Schon seit mehr als fünf Monaten steht Niederstetten faktisch ohne Gemeindeoberhaupt da. Interimsweise übernimmt jetzt ein Verwaltungsleiter einen Teil der Bürgermeister-Aufgaben.
Niederstetten. Seit Mitte Dezember war Bürgermeisterin Heike Naber zunächst krank und wurde dann, als sie Ende April zurückkehren wollte, vom Landratsamt vorläufig ihres Amtes enthoben. Dem war ein lange bestehende Konflikt vorausgegangen, der darin gegipfelt war, dass die Bürgermeister-Stellvertreter die Schlösser des Rathauses ausgetauscht und Naber damit ausgesperrt hatten (wir berichteten).
Zurzeit sind zwei Verfahren gegen Verfahren gegen die Bürgermeisterin – unter anderem wegen Urkundenfälschung und Untreue – anhängig, in denen aktuell noch Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft ermitteln. Es wird also noch eine Weile dauern, bis die Stadt wieder eine offizielle Leitung hat.
In den letzten fünf Monaten hatten die Bürgermeister-Stellvertreter Nabers Aufgaben übernommen und sie unter sich aufgeteilt. Da jeder von ihnen jedoch voll berufstätig ist, war die Zusatzbelastung zuletzt zu groß geworden. Deshalb hatte man sich entschlossen, einen interimsmäßigen Verwaltungsleiter zu bestellen, der sich bei der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend in der Alten Turnhalle der Öffentlichkeit vorstellte. Dabei handelt es sich um Klaus Brodbeck, der den Gemeinderat bereits dabei unterstützt hat, die finanziellen Vorgänge seit dem Amtsantritt von Bürgermeisterin Heike Naber zu überprüfen (wir berichteten). Der inzwischen bundesweit tätige Kommunalberater aus dem Ortenaukreis hat früher bei der Gemeindeprüfungsanstalt gearbeitet und war dann lange Jahre Bürgermeister und Landrat (sieh Infobox). Mit Hilfe Brodbecks hatte ein eigens gebildeter Ausschuss zur Akteneinsicht mutmaßlich einschlägige weitere Verstöße der Bürgermeisterin festgestellt, die zu dem zweiten Verfahren geführt hatten.
Folgerichtig nannte Brodbeck auch als aktuell dringlichste Aufgabe, alles zu tun, damit die Verfahren gegen die Bürgermeisterin „schnell zu Ende gebracht“ werden könnten. Dazu müssten den entsprechenden Stellen „alle Informationen und Unterlagen“ zur Verfügung gestellt werden, „damit wir bald wissen, wer an der Spitze der Gemeinde stehen wird“.
„Wertschätzender Umgang“
Dem Niederstettener Gemeinderat und den Bürgermeister-Stellvertretern bescheinigte der Verwaltungsprofi Sachorientiertheit ohne Parteiengeplänkel, eine „wohltuende Debattenkultur“ und „wertschätzenden Umgang“ miteinander. „Im Gemeinderat gibt es nur eine Fraktion und die heißt Niederstetten“, stellte er fest. Auch im Rathaus seien ihm „kompetente und sehr motivierte Mitarbeiter“ begegnet. Das sei eine „sehr gute Grundlage“ und habe letztendlich den Ausschlag gegeben, dass er die Anfrage des Gemeinderats „sehr gern angenommen“ habe.
Seine Tätigkeit werde er mit einem „aktuellen Finanzstatus“ beginnen, der dahin führen solle, die von Professor Wolfgang Hafner vom Steinbeis-Transferzentrum Öffentliche Verwaltung in Weil am Rhein Anfang März vorgeschlagenen Einsparungen zu diskutieren und umzusetzen. „Eine Herkulesaufgabe“, wie Brodbeck zugab, doch müsse die Stadt gegenüber der Finanzaufsicht im Landratsamt nachweisen, „dass sie ernsthaft gewillt ist, die Finanzen in den Griff zu bekommen“. Als seine wichtigste Aufgabe erachte er es, so Brodbeck zum Schluss, „mich so schnell wie möglich überflüssig zu machen“. Bürgermeister-Stellvertreter Harald Dietz lobte Brodbeck als „qualifiziert und kompetent“. Stadtrat Ulrich Roth sagte, es sei ein „Geschenk“, wenn „ein Mann ihres Kalibers“ der Stadt Niederstetten in der aktuell politisch und finanziell schwierigen Lage aushelfe. Der ehemalige Landrat sei nicht nur persönlich und fachlich kompetent, auch die „Chemie mit dem Rathaus stimmt“. Als „ruhigen, sachlichen Menschen mit sehr viel Erfahrung“ beschrieb Stadtrat Roland Landwehr den neuen Verwaltungsleiter. Mit Brodbeck könne man nicht nur die Haushaltskonsolidierung umsetzen, sondern sich in Richtung einer modernen Verwaltung entwickeln. „Ich bin auf ihre Visionen gespannt“, freute sich Landwehr.
Das Votum für Brodbeck fiel einstimmig aus und der versprach zum Schluss: „Ich werde mein Bestes geben“.
Zur Person: Klaus Brodbeck
Klaus Brodbeck wurde 1956 in Knittlingen geboren.
Nach Abschluss eines Studiums an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl 1977 als Diplom-Verwaltungswirt arbeitete er bis 1985 bei der Gemeindeprüfungsanstalt.
Im Alter von 29 Jahren wurde er 1985 zum Bürgermeister von Renchen gewählt.
Von 2000 bis 2008 war er Landrat des Ortenaukreises.
2008 machte er sich als Kommunalberater selbstständig und hat seitdem unter anderem zehn Haushaltssicherungskonzepte in Thüringen erstellt und durchgeführt. .
Seit 1994 nimmt Brodbeck Lehraufträge an der öffentlichen Hochschule Kehl wahr. sem
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