SuedLink - Im Taubertal laufen derzeit die Untersuchungen für die geplante Stromtrasse des SuedLink von Brunsbüttel nach Großgartach

Tiefer Blick in den Untergrund bei Lauda

Die Bohrgeräte hämmern unentwegt. Der Untergrund für die geplante Gleichstrom-Erdkabelverbindung SuedLink wird untersucht. Dazu muss auch die Tauber unterquert werden.

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Diana Seufert
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Die Strom-Autobahn SuedLink soll auch durch den Main-Tauber-Kreis führen. Bei zahlreichen Untersuchungen und der Unterquerung der Tauber wird derzeit der Untergrund sehr genau unter die Lupe genommen. © Seufert

Lauda-Königshofen. Fein säuberlich liegen die Bohrkerne in ihrem Holzkasten – Stücke von jeweils einem Meter Länge. Die Boden- und Fels-Blöcke in unterschiedlichen Schattierungen und Grau-Tönen geben einen Blick auf den Untergrund frei. Das Ziel: eine detaillierte geologische Untersuchung der Gesteine und daraus resultierend die optimale SuedLink-Trasse.

Für die Windstromtrasse zwischen Brunsbüttel und Großgartach bei Heilbronn finden derzeit umfangreiche Baugrunduntersuchungen statt. Auf dem Korridor von rund 1000 Metern, den die Bundesnetzagentur festgelegt hat, soll so der konkrete Trassenverlauf gefunden werden. Damit bei den eigentlichen Bauarbeiten für die spätere Kabelverlegung keine „Überraschungen“ auftauchen, wird gründlich vorbereitet. Verschiedene Bohrungen wurden dazu auch im Nahbereich der Tauber gemacht.

Besonderes Vorhaben

Dr. Christoph Prager, Ingenieurgeologe bei ILF Consulting Engineers Austria aus Rum bei Innsbruck, hat sein Büro vorübergehend nach Möckmühl verlegt. Zusammen mit Sanel Cerimagic, Oberbauleiter bei Eder Brunnenbau, betreut er das Vorhaben und ist häufig an den Bohrstellen im Taubertal anzutreffen. Auch für die beiden ist dieses Vorhaben etwas Besonderes.

Prager erklärt, wie letztlich die Erdkabel verlegt werden: „Die meisten Abschnitte erfolgen in offener Bauweise“: Dafür hebt ein Bagger einen Graben aus, das Kabel wird verlegt, der Graben dann wieder rückverfüllt und das Gelände rekultiviert“. Bei einem natürlichen Hindernis wie der Tauber ist das nicht möglich. Um möglichst keinen Einfluss auf das Gelände und die Umwelt zu nehmen, werde der Fluss in rund 20 bis 25 Metern Tiefe unterquert – je nach geologischen Verhältnissen – und zwar in sogenannter geschlossener Bauweise: Mittels einer horizontalen Richtspülbohrung („HDD“) soll der Fluss also bogenförmig passiert werden. „Die Kunst besteht darin, herauszufinden, wo dies optimal geschehen kann.“ Und dazu seien die zahlreichen gezielten Erkundungsbohrungen nötig.

Windstrom-Autobahn SuedLink in Zahlen

Um Windstrom von der Nordsee nach Süddeutschland zu befördern, wurde der SuedLink als Gleichstrom-Erdkabelverbindung vorgesehen. Damit ist er ein Puzzleteil der geplanten Energiewende. Umgesetzt wird das zehn Milliarden Euro teure Vorhaben von den beiden Trägern TransnetBW und Tennet.

SuedLink besteht aus zwei Gleichstromleitungen zwischen Wilster und Bergrheinfeld/West sowie Brunsbüttel und Großgartach (Leingarten), die parallel geplant, gebaut und betrieben werden. Beide Verbindungen werden über einen Großteil ihrer Strecke, der sogenannten Stammstrecke, nebeneinander verlegt“, heißt es auf der Internetseite von TransnetBW.

Festgelegt wurde der 1000 Meter breite Trassenkorridor für die Gleitstromverbindung von der Bundesnetzagentur. Insgesamt soll eine Länge von rund 700 Kilometern zurückgelegt werden.

Aktuell befinden sich die Vorhaben im Planfeststellungsverfahren, in dem der konkrete Leitungsverlauf innerhalb des festgelegten Korridors gesucht wird. Nach dem Abschluss 2028 können vier Gigawatt an Strom transportiert werden. Nähere Infos gibt es unter www.transnetbw.de/suedlink sowie bei der Bundesnetzagentur unter www.netzausbau.de. dib

Eine davon erfolgt direkt am vielbefahrenen Radweg zwischen Lauda und Distelhausen. Immer wieder werfen die Radler einen Blick auf das acht Meter hohe Bohrgerät am Fluss. Zu den neugierigen Blicken kommen auch neugierige Fragen. „Was machen sie hier, bohren sie nach Öl?“, wollen einige scherzhalber wissen. Schmunzelnd folgt die Auskunft, dass es sich „nur“ um Untersuchungen für eine erdverlegte Stromtrasse handelt.

Mit schwarzen Überfahrmatten wird der Untergrund geschützt, auf dem sich die Bohrmaschinen bewegen. „Wir wollen weder die Humusschicht noch den Unterboden verletzten“, machen die Mitarbeiter der Spezialfirma deutlich. Froh sind sie, dass es hier vor allem flache und gut erreichbare Bohrstellen gibt, ohne große Herausforderungen.

