Niederstetten. Die Haushaltskonsolidierung erfordert schmerzliche Einschnitte in Freiwilligkeitsleistungen. Der Niederstettener Gemeinderat hat am Mittwoch eine solche Leistung – den Kindergartenbus – unter Bauchschmerzen zum Jahresende gestrichen. Die Einsparung für die Stadtkasse: rund 70.000 Euro.
Man müsse angesichts der Finanzlage Freiwilligkeitsleistungen auf den Prüfstand stellen, sagte Bürgermeisterin Heike Naber in der Sitzung des Gemeinderats im Kult. „Dieser Schritt fällt der Verwaltung nicht leicht, und auch der Gemeinderat tut sich schwer damit“, betonte die Bürgermeisterin. Man sehe sich aber nicht in der Lage, den Service aufrecht zu erhalten und schlage die Einstellung zum 31. Dezember 2025 vor.
Seit dem Jahr 2017 stellt die Stadt den Kindergartenbus als freiwillige Leistung zur Verfügung. Die Firma Ziegler transportiert Kinder aus den Teilorten und aus der Kernstadt zu bestimmten Kindergärten und mittags wieder nachhause. Von diesem Angebot profitieren laut Verwaltung die Kindergärten in Niederstetten, Vorbachzimmern und Rinderfeld. Seit 2016 dürfen Kinder unter sechs Jahren nur noch in Begleitung Erwachsener im Schulbus fahren. Diese gesetzliche Änderung hatte zur Einführung des Kindegartenbusses geführt, um, wie Heike Naber sagte, „die Eltern beim Transport ihrer Kinder zu entlasten“.
„Ungleichbehandlung“
Es sei jedoch festzuhalten, dass dieses Angebot nicht allen Familien gleichermaßen zugute komme. Insgesamt gibt es laut Verwaltung 182 Kindergartenkinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Davon können 53 Kinder den Kindergartenbus nutzen, 17 aus dem Kindergarten Vorbachzimmern, drei aus Niederstetten und 33 aus der Einrichtung in Rinderfeld. Familien, deren Kinder entweder freiwillig oder aufgrund von Kapazitätsengpässen nicht den ortsüblichen Kindergarten besuchen, würden von der Nutzung des Busses ausgeschlossen. Daraus ergebe sich eine Ungleichbehandlung.
Ein Ausbau des Busnetzes, um allen Kindern eine Nutzung zu ermöglichen, kommt laut Verwaltung aus Kostengründen nicht in Frage, man würde nach Berechnungen die Kosten dadurch verdoppeln. Man habe mehrere Monate über die Thematik diskutiert und sei zu dem Schluss gekommen, dass man die freiwillige Leistung streichen müsse, so Heike Naber. Die Einstellung des Fahrdienstes bedeute, dass die Eltern künftig selbst für den Transport ihrer Kinder verantwortlich seien, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Die überwiegende Mehrheit der betroffenen Familien habe ein eigenes Fahrzeug. Sechs Haushalte mit insgesamt zehn Kindern würden über kein eigenes Auto verfügen, heißt es weiter. Die Betroffenen, so der Rat der Verwaltung, könnten Fahrgemeinschaften bilden, den regulären öffentlichen Personennahverkehr oder das Ruftaxi nutzen.
Die Stadtverwaltung sei mit der Verkehrsgesellschaft VGMT in „engem Austausch“, um zum Beispiel in den frühen Morgenstunden eine zusätzliche Ruftaxilinie einzurichten. So sei etwa eine Linie um 8 Uhr wünschenswert, betonte Heike Naber. Dafür könne eventuell eine Verbindung gegen 11 Uhr gestrichen werden, die ohnehin nur schwach frequentiert sei. Gegen 14 Uhr wäre die Abholung vorgesehen – wenn es zu einer Einigung mit der VGMT kommt.
Volles Verständnis für die Betroffenen
Rüsselhausens Ortsvorsteherin Anja Blank hält Fahrgemeinschaften für problematisch. „Es muss nur jemand krank werden, dann funktioniert es schon nicht mehr“, so ihr Einwand. Sie wollte wissen, ob für Kinder aus Rüsselhausen auch ein Kindergarten im nur zirka vier Kilometer entfernten Markelsheim in Frage komme. Das sei grundsätzlich möglich, so die Verwaltungschefin. Sie verwies nochmals darauf, dass man, wenn man den Bus nicht streiche, das Geld an anderer Stelle einsparen oder Steuern und Gebühren erhöhen müsse.
Stadträtin Anastasia Meinikheim zeigte „volles Verständnis“ für die Sorgen der betroffenen Familien, sah aber keine Alternative: „Es haut mit der Finanzierung nicht hin, und es gibt auch keine guten individuellen Lösungen“. Vielleicht, so ihre Hoffnung, bessere sich die Lage in Zukunft wieder. Der Vorschlag von Stadtrat Matthias Strauß, die Kinder morgens mit dem normalen Schulbus unter Begleitung eines Elternteils mitfahren zu lassen, stieß bei der Verwaltung auf taube Ohren. „Wir haben alle Varianten geprüft und sind zu keinem anderen Ergebnis bekommen“, sagte Heike Naber. Sie legt ihre Hoffnung auf eine Verbesserung des ÖPNV. Stadtrat Harald Dietz sah eine Entschärfung des Problems darin, „wenn alle Kinder an ihrem angestammten Heimatstandort sind, dann wird das Hin- und Herfahren nicht mehr so nötig sein“. In der Realität, daran ließ wiederum Heike Naber keinen Zweifel, wird dieser Fall nicht eintreten.
Mit elf Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und vier Enthaltungen stimmte der Gemeinderat schließlich für die Einstellung des Kindergartenbusses zum 31. Dezember 2025.
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