Lauda-Königshofen. Mehr als eine Stunde nahmen sich die Mitglieder des Gemeinderats am Montag Zeit, die Änderung der Hauptsatzung zu diskutieren und dann mehrheitlich zu beschließen. Damit wurde der Grundsatzbeschluss aus der Oktober-Sitzung, die unechte Teilortswahl abzuschaffen (wir berichteten), nun in Satzungsrecht gegossen. Mit der Mehrheit von 18 Stimmen von SPD/FB, FBL und Bürgermeister Dr. Lukas Braun und gegen die zwölf Stimmen der CDU wird bei der Kommunalwahl 2024 die reine Verhältniswahl angewandt.
Bürgermeister Braun sprach von einer Änderung mit stadtgeschichtlicher Bedeutung. „Die unechte Teilortswahl war vom Landesgesetzgeber als Übergangsmodell gedacht. Wir sprechen von der Beseitigung eines Übergangsinstruments nach einem halben Jahrhundert.“
Gleichzeitig wolle man den Gemeinderat schrittweise verkleinern. Statt der aktuell 29 Mitglieder aufgrund von Überhangmandaten solle das Gremium 2024 auf 26 Mitglieder, danach bis 2032 auf 22 Mitglieder abschmelzen. „Das ist eine vernünftige Größe“, verwies er auf den am längsten möglichen Zeitraum. Zudem wolle man die Gelegenheit zur Einführung eines Ortschaftsrats für Gerlachsheim und Oberlauda ergreifen.
Ablauf des Verfahrens
Braun rechtfertigte den zeitlichen Ablauf des Verfahrens und ging auf Modellberechnungen ein. Die Verwaltung sei dem Prüfauftrag der FBL vom Juli nachgekommen. Wesentliches Ergebnis war die vorhandene Unterrepräsentanz einzelner Stadtteile und damit keine Rechtssicherheit bei der Kommunalwahl (wir berichteten).
„Im Sinne der Rechtssicherheit ist die Aufhebung der unechten Teilortswahl empfehlenswert.“ Braun verwies auf nichtöffentliche Beratungen am 17. Oktober und eine Information an Gemeinderäte und Ortsvorsteher am 23. September.
Auch wollte er die Angst zerstreuen, dass kleine Stadtteile untergehen. „Wir alle sind aufgefordert, diese Befürchtungen in den kommenden Jahren zu entkräften.“ Maßnahmen würden nicht nach Stadtteilen, sondern nach Dringlichkeit und Umsetzbarkeit priorisiert. Die Ortschaftsräte vertreten 27 Prozent der Bevölkerung, man habe aber auch für die anderen 73 Prozent zu entscheiden. „Ich bitte sie daher, im Jahr 48 nach dem Zusammenschluss der Städte Lauda und Königshofen das Übergangsinstrument der unechten Teilortswahl aufzuheben und den Weg in eine rechtssichere Wahl zu ebnen.“
Fachbereichsleiterin Sabine Baumeister stellte die geplanten Änderungen der Hauptsatzung vor. Dabei geht es auch um die Korrektur von Gemarkungsgrenzen. Damit zählen künftig die Grenzen der Stadtteile, etwa bei der Bildung von Wohnbezirken, und nicht wie bisher der früheren Gemeinden. Gleichzeitig regelt die Hauptsatzung nun die Einführung der Ortsverfassung für Oberlauda und Gerlachsheim. „Es verliert niemand seinen Sitz in der laufenden Periode.“ Baumeister hatte sich nach der Information der Ortsvorsteher im September gewundert, dass keine Rückmeldung aus dem Kreis kam.
Porzellan zerschlagen
Jürgen Segeritz, Ortsvorsteher von Unterbalbach, widersprach. Die Information sei nichtöffentlich erfolgt. „Ich konnte mein Gremium nicht informieren.“ Die Worte des Bürgermeisters hätte er sich vor der Grundsatzentscheidung gewünscht, um den Bürgern das Vorgehen näher zu bringen. „Die Ortschaftsräte fühlen sich übergangen, nicht ernst genommen. Es wurde Porzellan zerschlagen“, monierte er die Vorgehensweise. „Bürgerbeteiligung ist nicht Aufgabe der Fraktionen, es ist eine Bringschuld der Verwaltung“, sagte er mit Blick auf Hubert Segeritz, der sich angeboten hatte, in den Ortschaftsratssitzungen die Lage zu erläutern.
Harsche Kritik kam von der CDU. Fraktionsvorsitzender Marco Hess monierte erneut den Zeitplan, „auch wenn sie versuchen, das schön zu reden.“ Bei einem Thema von solcher Tragweite wäre es nicht falsch gewesen, die Fraktionen zu informieren. Der zeitliche Ablauf, die Ortschaftsräte richtig zu beteiligen, sei gegeben gewesen. „Eine endgültige Entscheidung hätte man treffen können, wenn alle Stellungnahmen vorgelegen hätten. Er vermisste Transparenz, Kommunikation und auch eine Infoveranstaltung. „Wie das Verfahren abgelaufen ist, nimmt man keinen Bürger glaubwürdig im Willensbildungsprozess mit.“
Erneut präsentierte Hess einen Änderungsantrag mit neun Wohnbezirken unter Beibehaltung der unechten Teilortswahl. Der Antrag wurde bei 18:12-Stimmen abgelehnt. Versöhnliche Töne kamen von Philipp Hahn (CDU), der wieder zu sachlichen Argumenten zurückkehren wollte.
Anita Spinner (FBL) sah in der Abschaffung der unechten Teilortswahl die Chance zum weiteren Zusammenwachsen der Stadtteile. Bürgermeister Braun sicherte ihr zu, Sprechstunden in den kleinen Ortsteilen durchzuführen und er betonte die Bedeutung der Ortschaftsratsgremien. „Hochgepuscht“ fand Hubert Segeritz das Thema und ging auf das CDU-Modell ein, das den Vorgaben zur Rechtssicherheit widerspreche.
Nachvollziehen konnte Jörg Aeckerle, Fraktionsvorsitzender von SPD/FB, die Kritik an der zeitlichen Abfolge. „Uns geht es um Rechtssicherheit“. Die Stellungnahmen der Ortschaftsräte seien wichtig, deshalb schlug er vor, die Protokolle aus deren Sitzungen künftig an die Gemeinderäte weiter zugeben.
„Die Abschaffung der unechten Teilortswahl wird in der Bevölkerung unterschiedlich wahrgenommen. Aber kaum einer geht auf die Straße dafür“, zog Reinhard Vollmer Parallelen zur Aufbereitungsanlage in Gerlachsheim. Man wolle die Hauptsatzung ändern mit dem Ende der unechten Teilortswahl, um Rechtssicherheit zu haben. „Bei der nächsten Kommunalwahl lassen wir die Bürger sprechen“, so Vollmer.
Im Zuge der Änderung der Hauptsatzung wurde die Umgemarkung der Baugebiete „Schreier II“ und „Schreier III“ in Marbach nachträglich legitimiert. Denn „Schreier II“ liegt auf Gemarkung Lauda, „Schreiner III“ auf Gemarkung Königshofen. Gerd Holler (FBL) schrieb den Kollegen ins Stammbuch, das Kirchturmdenken zu beenden. „Lauda gibt was ab, Königshofen gibt was ab, es gewinnen alle.“
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