Im Taubertal treffen die Geologen vorwiegend auf unteren Muschelkalk. Gebohrt wird in regelmäßigen Abständen von 100 bis 200 Metern und vor allem an verschiedenen neuralgischen Punkten entlang der geplanten Strecke, verraten die Experten. Mit den Bohrkernen ist der Geologe hier sehr zufrieden – auch wenn es immer wieder Gesteinsabschnitte mit Klüften und Verwitterungserscheinungen gebe. „Auf diese Zonen und auf Grundwasser wird besonderes Augenmerk gelegt“, erläutert Prager. Nur vereinzelt sei man auf nicht so gutes Material gestoßen. „Eine Bohrung allein sagt noch nichts aus“, so Prager. Wenn aber in der Nähe geologisch schwierige Gebirgsverhältnisse mehrfach auftauchten, müsse man sich überlegen, lokal die Trasse gegebenenfalls zu verlegen. Für das Taubertal sei das nach derzeitigem Kenntnisstand aber nicht zu befürchten.

Dichtes Raster

Auf dem 1000 Meter breiten Korridor an der mittleren Tauber gebe es Klüfte und bekannte Grundwasservorkommen. Deshalb werde das Raster für die Bohrungen dort dichter. „Spannend wird es aber, was sich rund zehn Meter über und unter dem angedachten Leitungsverlauf ergibt.“ Denn jede Querung von Flüssen ist immer individuell, ein Verfahren nach Schema F gibt es nicht. Und Karsthohlräume, die vor allem in Baden-Württemberg vorkommen, will man natürlich vermeiden. Deshalb sei es wichtig zu wissen, wo sich mögliche Karstgesteine oder auch gipsführende Schichten befinden.

Fein säuberlich aufgereiht liegen die Bohrkerne im Holzkasten, die Dr. Christoph Prager (Zweiter von links) und Sanel Cerimagic (rechts) zusammen mit Julia Krieg von Transnet BW begutachten. © Diana Seufert

Auf der 79 Kilometer langen Strecke von Gerchsheim an der Landesgrenze zu Bayern bis nach Bad Friedrichshall, dem Planfeststellungsabschnitt E2, stehen insgesamt 500 solcher Kernbohrungen an. Dazu kommen weitere 250 Bagger-Schürfgruben. Bei jedem Bohrvorgang werden – je nach Lokalität – verschiedene Bohrlochversuche und -messungen durchgeführt, sowie rund 30 bis 35 Meter Material entnommen, die anschließend geologisch dokumentiert und zum Teil im Labor weiter untersucht werden. Insgesamt kommt man auf rund einige Tausend Meter handtellerbreite Bohrkerne. Nur ein Teil davon wird, nach erfolgter Dokumentation und Beprobung, schließlich als „Rückstellprobe“ eingelagert. „Mit dieser Gründlichkeit bei der Voruntersuchung werden wir die Risiken beim Bau der Stromtrasse möglichst minimierten“, macht Prager deutlich.

Bohren in gesundem Fels

Basierend auf den „hervorragenden Bohrkern“-Aufnahmen erstellen die Geologen ein geologisches Schichtenverzeichnis mit Koordinaten und den verschiedenen Daten, wann wo und wie gebohrt wurde. Zudem wird ein Gebirgsmodell erstellt mit der räumlichen Verbreitung der verschiedenen Locker- und Festgesteine. „Wir wollen für die Trasse am besten nur in gesunden Fels und Gebirge bohren“, sagt Prager. Untersucht werden aber auch die Härte des Gesteins sowie dessen Abrasivität, also wie hoch der Widerstand und Verschleiß beim späteren Einsatz der Bohrwerkzeuge ist, ebenso die geochemische Zusammensetzung. „Und weil in den Kabeln Strom fließt und sie warm werden, sind auch Wärmeleitfähigkeit und -abbau der Gesteine ein wichtiger Punkt.“

Je nach Bohrtiefe verbringen die Arbeiter durchschnittlich etwa fünf bis sechs Tage an einem Bohrloch, machen teilweise auch Pumpversuche mit Grundwasser, erzählt Sanel Cerimagic. Pro Tag werden rund 15 Meter geschafft, falls es keine großen Schwierigkeiten, etwa Wasserverluste zu verzeichnen gibt. Denn um die Bohrkrone im Festgestein voranzutreiben, wird Trinkwasser für die Kühlung benötigt. Kommt das wieder nach oben, wird es recycelt und für die nächsten Bohrvorgänge verwendet. Aber manchmal verschwindet auch ein Teil im Untergrund. „Trinkwasser deswegen, weil wir ja zum Teil im Grundwasserbereich arbeiten und etwaige Probleme mit einer möglichen Verschmutzung vermeiden wollen“, erklärt Cerimagic. Der Ist-Zustand dürfe nicht verschlechtert werden.

Wirklich Unvorhergesehenes habe man bisher nicht gefunden, betont Prager. Nur einmal sei man – erwartungsgemäß – im Untergrund auf sogenanntes „gespanntes Wasser“ gestoßen, das beim Anbohren sofort in die Höhe aufgestiegen sei. „Damit wissen wir, wo hier die hydrogeologisch sensiblen Bereiche liegen, die wir nicht durchbohren, vor allem nicht später beim Bau der Erdkabeltrasse.“ Mit abbaubaren Mineralien sei im Taubertal nicht zu rechnen, meint Prager.

Auf viele unangenehme „Überraschungen“ müssen sich hoffentlich weder er noch seine Kollegen einstellen.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

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