Lauda. Sie sind begeisterte Fahrradfahrer und nutzen fast jede freie Minute, um in die Pedale zu treten: Die Mitglieder des Radtreffs Lauda sind ziemlich „Rad-verrückt“, wie sie selbst mit einem Augenzwinkern von sich sagen. Das Taubertal und seine Seitentäler kennen sie wie ihre Westentasche, aber auch den Alpenraum und die italienische Adriaküste haben sie bei zahlreichen Ausfahrten schon erkundet.
„Was schenken wir Deinem Radkumpel Dieter zum Geburtstag?“, fragte Sita Rosenberg 2021 ihren Mann Lothar. Die Idee, ein Radbuch als Gruppe selber zu schreiben, war geboren. Zwei Jahre später sind zwei Bücher fertig.
Über 1000 Fotos
„Rad ab – Chronik“ illustriert auf mehr als 200 Seiten vier Jahrzehnte Radtreff und Radsport im Taubertal. Gebildet hat sich die Gruppe in den 1980er Jahren. „Damals haben wir uns sonntags an der Tankstelle Mott zum Start unserer Touren getroffen“, erinnert sich Volker Mott. 60 bis 70 Kilometer ist man im Taubertal gefahren. Die Brüder Karl und Kurt Mott, als Fahrradhändler selbst begeistert von dem Sport, waren oft mit von der Partie. Mit drei bis vier Leuten war die Gruppe noch klein, in Spitzenzeiten fuhren später bis zu 25 Teilnehmer mit. Anfang der 1990er Jahre schlossen sich auch einige Frauen an.
Dass es so viele „Pedalritter“ gab, ist Volker Mott und Matthias Götzelmann mit zu verdanken. Sie haben sich anfangs um die Organisation der Ausfahrten gekümmert. „Wir hatten den Ruf, die Verrückten aus Lauda zu sein“, lächelt Werner Mott, der gut 10 000 Kilometer pro Jahr im Sattel verbringt. Er ist auch Mitglied der Dittigheimer Radsportgruppe, zu der man ebenso wie zu Sportlern aus Edelfingen mit Dieter Bauers jährlicher 24-Hügel-Tour gute Beziehungen pflegt.
Einzelne Fotos gibt es aus den 50-er Jahren und dann von 1988 bis 2022. Ab Herbst 2021 hat die Radgruppe diese Schätze zusammengetragen. Neben nahezu 1000 Fotos werden hier Radrennen gelistet, Radausfahrten, Radmarathons und unterschiedliche Touren im In- und Ausland. Ab 1993 folgte die jährliche Trainingswoche in Cesenatico an der Adria, mit einem Mix aus Bergtouren in den Apennin und Flachstrecken in der Po-Ebene und an der Küste. „In der Chronik sind viele Erinnerungen festgehalten“, sagen die Drei.
Flexibilität der Gruppe
„Vieles hat sich verändert, so zum Beispiel, dass wir anfangs noch keine Helme hatten“, sagt Werner Mott. Heute sei das undenkbar. Damals habe man auch Tagestouren mit bis zu 200 Kilometern durchgezogen, was man mit über 60 Jahren nicht mehr anstrebe, sagen die beiden Motts. Die Flexibilität ist aber geblieben – und das schätzen die Radfahrer an ihrer lockeren Gruppierung.
Durch die Arbeit an der Chronik wurden immer wieder Geschichten aus der Erinnerung wach: Von Ausfahrten in der Region und den von Werner und Christiane Mott organisierten italienischen Trainingswochen und Touren wurde erzählt. „Und es kamen Anekdoten über die Brüder Kurt und Karl Mott.“ Für Rosenberg war dies die Grundlage für das zweite Buch mit Radgeschichten aus der Feder von neun Autoren. Was sie beim Radfahren erlebt haben und sie zum Schmunzeln und zum Nachdenken gebracht hat, haben Peter Fröhlich, Thomas Kemmer, Dieter Moll, Volker Mott, Werner Mott, Wolfgang Nixdorf, Lothar Rosenberg, Daniel Stehula und Rolf Tack in 28 abwechslungsreiche Geschichten gepackt. Darunter sind auch Berichte der leidenschaftlichen Radsportler Peter Fröhlich und des Ultralangstreckenfahrers Rolf Tack mit bis 500 Kilometer am Tag.
