinrichtungen sei „Nein, so etwas gibt es bei uns nicht.“ Mit einem Lächeln versicherte sie: Queere Menschen gebe es bei einem geschätzten Bevölkerungsanteil von etwa zehn Prozent überall – auch in Pflegeeinrichtungen. Die Sichtbarkeit sei eine andere Frage in Anbetracht der Tatsache, dass Menschen jenseits der 60 Jahre aus einer Zeit kommen, in der queere Lebensweisen keinesfalls akzeptiert und oftmals sogar kriminalisiert waren.

Nachdem die Anwesenden neue Informationen durch die Fachvorträge und Beiträge sammeln konnten, fand eine Podiumsdiskussion statt. Moderiert wurde diese von Martin Herrmann, Diplom-Politologe aus Hirschlanden. Gemeinsam mit Vorständin Claudia Mandrysch vom AWO-Bundesverband, der Vorsitzenden Nora Eckert vom Bundesverband Trans*, Hansjörg Seeh, Ehrenvorsitzender AWO-Bezirksverband Baden, Markus Dosch von „Herz statt Hetze Neckar-Odenwald-Kreis“ sowie Hana Dahnon und Jonas Schmidt, die aus eigener Erfahrung berichteten, sprach man über die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung aller Menschen. Im Verlauf der Podiumsdiskussion wurde klar: Das Grundgesetz ist in den vergangenen Jahrzehnten nicht der Spiegel des gesellschaftlichen Status quo gewesen. Vielmehr war und ist es ein Versprechen für eine bessere Zukunft. Dennoch waren sich alle Anwesenden auch einig darin, dass alles seine Zeit braucht. Es tut sich in allen Bereichen der Vielfalt etwas: wenn auch in kleineren Schritten.

Mit der Aufnahme des Projekts „Queer im Alter“ in ihren Einrichtungen schaffte die AWO Neckar-Odenwald ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Sensibilisierung, machte Projektleitung Stefanie Lang klar. Und diese Sensibilisierung werde auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Es gehe darum, wie der Alltag in den Einrichtungen für die Menschen aussieht, die die AWO Neckar-Odenwald versorgt.

Indem die knapp 100 Gäste zum Nachdenken bewegt wurden, habe man nicht nur den Grundstein im Neckar-Odenwald gelegt, sondern vielmehr auch das Wunschziel der AWO Neckar-Odenwald für die Veranstaltung, machte Stefanie Lang zum Schluss deutlich. Es gilt, sich eine bewusstere Kommunikation anzugewöhnen, Techniken zur Deeskalation zu erlernen, aber auch die alltägliche Bürokratie anzupassen.

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