Rodeo-Veranstaltungen - Der Wettbewerb zwischen Mensch und Tier wirbelt jede Menge Staub auf / Streit zwischen Rodeobetreibern und Tierschutzorganisationen

Cowboy-Mythos oder Tierquälerei?

Von 
Janek Mayer
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Rodeo-Veranstaltungen wie aktuell in Obrigheim polarisieren. Tierschützer und Rodeo-Betreiber können kaum noch in einen sinnvollen Dialog miteinander treten.

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Obrigheim. Für die einen ist es ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer, die Huldigung einer Ära mit harten Cowboys und rauchenden Colts. Für die anderen symbolisiert es den Spaß am Quälen, den nicht mehr zeitgemäßen Wettbewerb zwischen Mensch und Tier. Gegensätzlicher könnten die Positionen kaum sein. Rodeo-Veranstaltungen - wie aktuell das "Rodeo America" in Obrigheim - sind ein brisantes Thema und spalten auch in Deutschland die Betroffenen in zwei Lager mit derart gegensätzlichen Ansichten, dass kaum noch ein sinnvoller Dialog geführt werden kann.

Ursprünglich stammt das Rodeo mit seinen unterschiedlichen Disziplinen aus Nordamerika. Es lässt sich auf den Mythos des "Cowboys" zurückführen. Vor allem über Städte mit Stützpunkten der US-Armee verbreitete sich das Spektakel ab den 70er Jahren auch hierzulande. Laut Schätzungen des Deutschen Tierschutzbunds finden in Deutschland jährlich rund 20 Rodeo-Veranstaltungen statt.

Die dunkle Seite des Rodeos

Problematisch gestaltet sich immer wieder die Frage nach dem Tierschutz. Vereinigungen wie "Peta" und "Anti-Corrida" präsentieren in ihren Internetauftritten die dunkle Seite des Rodeos und fordern ein Verbot der Veranstaltungen. Mit Bilderserien dokumentieren sie deutliche Verletzungen an einigen Tieren und zeigen in kurzen Videoclips einen erschreckenden Umgang mit den Rindern und Pferden der Wild-West-Shows. "Anti-Corrida" verweist etwa auf den Einsatz eines "Elektroschockers" bei "Rodeo America", um einen störrischen Bullen aus seinem Käfig zu treiben. Sind die Tiere nicht gehorsam, so werden sie "häufig getreten und geschlagen", heißt es an anderer Stelle.

Dass hier allerdings lediglich die extremsten Fälle veröffentlicht sowie viele Mutmaßungen für bare Münze genommen und dem Leser als Tatsache präsentiert werden, führt bei den Rodeo-Befürwortern zu Kopfschütteln. Der erwähnte "Elektroschocker" stellte sich auf Nachfrage bei "Rodeo America"-Betreiber Dieter Brand als handelsüblicher Viehtreiber heraus, dessen Verwendung sogar von der land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft angeraten wird. "Nach kurzer Rückfrage beim Amtstierarzt wurde der Viehtreiber angewandt", rechtfertigt Brand den Einsatz bei seinem Rodeo.

Bereits 2010 habe er mit seiner Veranstaltung die Region besucht. "Auch damals gab es einen Riesen-Wirbel um das Rodeo", so Brand. Zur Aufführung kamen Berichterstatter und Veterinäramt zugleich. "Danach wussten die Presse und der Amtstierarzt, dass hinter dem Geschrei der Tierschützer nichts steckt", verweist der "Rodeo America"-Betreiber auf entsprechende Pressetexte und Gutachten. Nur zu oft fehle außerdem eine entscheidende Differenzierung zwischen Rodeos in Deutschland und im Ausland, bemängelt er. Entsprechend dem hiesigen Tierschutzgesetz wurden mehrere Disziplinen des amerikanischen Rodeos hierzulande komplett gestrichen oder zumindest entschärft.

Die Initiative Anti-Corrida prangert jedoch weiterhin den brutalen Einsatz von Sporen und die große Verletzungsgefahr beim "Wild Horse Race" an. Ein kurzer Hinweis auf bestehende Regelungen zugunsten der Tiere findet sich dann aber doch noch auf dem Internetauftritt: "Auch wenn der Flankengurt, die Sporen, Wild Horse Race und Bullenreiten in den meisten Bundesländern verboten sind, finden wir Rodeo immer noch schlimm."

Fragwürdige Anschuldigungen

Nicht alle Anschuldigungen der Tierschützer entsprechen also der Wahrheit: 2007 stellte die Dessauer Polizeidirektion im Zuge einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Rodeobetreiber Brand fest, "dass die Informationen, auf die sich Frau Mench (die Verantwortliche von Anti-Corrida, Anmerkung der Redaktion) berufen hat, so nicht gestimmt haben".

Natürlich fallen bei weitem nicht alle juristischen und politischen Entscheidungen zugunsten der "Cowboys" aus. Das Verwaltungsgericht Freiburg entschied 2010, dass bei einem Rodeo - trotz des diskutablen Status als Sportveranstaltung - die zur Schau gestellten Tiere sowohl vor erheblichen als auch vor "einfachen Schmerzen, Leiden oder Schäden zu schützen" seien. Damit einher geht das bereits erwähnte Verbot für den Einsatz von Sporen an den Cowboystiefeln. Die Verwendung des Flankengurts - von Tierschützern seit jeher als eine der teuflischsten Quälereien beim Rodeo angesehen - sei dagegen unbedenklich, so das Urteil.

Für die bei den Rodeos eingesetzten Pferde und Bullen herrscht trotz des Tierschutzgesetzes nicht immer eitel Sonnenschein. In der zirkusähnlichen Atmosphäre des Rodeos sind die Tiere einem enormen Stress ausgesetzt.

Zu den mutwilligen oder einkalkulierten Verletzungen, die den Rodeobetreibern angekreidet werden, kam es in den vergangenen Jahren in Deutschland jedoch nicht. Sowohl Veterinäramt als auch Tierschützer führen regelmäßig Kontrollen bei den Rodeos durch.

Ob jedoch eine Disziplin, "in welcher der Mensch versucht, in einem Kampf das Tier zu bezwingen" - so Thomas Schröder vom Deutschen Tierschutzbund - ethisch vertretbar ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

"Rodeo America" in Obrigheim

  • In Obrigheim auf der "Walde Ranch" gastiert aktuell das "Rodeo America".
  • Termine dafür sind jeweils an den Wochenenden des 9. und 10. und des 30. und 31. Mai sowie des 20. und 21. Juni.
  • Es bietet Veranstaltungen für Neueinsteiger und gestandene Cowboys.
  • Workshops gibt es zu Wildpferdreiten, Bullenreiten, "Barrel Race", "Flag Race" und "Pole Bending".
  • Weitere Informationen gibt es im Internet (www.rodeo-america.de) und per Telefon (0171/421 12 31).

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