Odenwald-Tauber. Die Familie ist das Fundament unserer Gesellschaft. Es gibt wohl nichts Schöneres, Verrückteres und oft genug auch nichts Stressigeres als die eigene Familie. Man geht gemeinsam durch dick und dünn – im besten Fall. Aber auch das ist nicht überall so. Die aktuellen Krisen und Probleme belasten jedoch alle und so beleuchtet die FN-Redaktion diese und viele andere Alltagsthemen in den nächsten Wochen aus den unterschiedlichsten Perspektiven.
Steigende Gas- und Benzinpreise und höhere Kosten in vielen Bereichen drücken die Familien. Bei einigen platzt gerade der Traum vom Eigenheim, weil die Zinsen anziehen. Oder wie steht es mit dem Sparen fürs Alter? Es wird immer schwerer. Dann gibt es zu wenig Betreuungsplätze für Kinder – und was wird erst, wenn die eigenen Eltern Pflege brauchen? Die Fränkischen Nachrichten berichten hierzu fortlaufend.
Die Vorstellungen davon, was Familie ist, haben sich immer wieder gewandelt und geweitet[...]"
Was ist Familie heute? Wie ist Familie heute möglich?
„Die Vorstellungen davon, was Familie ist, haben sich immer wieder gewandelt und geweitet. Von der Sippe bis zur Kernfamilie. Von der verheirateten Vater-Mutter-Kinder-Familie zu Alleinerziehenden oder gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kindern“, sagt Rosemarie Daumüller, die Geschäftsführerin des Landesfamilienrates Baden-Württemberg. Sie führte im April mit Dr. Bernd Eggen ein Gespräch über zentrale Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung zu Familien (siehe auch Statistisches Landesamt BW, Monatsheft 4/2022).
„Es gibt keine allgemeingültige Vorstellung darüber, was Familie ist. Mittlerweile kann jede Lebensform zur Familie zählen, in der dauerhaft und verlässlich Verantwortung füreinander übernommen wird, in der die Erwartungen an wechselseitiger Fürsorge und Bindung erfüllt werden. [...] Zur Familie zählen Lebensformen mit und ohne Kinder“, erklärt Bernd Eggen. Er ist Referent im Referat „Sozialwissenschaftliche Analysen und Familienforschung“ im Statistischen Landesamt und er betont weiter: „Mit Familie ist die Idee verbunden, dass sie in der Moderne der einzige Ort ist, an dem der Mensch als Person für alles, was ihm wichtig ist, Resonanz erwarten kann.“
Wie geht es den Familien in diesen unruhigen Zeiten, mit Pandemie, Ukrainekrieg, Inflation und Energiekrise?
Angesichts der vielfältigen, gerade auch finanziellen, Herausforderungen vor denen die Familien auch in Baden-Württemberg derzeit stehen, fordert der Landesfamilienrat das Land auf, einen Notfallfonds einzurichten. Damit soll Familien in prekären Einkommenssituationen unbürokratisch geholfen werden. Der Krieg in der Ukraine und die daraus entstandene Energiekrise führe bereits jetzt zu dramatisch steigenden Preisen, vor allem für Heizung, Wohnen und Lebensunterhalt, hier bedürfe es kurzfristiger Unterstützung.
Der Landesfamilienrat setzt sich dafür ein, dass Wohnungsverluste und Stromsperren aufgrund von Mietrückständen oder erheblichen Mehrkosten für Energie unbedingt verhindert werden müssen. Hier brauche es unter anderem den Schulterschluss sowohl mit privaten und öffentlichen Wohnungsgesellschaften als auch mit den Energieversorgern.
Zudem fordert der Landesfamilienrat Ministerpräsident Kretschmann dazu auf, einen Sozialgipfel einzuberufen. „Die Kumulation der Krisen ist sozialer Sprengstoff“ sagt die Vorsitzende Christel Althaus, „in diesen Krisenzeiten ist es daher unabdingbar, Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft an einen Tisch zu bringen und die Probleme gemeinsam zu lösen.“ Baden-Württemberg habe dazu alle Kapazitäten. Ein Sozialgipfel müsse die belastende Situation der Familien in den Blick nehmen und zur Stärkung der Familien beitragen.
Besonders wichtig ist dem Landesfamilienrat eine Kultur der offenen Räume und Begegnungsmöglichkeiten im Winter. Das erfordere die Absicherung der sozialen Infrastruktur wie etwa Beratungsstellen, Familienzentren oder Mehrgenerationenhäuser, von der Familien profitieren. Diese hätten derzeit ebenfalls mit steigenden Kosten zu kämpfen. Die Einrichtungen müssten in der Lage sein, ihr Angebot aufrecht zu erhalten.
