Kirchberg. Experten aus aller Welt vernetzten sich beim fünften World Organic Forum (WOF) auf Schloss Kirchberg, um Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umzusetzen. Im Zentrum haben die von der UN formulierten 17 Nachhaltigkeitsziele gestanden.
Bis 2030 sollen diese SDGs (Sustainable Development Goals, Ziele für nachhaltige Entwicklung) umgesetzt werden, sie gelten für alle Staaten weltweit. Rund 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus zwölf Ländern haben in Kirchberg nach Wegen gesucht, die SDG-Regionen weltweit zu vernetzen. Mehrere hundert Interessierte haben das WOF online verfolgt.
„Es war eine begeisternde Woche“, sagt Rudolf Bühler, Vorsitzender der Stiftung Haus der Bauern. Als SDG im „klassischen Sinn“ identifiziert Rudolf Bühler die Bio-Musterregion Hohenlohe. Sie sei eines der Vorbilder für die weltweit bislang 27 SDG-Regionen: „Vorbild für uns alle ist aber die Region Sikkim in Indien, dort wird in der Landwirtschaft zu 100 Prozent ökologisch produziert.“
In einem Auftaktimpuls hatte Bühler die „Notwendigkeit der Etablierung ökologischer Landwirtschaft durch die bäuerlichen Gemeinschaften weltweit“ unterstrichen. Die ökologische Landwirtschaft sei um den Faktor 4 ressourceneffizienter im Vergleich zur „chemisch-industriellen Landwirtschaft“, welche auf fossiler Energie basiere. „Wir müssen die Erde bewirtschaften, nicht verwirtschaften“, sagte Bühler.
Gábor Figezcky von der internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) konnte dem im Anschluss nur zustimmen. Die Verankerung der SDGs könne nur über den organischen Landbau erfolgen. Der mit seinen „Chiefs“ angereiste König Osagyefua Nana Amoatia Ofori Panin der Region Akyem Abuakwa in Ghana machte in einer berührenden Ansprache deutlich, dass „die Zukunft dieser einen Welt nur über verantwortungsvolle, ethisch von Demut getragenen Bewirtschaftung des Landes für die Ernährung der Menschen“ möglich sei. Eine gesunde Natur bedeute einen gesunden Menschen und einen gesunden Planeten: „Wir haben die Verantwortung dafür von Gott in die Hand gegeben bekommen“, sagte der König, der Gründer verschiedener Umwelt- und Naturschutzstiftungen ist und sich in seiner Heimat für den Ausbau des ökologischen Landbaus einsetzt.
Indigenes Erfahrungswissen müsse berücksichtigt und geschätzt werden, es berge viel Potenzial, die SDGs lokal mit Leben zu füllen. Das ist das Fazit einer Podiumsdiskussion mit Steffen Reese vom internationalen Verbands Naturland, Felix Hübner von Demeter International, Rudolf Bühler in seiner Funktion als Vorsitzender von Ecoland International und Janet Maro von „Sustainable Agriculture Tanzania“. Man dürfe nicht nur auf „Rahmenwerke aus der westlichen Welt“ setzen. „Wir müssen anfangen zu ‚machen‘, das ist der beste Weg, um die SDGs umzusetzen“, stellte Janet Maro fest. So drücke es auch Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker aus, sagt Rudolf Bühler auf Nachfrage. Der Ehrenpräsident des Club of Rome betone immer wieder, auch in Kirchberg, dass man eigentlich wisse, was zu tun ist, um den Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu gehen. Man müsse es nur umsetzen.
Die Rede von Vandana Shiva aus Indien, eine weltweit führende Aktivistin im Bereich biologische Vielfalt, Umweltschutz, Frauen- und Kleinbauernrechte, war ein Highlight. Menschen, die sich dem organischen Landbau verschreiben, seien in Gemeinschaften und der Demokratie verwurzelt, sagte die Trägerin des alternativen Nobelpreises. Sie ständen für Gesundheit und nicht für Gier. „Das World Organic Forum ist ein wahres Rockkonzert für den organischen Landbau“, sagte Shiva unter großem Applaus.
Christine von Weizsäcker, Präsidentin des Netzwerks Ecoropa, gab Einblicke in ihre führende Rolle bei den Verhandlungen zur Weltbiodiversitätspolitik und dem UN-Nachhaltigkeitsprozess. Janet Maro betonte die Wichtigkeit von praktischem Handel auf lokaler Ebene.
Am nächsten Tag standen Präsentationen zu Bio-Regionen im internationalen Kontext sowie die Vertiefung der Themen in Workshops im Fokus des WOF.
„Eine der Kernerkenntnisse: Die kulturellen Bezüge zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen in regionalen Kontexten sind weltweit viel umfassender, als es die UN-Politik abbildet“, sagt Frederik Schulze-Hamann, Referent für politische Ökologie, Bildung und strategische Entwicklung an der Akademie Schloss Kirchberg.
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