Einstige Langwellensender - „Leuchttürme“ des Odenwalds ragten mehr als fünf Jahrzehnte in den Himmel über Donebach

Sendemasten werden abgerissen

Von 
Thomas Müller
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Die Donebacher Sendemasten ragen nur noch wenige Tage 363 Meter hoch in den Himmel. Das einstige Meisterwerk der Technik hat ausgedient und wird Anfang März abgerissen. © Thomas Müller

Die Tage der Donebacher Sendemasten sind gezählt: Weil es für die beiden Antennen keine Verwendung mehr gibt, werden sie Anfang März abgerissen.

Donebach. Seit mehr als fünf Jahrzehnten sind die „Leuchttürme“ des Odenwalds bei guter Fernsicht schon von weitem erkennbar. Die Sendemasten zeigen auf ihre Weise, wo Mudau und im Speziellen der Ortsteil Donebach zu finden ist. Nun sind die Tage dieses technischen Meisterwerks endgültig gezählt. Weil es keine Verwendung mehr für die Masten gibt, werden sie Anfang März abgerissen.

Die Geschichte der Langwelle begann mit dem Zeitalter des Radios in den 1920er Jahren. Im Gegensatz zur Kurzwelle erzielt nämlich die Langwelle mit nur wenig Sendeaufwand eine enorme Reichweite. Einmal ausgestrahlt, schwächt sie sich nur langsam ab. Wichtig ist jedoch ein guter Standort und diesen fand man in den 1960er Jahren auf der riesigen Freifläche bei Donebach, wo eigentlich im Zweiten Weltkrieg ein Flugzeuglandeplatz entstehen sollte.

Günstige Lage

Nach dem Krieg galt es, die Ausstrahlung von Rundfunksendungen für Europa neu zu organisieren. Deutschland war seit Kriegsende in Ost und West aufgeteilt. Somit musste auch für die Bundesrepublik ein eigenes Radiokonzept aufgebaut werden. Westdeutschland durfte schließlich am unteren Ende des Langwellenbandes, bei 151 Kilohertz mit maximal 20 Kilowatt senden. Start war im Jahr 1953 in Hamburg-Billwerder, allerdings nur für den Empfang in Norddeutschland.

1960 wurden daher drei Anstalten des öffentlichen Rechts gegründet, nämlich das ZDF, die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk für die Ausstrahlung der Langwellenprogramme mit seiner Sendezentrale in Köln. Erneuter Start war im Dezember 1962 mit einer Antennenanlage in Mainflingen bei Frankfurt, dort jedoch in äußerst ungünstiger Lage. Bald darauf kam die große Freifläche in Donebach ins Spiel, wo am 10. März 1967 eine Antennenanlage mit vier Masten von je 200 Meter Höhe in Betrieb genommen wurde. Aufgrund der guten Sendeleistung von 250 Kilowatt wurde jedoch der rumänische Sender Brasov gestört. Die Sendeanlage musste 1972 erstmals umgebaut werden. Zwei der vier Masten wurden abgebaut. Der verbliebene nordwestliche Mast fungierte danach als Strahler, der südöstliche phasenversetzt als Reflektor in Richtung Brasov. Bei einer Leistung von 250 Kilowatt arbeitete die Anlage fortan bis 1975 problemlos. Danach wurde die doppelte Sendeleistung genehmigt. Dies bedeutete am Tag eine Leistung von 500 Kilowatt und bei Nacht die halbe Leistung von 250 Kilowatt.

Dafür waren die Antennen aber nicht ausgelegt, was einen erneuten Umbau bedeutete, um die zugesicherte Leistung auch optimal ausstrahlen zu können. Somit begannen die Planungen für 363 Meter hohe Antennen. Am 1. Juni 1981 wurde mit dem Abbau der alten Antennen und der Errichtung der zwei neuen Masten begonnen. In der Umbauzeit übernahm die Behelfsanlage in Mainflingen für 14 Monate die Ausstrahlung der Programme. Für den Umbau wurden die einzelnen Stahlelemente abgebaut, vor Ort die Farbe nachgebessert und die Teile später für die neuen Masten verwendet. Für die Abspannung wurden armdicke Stahlseile eingesetzt, für die Verankerung um jeden der Masten zwölf Gegengewichte aus Beton gegossen. Jede Antenne ist in drei Richtungen und sechs Ebenen abgespannt. Die Einspeisung der Sendeenergie erfolgt von oben in 240 Meter Höhe. Das Gewicht einer Antenne beträgt etwa 340 Tonnen. Als elektrisches Gegengewicht ist um jeden Masten im Winkel von sechs Grad ein sternförmiges Erdbandnetz mit 360 Meter Länge im Boden ausgelegt, insgesamt also 43 Kilometer.

Die Baukosten der neuen Antennenanlage beliefen sich bis zum erneuten Start am 23. Oktober 1982 auf etwa 40 Millionen Deutsche Mark. Seither ragen die rot-weißen Orientierungspunkte 363 Meter hoch in den Himmel und bieten von ganz oben einen fantastischen Blick über den Odenwald, das Bauland, die Hohenlohe-Ebene den Spessart und bis hinein in den Kraichgau.

Anstrich erneuert

Im Jahr 1997 war es an der Zeit, den rot-weißen Signalanstrich der Stahlbauteile grundlegend zu erneuern. Hierzu wurde von Mai bis November in frei schwebenden Körben direkt entlang der Masten gearbeitet. Zunächst galt es, die Masten mit 200 Tonnen Strahlmittel zu reinigen, wobei mehrere hundert Kubikmeter Sondermüll anfielen. Danach wurden alle Bauteile in drei Arbeitsgängen frisch gestrichen. Am Ende waren neun Tonnen Farbe verbraucht, um den neuen Flugwarnanstrich zu anzubringen.

Im Laufe der vergangenen 50 Jahre wurden aber nicht nur die Masten umgebaut. Auch die Sendetechnik der Betriebsgebäude wurde immer wieder modernisiert. Zum 1. Januar 2015 wurde schließlich der Antennenbetrieb des Deutschladfunks ohne großes Aufsehen eingestellt. Seither waren die Masten immer wieder Ziel waghalsiger Kletterer.

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