Ironisch, schräg und interessant
„Rad ab – Radgeschichten“ nennen die neun Autoren ihr Buch, das in Teamarbeit entstanden ist. Der Titel „Rad ab“ darf für sie durchaus zweideutig verstanden werden. „Wir haben schon manchmal ein Rad ab“, scherzen Lothar Rosenberg, Werner Mott und Volker Mott. Den freundlich-schlitzohrigen Rad-Oldies Kurt und Karl Mott wurde ein eigenes Kapitel gewidmet. So wird Kurt Mott nach einem schweren Sturz mit Schürfwunden an den Händen zitiert: „Gott sei Dank muss ich morgen keine Fingernägel schneiden“. Und Rosenberg erinnert sich an eine Ausfahrt nach Boxberg. An einer Steigung wollte er an Mott vorbeiziehen. Doch der fasste gekonnt die Schulter des Jüngeren und verwickelte ihn in ein Gespräch, so dass er sich dem langsameren Tempo Motts anpassen musste.
In dem Buch dürfen auch „schräge Berichte, etwa über eine Schlange, die sich im Hinterrad breit gemacht hatte“, nicht fehlen. Der Schweizer Daniel Stehula, der freundschaftliche Verbindungen zum Radtreff Lauda hegt, steuerte eine selbstironisch-heitere Geschichte mit lauter Pannen bei, etwa dass er in Alpe d’Huez seine Radschuhe für die Klickpedale vergessen hatte und nicht fahren konnte. „Pannen liefern die schönsten Geschichten“, lächelt Rosenberg. Dazu gesellen sich literarisch angehauchte Texte aus den Niederlanden, der Heimat von Sita Rosenberg, sowie dem Memelgebiet, wo Lothar Rosenbergs Vorfahren gelebt haben. „Die Radgeschichten wollen Lust machen auf das Hobby und die Gruppenerlebnisse“, beschreiben die Drei ihre Intention.
Sie haben viel Spaß auf dem Bike – und das wollen sie auch anderen vermitteln. Gruppen werden nach Können und nicht nach Geschlecht zusammengestellt. Ihr Motto ist klar: „Wir fahren zusammen los und wir kommen alle zusammen an.“ Am Berg ziehe sich die Gruppe auseinander, in der Ebene sei man wieder zusammen. Rücksicht auf Teilnehmer mit weniger Kondition ist für sie selbstverständlich. Und es zählt die Aussage von Kurt Mott: „Wir fahren nicht gegeneinander, sondern miteinander.“
E-Bike kein Manko
Dass manch einer dann zum Rad mit unterstützendem Motor greift, ist für sie kein Makel. „Hautsache, es wird überhaupt geradelt“, ist man sich einig. Durch E-Bikes sehe man aber auch Radler in Regionen, wo sonst nur Rennradfahrer unterwegs gewesen seien, pflichtet Volker Mott bei. Er hat vor Jahren schon mal die Strecke Freiburg-Lauda in einem Stück zurückgelegt.
Was fasziniert die Drei am Radfahren? Wie Rosenberg, der früher von Lauda nach Bad Mergentheim mit dem Rad pendelte, schätzen alle nicht nur das ungebundenere Unterwegs-Sein, sondern auch, den Kopf frei zu bekommen. Man nehme die Landschaft auf zwei Rädern anders, intensiver wahr als im Auto, und werde auf dem Radweg nicht von Ampeln aufgehalten. Für Volker Mott ist es die optimale Mischung: Schneller als wandern, langsamer als Autofahren. Der Schelm sitzt allen Drei irgendwie auch dabei im Nacken.
Ernst werden sie beim Thema Radwege im Kreis. Es gebe auf der Taubertal-Achse gute Verbindungen, aber auf den Nebenstrecken wünsche man sich einen Ausbau. Das Vorbild Niederlande mit klarer Trennung von Radwegen und Autoverkehr finden sie sinnvoll.
Geradelt wird immer noch regelmäßig sonntags. Momentan zählt die Gruppe rund zehn Personen – im mittleren Alter bis Rentenalter. Radbegeisterte Neulinge werden gerne integriert. „Wir wollen andere ermuntern, dass zu tun, was uns schon lange Spaß macht“, sagen die drei Laudaer.
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