Ein Tag als Bäcker

Jobtausch: Für Bäcker ist um 1 Uhr die Nacht vorbei

Damit Brot und Brötchen morgens verkauft werden können, müssen Bäcker Nachtschichten einlegen. Unser Reporter hat bei der Landbäckerei Schär in Buchen eine Nacht lang mitgeholfen.

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Martin Bernhard
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Bäckermeister Udo Wassum von der Landbäckerei Schlär holt das frischgebackene Brot aus dem Ofen. © Martin Bernhard

Mudau / Buchen. Nachts um 1 Uhr ist die Hauptstraße in Mudau wie ausgestorben. Nur am Seiteneingang der Landbäckerei Schlär brennt Licht. Die Tür steht offen. Es duftet nach Frühstück. Das Erdgeschoss des Gebäudes ist erfüllt von Schlagermusik. Fünf in keiner Weise morgenmuffelige Menschen machen darin die Nacht zum Tag.

Arbeit an drei Öfen

An den drei Öfen arbeitet Bäckermeister Udo Wassum (52 Jahre alt), vor dem Durchgang zur Backstube kümmert sich Sedat Weniger (27) um das Laugengebäck, in der Backstube bereitet Bäckermeister Peter Schlär junior (22) gerade frischen Roggenteig zu. Die Gesellin Lisa Geier (22) sowie die Auszubildenden Lora-Ashley Tyrock (16, erstes Lehrjahr) und Nico Mauer (18, zweites Lehrjahr) kneten von einer Maschine abgewogene Brotteiglinge rund und geben diese in Gärkörbe.

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Ein Tag als Bäcker - wie leckeres Gebäck entsteht

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Die Nachtarbeiter schauen den Neuankömmling verwundert an: „Willst du dich umziehen?“ Alle tragen kurze Hosen und T-Shirt in branchenüblichem Weiß. Der Reporter hat ein grünes T-Shirt und eine lange Bluejeans an. Denn der Seniorchef hatte im Vorgespräch trotz mehrfachen Nachfragens nach der richtigen Kleidung gesagt: „Zieh ein T-Shirt an. In der Backstube ist es warm.“ Das trifft vor allem auf den Raum zu, in dem die Öfen stehen.

Die Schicht der Bäcker hat zwar erst vor wenigen Minuten begonnen. Sie erwecken allerdings den Anschein, als würden sie schon stundenlang arbeiten. Sedat bedient eine Maschine, in der Hefeteiglinge mit Brezellauge besprüht werden. „Heute läuft es gut“, sagt er. „Gestern riss der Keilriemen. Die Reparatur hat uns eine Stunde gekostet.“ Der 27-jährige Amorbacher stellt die Bleche mit den gelaugten Teiglingen auf einen der Wagen für Bleche ab. Später rollt er diese nacheinander in den Ofen.

Nach etwa 15 Minuten ist das Laugengebäck fertig. Sedat sprüht das Gebäck mit Wasser ab, damit es seinen charakteristischen Glanz erhält. Braunrot glänzend und herrlich duftend steht es anschließend im Vorraum vor den Öfen, bis es für den Transport zu den Verkaufsfilialen abgeholt wird.

Udo, 52 Jahre alt und aus Vielbrunn, kümmert sich um die Öfen, in denen bei etwa 250 Grad Brötchen und Brot backen. Da er durch einen Signalton auf das Ende der Backzeit hingewiesen wird, kann er sich parallel dazu um das Süßgebäck kümmern. Er belegt Hefegebäck mit Früchten. Später taucht er Muffins in Schoko-Kuvertüre und verziert Schoko-Croissants damit.

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Jobtausch: So war ein Tag als Bäcker

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Selbstgemachter Natursauerteig

Direkt neben der Teigmaschine, die Peter bedient, steht die Sauerteiganlage. Auf den selbsthergestellten Natursauerteig ist der junge Bäckermeister besonders stolz. Er hebt den Deckel und lässt den neugierigen Reporter hineinschauen. Ein scharfer Geruch zieht mir in die Nase und vertreibt den letzten Rest Verschlafenheit aus meinem Körper. Wir unterhalten uns über dreistufige Sauerteigführung. Innerhalb von 42 Stunden werden dem sogenannten Auffrischsauer zweimal frisches Roggenmehl und Wasser beigemischt sowie etwas zerkleinertes Altbrot. Wegen seiner Röstaromen in der Kruste sorgt dieses für einen besonders guten Geschmack im Brot.

