Rüsselhausen. Die heimische Landwirtschaft steht zunehmend vor den Herausforderungen des Klimawandels: Dürre, extreme Hitze und Starkregen gefährden die Ernten. Eine neue Langzeitstudie der Universität Hohenheim zeigt allerdings, dass sogenannte Agroforstsysteme – also die Kombination von Forstwirtschaft und Ackerbau – helfen können, die Erträge auch in trockenen Jahren stabil zu halten. Das derzeit größte geplante Projekt in Süddeutschland will der Biolandwirt Gerd Bayer in dem Niederstettener Stadtteil Rüsselhausen umsetzen.
Insgesamt rund 19 Hektar seiner Ackerfläche will er dazu umgestalten, vor wenigen Tagen hat er einige Interessenten über seine Pläne auf dem familieneigenen Martinshof informiert. Bisher bewirtschaftet Bayer vier sogenannte „Schläge“ auf dieser Fläche. Ein landwirtschaftlicher „Schlag“ ist eine zusammenhängende, einheitlich bewirtschaftete Fläche, auf der eine bestimmte Kultur angebaut wird. Schläge sind für die landwirtschaftliche Planung, die Fruchtfolge und die Verwaltung von Förderanträgen von zentraler Bedeutung. Künftig werden es dann sechs Schläge sein, was für den Landwirt durchaus vorteilhaft ist.
Dazwischen sollen neu angelegte schmale Grünstreifen mit Bäumen und Büschen angelegt werden: „Die größten Vorteile für mich werden sein, dass ich mehr Beschattung habe für meine Tiere auf der Weide, eine größere Biodiversität bekomme – und es wird ein Erosionsschutz gegen die immer häufiger auftretenden Extremwetter-Ereignisse sein. Vor allem Wind und Wasser werden es dann wegen der Bepflanzung deutlich schwerer haben“, erhofft sich der Biolandwirt und Rinderzüchter enorme Vorteile von den Maßnahmen.
Flächenverlust muss kompensiert werden
Allerdings gibt es auch Nachteile: etwa 2,6 Hektar an Fläche wird er dadurch verlieren – die allerdings weiterhin als Ackerfläche gewertet werden. Sonst hätte der Landwirt enorme finanzielle Einbußen befürchten müssen. Kurzfristig kommen noch die höheren Anbaukosten und der vor allem zu Beginn höhere Bewirtschaftungsaufwand dazu – auch die langfristige Kapital- und Flächenbindung durch langsam wachsende Gehölze muss hier aufgeführt werden.
Ein Forschungsprogramm der Europäischen Union hat sich in den letzten Jahren aber intensiv mit der Möglichkeit der Kombination einjähriger Acker- und Baumkulturen mit sehr langen Umtriebzeiten beschäftigt. Die Forscher kamen zum Ergebnis, dass langfristig durch die Agroforstwirtschaft Mehrerträge von bis zu 30 Prozent realisiert werden können.
Ansatz für nachhaltigere Zukunft?
Durch die Auswirkungen der Klimakrise, Ernährungsunsicherheit und politische Instabilität scheint das gegenwärtig dominierende System der intensiven Landwirtschaft in Monokulturen oft an seine Grenzen zu stoßen.
Im globalen Süden wird Agroforstwirtschaft bereits seit längerem betrieben. Befürworter sprechen von mehr als nur einer landwirtschaftlichen Technik – sie sei ein wichtiger Ansatz für eine nachhaltigere und gerechtere Zukunft.
Über das Agroforst-Projekt in Rüsselhausen findet man unter www.fnweb.de ein Video, das auch auf dem youtube- und dem Facebook-Kanal der FN zur Verfügung steht.
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