Gemeinderat

Niederstetten: Hitzige Diskussionen über schlechte Zahlen

Die Finanzlage der Stadt Niederstetten ist schlecht. Mittlerweile interveniert sogar das Landratsamt - und fordert deutlich geringere Ausgaben.

Von 
Simon Retzbach
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Das Symbolbild zeigt eine leere Kasse. Die klammen Finanzen der Stadt Niederstetten sorgten in der jüngsten Gemeinderatssitzung für hitzige Diskussionen. © picture alliance / dpa

Niederstetten. Auf knapp 800 Seiten ist die finanzielle Misere der Stadt Niederstetten für das Haushaltsjahr 2025 festgehalten. Doch die Hiobsbotschaft findet sich bereits auf Seite 15 des umfangreichen Dokuments, das eine Art finanzielle Richtschnur für das Kalenderjahr sein soll. Der Haushaltsplan ist nicht ausgeglichen. Und nicht nur das: Das geplante Minus ist mit rund 1,65 Millionen Euro derart hoch, dass das Landratsamt als zuständige Prüfbehörde sein Veto eingelegt hat.

Der Haushalt kann nur dann genehmigt werden, wenn die Stadt Niederstetten spart. 900.000 Euro weniger Ausgaben als geplant verlangt das Landratsamt. Bei Gesamtausgaben von etwa 16 Millionen Euro sind das mehr als fünf Prozent, die nun gestrichen werden müssen. Faktisch werden die Kürzungen „direkt zulasten der Bürger“ gehen, wie Bürgermeisterin Heike Naber verdeutlicht. Denn die geforderte Summe muss aus dem Teilhaushalt „Dienstleistungen und Infrastruktur“ eingespart werden, bei großen Positionen wie etwa der Inneren Verwaltung (Personalkosten) darf in diesem Fall nicht gespart werden. Somit machen die Kürzungen von 900.000 Euro nicht nur fünf Prozent des Gesamthaushalts, sondern sogar zehn Prozent des entsprechenden Teilbereichs aus.

Finanzen waren in Niederstetten wiederholt ein Streitthema

Naber nennt die Sparausgabe „Daumenschrauben“, die der Stadt hier seitens des Landkreises angelegt würden. Zwar verweist sie auf die allgemein schlechte Finanzlage der Kommunen in Deutschland, sieht Niederstetten jedoch in einer besonders schlechten Situation, da man keinerlei Rücklagen zum Stopfen von Finanzlöchern mehr habe. Vergleichbare Sparauflagen habe es zwar früher schon hin und wieder gegeben, „aber so groß war die Lücke noch nie.“ Naber fordert daher nun die Haushaltskonsolidierung. Ihr Rezept: Konzentration auf Pflichtaufgaben, perspektivisch ein Stellenabbau in der Verwaltung und vor allem die konsequente Umsetzung von Sparmaßnahmen, die in der Oktobersitzung des Gemeinderats durch einen Experten für kommunale Finanzen vorgeschlagen wurden.

Schon diese Worte Nabers kommen dem aufmerksamen Beobachter der Niederstettener Lokalpolitik bekannt vor. Das setzt sich auch bei den Reden der Listensprecher zum Haushalt fort. Denn die Finanzen waren schon in der Vergangenheit ein Streitthema und vor dem Hintergrund dieses akuten Sparzwangs brechen die ohnehin kaum verheilten Wunden wieder auf. Und so hört man in dieser Gemeinderatssitzung viel Bekanntes - und noch heftigere Kritik als ohnehin schon.

Die hitzige Aussprache eröffnet Ulrich Roth als Listensprecher der Allgemeinen Wählervereinigung (AWV). Er sieht die Verwaltung als Verantwortliche für die Misere: „Es hapert an der konsequenten Umsetzung von gefassten Beschlüssen aus 2021.“ Die externe Unterstützung durch den Experten im Oktober „war den Aufwand nicht wert.“ Dann wird er grundsätzlich und verweist auf das nahende Amtsende Nabers, deren Amtszeit regulär 2026 endet. „Acht weitere Jahre Naber kann sich Niederstetten auf keinen Fall leisten“, so sein Fazit. Und weiter: „Es braucht eine Bürgermeisterin, die den Rossmarktempfang von einer Büttenrede beim Fasching unterscheiden kann“.

Das trifft die Verwaltungschefin, die sich ein „Einhacken auf den Rossmarkt-Auftritt“ verbittet. Bei aller Härte der politischen Auseinandersetzung sei immer noch Fairness erforderlich.

Kritik an anderen Gemeinderäten: „Geht so nicht weiter“

André Beetz kritisiert für die Liste „Zukunft Niederstetten“ wiederum andere Gemeinderäte. Die Sparauflage sei „Quittung fürs Nichtstun“ im Oktober. Daran sei „die andere Seite“ schuld, ergänzt er mit Blick zu den gegenübersitzenden Räten. „Was muss denn noch passieren, damit alle verstehen, dass Niederstetten sparen muss?“, fragt er sich. „Es geht so nicht mehr weiter. Man kann nicht immer nur prüfen und nichts tun. Ich hoffe, dass jetzt endlich was passiert“, fordert er konkrete Handlungen.

Die stets schwelenden Konflikte brechen in dieser Sitzung vollständig wieder auf: Gemeinderäte und Stadtverwaltung schieben sich gegenseitig die Verantwortung für ausbleibende Haushaltskonsolidierung zu, André Beetz kritisiert die Arbeit der vergangenen Legislaturperiode(n). Die Oktobersitzung mit zahlreichen Sanierungsvorschlägen durch Fachmann Wolfgang Hafner ohne verbindliche Festlegung auf eine Umsetzung der Maßnahmen: Aus Sicht von Naber und Beetz eine verpasste Chance, aus Sicht anderer Räte (wie Klaus Lahr oder Anastasia Meinikheim) damals schlicht nicht zustimmungsfähig. Klaus Lahr sieht ebenfalls Naber für die Misere verantwortlich: „Das Problem sitzt hier vorne“, deutet er in Richtung der Bürgermeisterin. „Sie sind völlig beratungsresistent und haben die Stadt um Jahre zurückgeworfen“, kritisiert er sie ebenfalls heftig. Ihre Amtszeit seien „sieben Jahre Lähmung“, die Bilanz „katastrophal“.

Naber weißt auch das zurück: „Die Beratungsresistenz ist im Gemeinderat zu verorten. Es macht Ihnen ja mittlerweile Spaß, mich zum Feindbild zu machen. Letztlich ist es aber so: Sie sind einfach nicht in der Lage, entsprechende Berichte der Gemeindeprüfungsanstalt [Landesanstalt zur Kommunalberatung in Finanzfragen; Anm. d. Red.] zur Kenntnis zu nehmen.“

Doch am Ende hilft alle Kritik nichts. Da die Stadt einen genehmigungsfähigen Haushalt braucht, um beispielsweise Fördergelder erhalten zu können, enthalten sich die meisten Räte. Mit lediglich vier Ja-Stimmen und 13 Enthaltungen bei einer Gegenstimme wird der Haushaltsplan samt Sparauflage verabschiedet. Die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2026 bis 2028, auch hier mit hohen Fehlbeträgen weit von einem ausgeglichenen Haushalt entfernt, wird mit ähnlich niedriger Zustimmung (fünf Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen, elf Enthaltungen) angenommen. Damit dürfte das Thema Kommunalfinanzen jedoch keinesfalls befriedet sein. Die alten Konflikte drohen jederzeit wieder aufzubrechen.

Redaktion

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