Was tut die Politik, um den Familien im Land zu helfen?
Drei große Entlastungspakete hat die Bundesregierung inzwischen aufgelegt, um die Bürger in der Energiekrise zu entlasten und die Folgen der starken Inflation abzumildern.
Konkret angegangen wurden und werden eine Gaspreis- sowie eine Strompreisbremse, eine Sonderzahlung für Gaskunden, die Umsatzsteuersenkung auf Gas, ein höheres Kindergeld, dazu die Einführung des Bürgergeldes, eine einmalige Energiepauschale für Rentner sowie Studenten, ein Wohngeldzuschuss, ein Nachfolger für das 9-Euro-Ticket im Öffentlichen Personennahverkehr und Vorteile für die Steuererklärung 2022. Gestritten wird darüber, ob dies ausreicht.
Sind den Familien damit alle Sorgen genommen?
Mitnichten. Viele Familien blicken mit großer Verunsicherung auf die nächsten Monate. Das spüren auch die Kinder.
Sie bekommen im Alltag die Sorgen der Erwachsenen mit, etwa dass sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, es in der Wohnung kühler ist als gewohnt oder die Stimmung gedrückter ist.
Experten raten daher, dass die Erwachsenen zum Beispiel mit Kindern offen über die wertvolle, im Haushalt genutzte Energie sprechen sollten und wie wichtig es ist, heute mehr denn je, schonend damit umzugehen.
Suchen Sie gemeinsam die Geräte im Alltag der Kinder, die Strom verbrauchen."
Energie ist für Kinder laut Fachleuten etwas Abstraktes. Sie empfehlen deshalb, die Aufmerksamkeit der Kinder gezielt auf die elektrischen Geräte im Alltag zu lenken: Was wird mit Strom betrieben? Hat das Gerät Schalter, Kabel oder Stecker?
Energie sollte spielerisch eingespart werden. „Suchen Sie gemeinsam die Geräte im Alltag der Kinder, die Strom verbrauchen“, rät beispielsweise die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ gegenüber Medienvertretern. Dann könnte man besprechen, welche Bedeutung diese Geräte für die Kinder haben. Auch das Thema Wärme im Haus und wo sie verloren geht, könnte aufgegriffen werden.
Die Experten, die sich für eine bessere Bildung von Mädchen und Jungen einsetzen, empfehlen, kreativ zu sein und zusammen mit den Kindern auch Plakate mit Bildern der Stromfresser und guten Tipps zum Energiesparen zu basteln: zum Beispiel kein fließendes Wasser beim Zähneputzen, kein langes Duschen, nicht alle Lichter anlassen.
Wo finden Familien in (wirtschaftlicher) Not erste Ansprechpartner in unserer Region?
Da sind zunächst die örtlich zuständigen Jugend- oder Sozialämter sowie die Städte und Gemeinden zu nennen. Hinzu kommen beispielsweise die Sozial- und Lebensberatung des Diakonischen Werks, die Familien- und Lebensberatung beim Caritasverband, die Orts- und Bezirksstellen der freien Wohlfahrtspflege oder gemeinnützige Familienverbände sowie einige andere mehr. Viele Informationen finden sich auf den Internetseiten der Landratsämter und Kommunen.
Gibt es auch auf Landesebene einen Gesamtüberblick über staatliche Unterstützungsmöglichkeiten für Familien?
Ja. Das Sozialministerium Baden-Württemberg bietet viel Wissenswertes unter www.muetter-vaeter-bw.de im Netz an. Die Broschüre „Informationen für Mütter und Väter“ wurde laut Ministerium sorgfältig überarbeitet, aktualisiert und auf die Bedürfnisse der Eltern von heute angepasst.
Sie fasst die wichtigsten Informationen rund um das Thema Familie und Kind zusammen und beantwortet Fragen rund um das Familienleben wie zum Beispiel: Auf welche Leistungen habe ich Anspruch, wo kann ich sie bekommen? Welche Vorsorgeuntersuchungen gibt es, wo finden sie statt? Wer betreut mein Kind, wenn ich arbeite, und was muss ich dafür tun?
So soll ein Überblick über alle Unterstützungsmöglichkeiten geschaffen werden, um zielgenau das passende Hilfsangebot zu finden.
Neu ist, dass das bisher in die Broschüre integrierte Adressverzeichnis jetzt separat online unter www.muetter-vaeter-bw.de zu finden ist. Dort können Interessierte die Adressen nach Themenfeldern auswählen und ausdrucken sowie über eine interaktive Karte leicht Einrichtungen in ihrer Nähe finden.
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