Bürgermeisterwahl in Röttingen

Röttingen: Bürger wütend über Wahlmodalitäten

Jürgen Boier will Bürgermeister von Röttingen werden und damit die Nachfolge des wegen Krankheit frühzeitig ausscheidenden Hermann Gabel antreten. Nun regt sich jedoch Kritik an den Wahlmodalitäten.

Von 
Markhard Brunecker
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Mit rund 56 Prozent der abgegebenen Stimmen nominierte die „Gemeinsame Aufstellungsversammlung von FB, UWG und CSU“ Jürgen Boier zur Bürgermeisterwahl am 15. September. Seine Mitbewerberin Sitta Kaufmann erhielt rund 44 Prozent. © Markhard Brunecker

Röttingen. Eigentlich sollte der Wähler bei einer Wahl mindestens zwei Möglichkeiten zur Auswahl haben. Bei der Röttinger Bürgermeisterwahl am 15. September wird dies jedoch etwas anders sein.

Ursprünglich gab es in Röttingen sieben Bewerber 

Ursprünglich hatten sich sieben Personen um die Nachfolge von Hermann Gabel beworben, der, wie seit 30. April bekannt ist, aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig zum 31. Juli ausscheidet. Die drei Gruppierungen im Röttinger Stadtrat, Freie Bürger (FB), Unabhängige Bürger Röttingen (UBR) und CSU Röttingen hatten sich bereits im Vorfeld abgestimmt, nur mit einer Kandidatin bzw. Kandidaten anzutreten, denn man hatte Angst, überhaupt einen Kandidaten zu finden.

Eine Stellenausschreibung im Staatsanzeiger sollte die Kandidatensuche erleichtern. In Röttingen macht sich darüber große Enttäuschung breit, dass nicht, wie bei früheren Bürgermeisterwahlen, zwei oder gar drei Listen geöffnet wurden. Schließlich war ja frühzeitig bekannt, dass es mehrere Bewerber gibt. Stattdessen, so die Kritik, verzichtete man auf gelebte Demokratie und zwei Listen. Ihren Zorn gaben rund 240 Bürgerinnen und Bürger in der voll besetzten Burghalle in einer teils sehr emotionalen Diskussion kund. Die drei Fraktionssprecher Josef Geßner (FB), Erich Mitnacht UBR) und Albrecht Haag (CSU) bestätigten zwar, dass diese Verständigung der drei Fraktionen auf einen gemeinsamen Bewerber außergewöhnlich, doch wegen des Zeitdrucks von ihrer Seite nicht mehr änderbar sei. Nach ihren Worten bestehe lediglich noch die Möglichkeit, noch Kandidaten zu finden und diese mit einer weiteren Gruppierung am 15. September zur Wahl zu stellen. Man habe das Beste gewollt, argumentierten die Stadträte.

Der Unmut der Bürgerinnen und Bürger richtete sich aber nicht nur gegen das bisherige Vorgehen bezüglich einer Neuwahl. Die Rede war auch von einem „miesen Umgang“ mit dem noch amtierenden Bürgermeister Gabel. Die Diskussion hierüber war sehr emotional und wurde von den Anwesenden mit großem Applaus bedacht.

Nach der Vorauswahl stellten sich nun bei der Nominierungsversammlung die von der Kommission ausgewählte 52-jährige Kämmerei-Mitarbeiterin der Verwaltungsgemeinschaft Estenfeld, Sitta Kaufmann, und der 45-jährige Diplom-Verwaltungswirt und Geschäftsleitende Beamte der Stadtverwaltung Bad Windsheim, Jürgen Boier, vor.

Jürgen Boier ist designierter neuer Bürgermeister von Röttingen

Die 203 stimmberechtigten Anwesenden entschieden sich laut der Bekanntgabe des Ergebnisses durch Wahlleiter Martin Umscheid mit 80:62-Stimmen für Jürgen Boier. Dieser ist somit designierter neuer Bürgermeister von Röttingen.

Die Unzufriedenheit der Bürger spiegelte sich auch darin wider, dass es 61 ungültige Stimmen oder erst gar nicht abgegebene Stimmzettel gab. Am eigentlichen Bürgermeisterwahltag, 15. September, steht für die drei Gruppierungen trotz ehemals sieben Bewerbern somit nur ein Kandidat auf dem Stimmzettel. Der Wähler kann lediglich seinen Wahlvorschlag auf dem Stimmzettel schriftlich noch vermerken.

Zur endgültigen Wahl zum höchsten Amt der Stadt benötigt Jürgen Boier über 50 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die offizielle Wahl ist dann wohl aller Wahrscheinlichkeit nach nur noch eine Formsache.

Der designierte Bürgermeister Boier zeigte sich zuvor in seiner Vorstellung voller Tatendrang. In der Vita des in Radolfzell Geborenen beeindruckten vor allem seine in seiner bisherigen Beamtenlaufbahn gesammelten Erfahrungen. Der Geschäftsleitende Beamte der Stadt Bad Windsheim trägt für rund 100 Mitarbeitende der Stadt Verantwortung und hat Kenntnisse erworben, die in Röttingen stark gefragt sind.

So leitet er seit 1. Juli 2019 das Bürger- und Ordnungsamt und den Bereich Wohnraumförderung. Er bezeichnete sich als bodenständige, ausgeglichene und vor allem vermittelnde Person. Aktive Kommunalpolitik sei für ihn keine Parteifrage, auch wenn er der CSU angehöre. Kommunalpolitik sei dort, wo der Kanaldeckel klappert.

Zudem ist der „Vereinsmensch“ Lehrbeauftragter der Hochschule für den öffentlichen Dienst. Er möchte die Chancen und vor allem das Potential seines künftigen Arbeitsortes wie Wirtschaft und Festspiele nutzen und ausweiten.

Boier verspricht, Ansprechpartner für die Bevölkerung zu sein und das Augenmerk auf die Schaffung von Wohnraum und Bauland zu richten. Er sei ein „Visionär“ mit Bodenhaftung, unterstrich Boier. Bei einer endgültigen Wahl würde er von der Aisch ins Taubertal ziehen.

Auch seine Mitbewerberin Sitta Kaufmann aus Bergtheim hinterließ einen sehr guten Eindruck und erreichte rund 44 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der CSU-Funktionärin und zweifachen Mutter imponierte vor allem die Herzlichkeit der Menschen in Röttingen, diese sei einmalig. Im Falle einer Wahl wolle sie vor allem den Tourismus, die Nachhaltigkeit beim Umweltschutz und das soziale Engagement in der Gemeinschaft wie Zusammenarbeit mit Vereinen weiterentwickeln.

Nach seiner Nominierung bedankte sich der mögliche künftige neue Rathauschef für die Vorschusslorbeeren. Trotz dieser Ausgangslage wird es weitere Wahlveranstaltungen mit ihm geben. Der vermutete Amtsantritt wird am 1. Oktober sein.

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