Lauda FabrikGalerie

Werke mit einer nachhaltigen Wirkung

Jubiläums-Vernissage zur 150. Ausstellung fand viel Zuspruch. Ellen Keusen stellt ihre Werke aus

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ferö
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Bei der Jubiläums-Vernissage: Unter einem Kunstwerk mit Corona-Vergangenheit (von links): Saxofonist Christopher Schneider, Kontrabassist Simon Ort, Ellen Keusen, Barbara Kerschkowsky und Dr. Gunther Wobser. © Felix Röttger

Lauda. Viel Zuspruch fand die anregende Jubiläums-Vernissage, mit der die Lauda FabrikGalerie in den Räumen der Lauda Dr. R. Wobser mit filigranen Arbeiten der Düsseldorfer Künstlerin Ellen Keusen das Jahr 2023 festlich beschloss. Musikalisch begeisterten Christopher Schneider (Saxofon) und Simon Ort (Kontrabass) mit den drei voller Esprit interpretierten Jazzstandards „Alone Together“ von Arthur Schwartz, „Mr. P.C.“ von Miles Davis und „All The Things You Are“ von Jerome Kern aus dem Broadway-Musical „Very Warm for May“.

Erfolgsgeschichte

In seiner Begrüßung zur 150. Ausstellung blickte Dr. Gunther Wobser mit berechtigtem Stolz auf das kulturelle Schaffen der Galerie zurück, die sein Vater Dr. Gerhard Wobser mit einer herausragenden Idee ins Leben gerufen hatte, und erinnerte an die Anfänge: „1995 startete die Erfolgsgeschichte und die erste Künstlerin war Karin Besserer mit ihren venezianischen Fotografien.“ Es folgten Exponate vorwiegend regionaler, aber auch international renommierte Künstler unserer Gegenwart mit einem breiten Spektrum.

Dr. Wobser stellte dann den Kunstkalender 2024 vor, der erworben werden könne. Der Erlös werde großzügig aufgerundet und der Taubertäler Hilfsgemeinschaft zur Verfügung gestellt. Mit ihrem Vorsitzenden Jürgen Schmitt unterstützt diese seit 1997 weltweit kranke und hilfsbedürftige Menschen. Unter dem Motto „Art After Work“ gebe es inzwischen sechs Ausstellungen im Jahr.

Die vorweihnachtliche Zeit, so Dr. Wobser, sei nach seiner Erfahrung immer die hektischste und lauteste Zeit des Jahres. Dagegen würden die Werke von Ellen Keusen eine angenehme Ruhe ausstrahlen: „Erst bei einer näheren Auseinandersetzung werden die Dynamik und das kommunikative Element sicht- und erlebbar.“ Dr. Wobser dankte allen Mitwirkenden, die zum Gelingen des Abends beigetragen haben, und wünschte allen Gästen „eine erfüllende, in ihrer Wirkung langanhaltende Ausstellung.“

Im anregenden Zwiegespräch

Er hatte nicht zu viel versprochen, denn die ausgestellten Werke erschienen bei flüchtiger Betrachtung eher unspektakulär, entfalteten aber bei genauerer Betrachtung eine nachhaltige Wirkung. Es sind zerbrechlich wirkende, filigrane Arbeiten, darunter Zeichnungen von Menschen mit einer unfassbaren körperlosen Präsenz, die nach Barbara Kerschkowsky den Betrachter zum genauen Hinschauen und Entziffern der Werke auffordern. Die Journalistin konnte im Zwiegespräch viel Wissenswertes über die Konzeption und Entstehungsweise der Werkreihen von Ellen Keusen erfahren, mit der sie schon lange befreundet ist: „Im Frühjahr 2019 warst Du zum ersten Mal in diesen Räumen. Und ich erinnere mich sehr genau, wie ein Behälter mit Kupferstäben Dein Interesse weckte und wie fasziniert Du von diesem Werkstoff warst. Was ist aus den Kupferstäben geworden?“

Ellen Keusen meinte, die Rohre in ganz unterschiedlichen Formen hätten gleich ihr Interesse geweckt: „Sie verstehe sich in erster Linie als Zeichnerin und habe überlegt, was passiert, wenn eine Zeichnung in den Raum geht?“ Bei diesem wundervollen Kupfermaterial sei bei ihr ganz schnell die Vorstellung von einer irgendwie verbundenen Struktur entstanden. Das Ergebnis der künstlerischen Arbeit mit Kupfer und Papier war dann im Treppenhaus zu besichtigen.

Barbara Kerschkowsky erinnerte daran, dass damals Corona die Ausstellungspläne in der FabrikGalerie durchkreuzt hatte: „Wie hast Du die Veränderungen erlebt und wie bist Du an die aktuelle Ausstellung herangegangen?“ Keusen hob hervor, dass sie persönlich diese Zeit als extreme Isolierung erlebt habe. Genau am 13. März 2020, als die Ausstellung beginnen sollte, griffen alle Corona-Maßnahmen. Alles sei schön aufgebaut gewesen, aber niemand habe kommen können. Da sei irgendein Schuppentier weit weg von hier möglicherweise der Ursprung einer weltweiten Erkrankung geworden, was ihre optimistische Sichtweise auf die Verbundenheit der Menschheit radikal verändert habe. Auf einmal sei Nähe gefährlich und bedrohlich geworden. Die Ambivalenz der Nähe und Enge habe bei ihr zu einer großen Erschütterung und Verunsicherung geführt.

„Vernetzung“ als Leitmotiv

So ist es kein Wunder, dass Keusen „Vernetzung“ als Leitmotiv der Ausstellung mehrdeutig beschreibt: „Das Netz verbindet, es fängt auf, es fängt aber auch ein.“

Die 1947 Düsseldorf geborene und heute in Köln und Berlin lebende Ellen Keusen studierte an der Werkkunstschule Düsseldorf und an der Hochschule für bildende Künste Berlin. Ihre Werke wurden unter anderem im Kölner Museum Ludwig, in New York oder auch in der Kunstgalerie der renommierten Yale University in New Haven ausgestellt.

Insgesamt spiegeln die in Lauda ausgestellten Exponate verschiedene Phasen ihrer künstlerischen Schaffenszeit wider und faszinieren die Besucher mit einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit dem Thema Vernetzung. Einerseits bietet die Vernetzung die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und Informationen auszutauschen. Auf der anderen Seite verdeutlichen die Zeichnungen, dass Vernetzung auch Annäherungen verhindern, Grenzüberschreitungen einschränken und das Eindringen in fremde Sphären verhindern kann.

Barbara Kerschkowsky befragte die Künstlerin nach dem Einfluss auf diese Ausstellung in einer Firma, die mit ihren Produkten und einer Strahlkraft in viele Länder auch ein dauerhaftes kommunikatives Vernetzen des Unternehmens anstrebe.

Ellen Keusen hob die vielschichtige Bedeutung des Netzes hervor: „Es rettet, fängt Stürzende auf, trägt Hilflose. Gleichzeitig hält es Abstand, verhindert Zugänge, sperrt ein.“ Diese Ambivalenz zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Kunst und spiegelt die komplexen Facetten der Vernetzung wider. Die Fabrikgalerie ermöglicht eine faszinierende Reise durch die facettenreiche Gedankenwelt einer außergewöhnlichen Künstlerin. Gleichzeitig lag in der Ausstellung ein Buch auf, in dem die Künstlerin mehr als 600 Kindern, deren Vornamen sie in der Kölner Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus fand, mit einer prägnant-kurzen Ansprache jeweils eine Stimme gegeben hat. ferö

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