Ein Vokalkonzert mit Improvisationen über jüdische Gesänge mit dem Ensemble „le chant trouvé“ findet am Sonntag, 23. Juni um 17 Uhr in der Synagoge in Aub statt.
Aub. In den Konzerten begibt sich das Ensemble „le chant trouvé“ auf die Spuren jener Lieder und Gesänge, die bis zur Vertreibung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung vor nicht einmal 100 Jahren in den Synagogen der Region, auf Festen und in den Familien musiziert wurden und im SeferHaShirim (Buch der Lieder) von 1912 überliefert sind.
Dieser jüngeren Vergangenheit werden wir die hebräischen Psalmvertonungen des italienisch-jüdischen Komponisten Salamone Rossi aus der Spätrenaissance gegenüber gestellt, die stilistisch eng mit den Improvisationstechniken des Ensembles verwandt sind.
Praktiken der Renaissance
Eine dritte Ebene bilden improvisatorische Vertonungen von Gedichten jüdischer Dichterinnen wie Nelly Sachs, Hilde Domin und Else Lasker-Schüler zu den Themen Sehnsucht, Suche und Exil. Abschließend gibt es Chormusik von Viktor Ullmann und Gideon Klein.
Das Improvisationsensemble „le chant trouvé“ ist aus einem Kursangebot der Würzburger Musikhochschule hervorgegangen, „Chanter sur le livre“ oder auch „cantus super librum“. Dabei handelt es sich um historische Improvisationspraktiken der Renaissance, die es ermöglichen, mehrstimmig „über dem Buch“ zu singen. Ausgehend von einer Vorlage wie einem gregorianischen Choral oder einem weltlichen Chanson wird ein Stück improvisiert. Diese Musizierpraxis spielte nicht nur in der Ausbildung der Sängerinnen und Sänger sowie Komponisten eine wichtige Rolle, sondern wurde ebenso in der liturgischen Musik und zur Unterhaltung bei Hofe gepflegt. Die Musikerinnen und Musiker von le chant trouvé beleben diese historische Praxis neu, indem sie aus ein- und mehrstimmigen weltlichen Liedern zu Liebe, Sehnsucht und blühender Natur sowie geistlichen Werken improvisierend neue Stücke entwickeln.
Auf- und Erfinden der Musik
Jenem Auf- und Er-Finden der Musik verdankt sich der Name des Ensembles, dessen Mitglieder unter anderem Musiktheorie, Schulmusik, Alte Musik, Komposition und Gesang studieren. Wichtige Projekte 2021 waren die Klanginstallation und Performance zur Ausstellung „Nachhall“ von Jens Reulecke im Zentrum Shalom Europa Würzburg sowie eine Konzertreise zu den Ursprüngen der frankoflämischen Vokalpolyphonie in Nordfrankreich.
2022 folgte eine weitere Tournee nach Italien mit Konzerten in Venedig, Ferrara, Florenz und Rom, um ebenfalls an den Wirkungsstätten der großen italienischen Meister zu musizieren. Seit einigen Jahren gestaltet das Ensemble regelmäßig Adventskonzerte sowie musikalische Umrahmungen der Meditationen in der Würzburger Augustinerkirche und gestaltet Konzerte in Spitalkirchen der Würzburger Umgebung.
Der Eintritt zum Konzert am Sonntag, 23. Juni um 17 Uhr ist frei, Spenden erwünscht. Veranstalter ist der Förderverein Fränkisches Spitalmuseum Aub.
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