Während wir uns unterhalten, schüttet Peter routiniert die Teigzutaten in die Maschine, in der man bis zu 160 Kilogramm Teig mischen kann. Die Bäckerei verarbeitet rund 200 Tonnen Mehl im Jahr, das sie von der Steinenmühle in Hardheim bezieht. Bis auf das Dinkelmehl, das in 40-Kilo-Säcken geliefert wird, wird es in großen Silos gelagert. Generell legt man Wert darauf, Zutaten aus der Region zu verarbeiten. Die Eier kommen von der örtlichen Hühnerfarm, Zwetschgen und Äpfel von der eigenen Streuobstwiese beziehungsweise – bezogen über die Bäckereigenossenschaft Bäko – vom Obsthof Gätschenberger aus Katzental.

FN-Reporter Martin Bernhard formt Baguettes (links), während Bäckergeselle Sedat Weniger mit der Laugenmaschine Brezelteiglinge einlaugt. © Martin Bernhard

Inzwischen spuckt die Teigportioniermaschine Hefeteigstücke aus, die Lora, Nico und Lisa zu Baguetteteiglingen formen. Nico erklärt mir, wie das geht: den Teig vom Rand aus zweimal nach innen schlagen, dann zu einer langen Wurst rollen. Das ist eigentlich recht einfach. Auch das Formen von Croissants ist nicht kompliziert. Die dreieckig abgestochenen Teigplatten werden von der Spitze aus zusammengerollt und ebenfalls aufs Blech gesetzt.

Herausforderung Brezeln

Kniffliger wird es, als ich später eine Stunde lang Brezeln forme. Bäckermeister Peter, der mir die Technik erklärt, ist mindestens doppelt bis dreimal so schnell wie ich. Außerdem sehen seine Brezeln gleichmäßiger aus als meine. Dennoch wird meine Arbeit für gut befunden und landet auf den Blechen. Die Teiglinge werden bis zum Abend eingefroren, in der kommenden Nacht gebacken und am Folgetag in einer der vier Filialen verkauft.

Wie man Bäcker wird und was man verdient

Wer Bäcker werden will, muss eine dreijährige Ausbildung absolvieren.

Der Berufsschulunterricht findet an der Zentralgewerbeschule Buchen statt. Außerdem nehmen die Auszubildenden zweimal im Jahr an einem einwöchigen Blockunterricht in Mannheim teil.

Gesellen können sich zum Bäckermeister weiterbilden. Damit ist auch die Qualifikation „Betriebswirt im Handwerk“ verbunden. Der Vollzeit- Meisterkurs dauert an der „Bundesakademie des deutschen Bäckerhandwerks“ in Weinheim ein halben Jahr lang. Der Abschluss berechtigt zu einem fachbezogenen Studium, zum Beispiel im Lebensmittelbereich.

Auszubildende verdienen im ersten Lehrjahr 880 Euro, im zweiten 980 Euro und im dritten 1080 Euro. Außerdem erhalten sie eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 50 Euro.

Bäckergesellen verdienen nach den Worten von Innungsobermeister Peter Schlär 2300 bis 2800 Euro brutto.

Eine Übersicht von Betrieben, die ausbilden, findet man unter https://www.kh-mosbach.de/mitglieder/baecker-innung-neckar-odenwald.html. Im Main -Tauber-Kreis erhält man bei der Kreishandwerkerschaft Informationen unter Telefon 09341 9251-0. mb

Inzwischen ist es nach 7 Uhr geworden. Die Stimmung ist gut in der Backstube. Gesellen und Lehrlinge werfen sich Teigstücke zu, bis diese in der Brötchenform-Maschine landen. Diese kann in der Stunde 4000 Teiglinge abwiegen und formen. Sie ersetzt nach den Worten von Peter eine Arbeitskraft. Doch an diesem Morgen bereitet die Maschine Schwierigkeiten. Sedat, der erst seit wenigen Monaten in der Bäckerei Schlär arbeitet, muss sich von seinem Chef helfen lassen. Das angestrebte Arbeitsende um 8 Uhr kann er sich abschminken. Doch gegen 8.30 Uhr befinden sich die Brötchenteiglinge in der Tiefkühlung, die Geräte sind geputzt und aufgeräumt. Der Feierabend, der streng genommen ein Feiermorgen ist, kann beginnen.

Redaktion

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