Gankino Zirkus im „Kult“

Musikalisch durch Finnland

Mystische Melodien, wundersame Worte und schnelle Polkas

Von 
Alexander Böltz
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Konzert und Kabarett: Gankino Zirkus, die vier Franken aus Dietenhofen, haben diese Bühnenshow zur kultverdächtigen Kunstform erhoben. © Alexander Böltz

Niederstetten. Was für eine Reise. Mit dem Gankino Zirkus musikalisch durch Finnland. Mystische Melodien, wundersame Worte und die schnellsten Polkas der Welt und dann noch fränkischer Rock’n’Roll. Die Konzertbesucher im „Kult“ hielt es nicht mehr auf den Sitzen.

Die Bühnenshow von Gankino Circus ist genau genommen kein reines Konzert, sondern Konzert und Kabarett. Ein Genre, das die vier Franken aus Dietenhofen nicht nur erfunden, sondern mittlerweile zur kultverdächtigen Kunstform erhoben haben. Ralf Wieland (Gitarre, Gesang), Simon Schorndanner (Gesang, Saxofon, Klarinette) Maximilian Eder (Akkordeon, Gesang) und Johannes Sens ( Drums, Percussion, Vibrafon und Gesang) sind virtuose Musiker und Geschichtenerzähler. „Wir machen Musik und erzählen dazwischen Geschichten. Von Dingen, denen man begegnet, beziehungsweise mit Erfindungen kombiniert“, hat Ralf Wieland einmal in einem Interview gesagt. Tatsächlich sind die Erzählungen der vier Charakterköpfe so liebenswert schräg, dass man sich beim Lachen fragt: Erfunden oder erlebt? Gibt es sie, die wortkargen Finnen, die aber in der Sauna offenbar auftauen und dann in ihrem Redeschwall nicht mehr zu bremsen sind? Wo liegt der Mika Häkkinnen-See? Was sind Seedillgurken und helfen sie tatsächlich gegen Ameisenbisse? Ist Ehefrauen-Weittragen finnischer Nationalsport? Kostet das Bier in Helsinki so viel wie eine ganze Doppelhaushälfte in Dietenhofen?

„Bei den Finnen“, das neue Programm der vier Franken, spart weder an Witz noch an Bühnengeschehen. Da trommelt Johannes Sens auf einem halben Kanu oder legt einen bayerischen Schuhplattler in finnischen Wathosen hin. Später röchelt und gurgelt am Bühnenrand eine verkalkte Kaffeemaschine zu musikalischen Anleihen aus der „Finlandia“-Hymne von Sibelius. Gankino Zirkus sind Weltenbummler in Sachen Musik, auch bei ihrer Reise durch den Norden. Das Quartett vermischt fränkische Volksmusik mit finnischer Folklore, atemberaubend, aberwitzig, anarchisch, aber stets virtuos. Da klingt Klezmer-Musik durch, Jazz, Schlager, Punk. Gankino-Zirkus verbreitet Spielfreude pur. Als dann zum Schluss „Roll over Beethoven“ von Chuck Berry als fränkischer Rock’n’Roll von der Bühne donnert, hält es keinen mehr auf den Stühlen. Die Band hat es mit ihrem „Angriff auf all diejenigen, die Volksmusik für unzeitgemäß oder verstaubt halten“, zu einiger Berühmtheit gebracht. Nicht, weil ein ganzer Bus mit Fans aus Mittelfranken nach Niederstetten anreiste. Nein. Gankino Zirkus ging unter anderem als Support für die finnische Humppa-Legende Eläkeläiset auf Tournee, holte sich den europäischen Folkpreis „Eiserner Eversteiner“, wurde 2013 vom Goethe-Institut als deutscher Exportschlager in die Ukraine geschickt und erhielt 2019 den „Ruth“ (Deutscher Weltmusikpreis).

„Wir sehen die Volksmusik als Inspiration“, behaupten die vier Franken. Und das glaubt man ihnen aufs Wort.

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