Geplante Gesetzesänderung - Das Udo-Lindenberg-Double Rudi Wartha aus Lauda engagiert sich seit Jahren als Organempfänger bundesweit für die Widerspruchslösung

„Hinterm Horizont geht’s weiter“

Von 
Martin Herrmann
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Der Bundestag entscheidet an diesem Donnerstag über die Entwürfe zum neuen Organspende-Gesetz. Einer, der sich seit Jahren bundesweit für Organspenden einsetzt, ist Rudi Wartha aus Lauda.

Lauda-Königshofen. Rudi Wartha aus Lauda ist nierenkrank. Nach langen Jahren der Dialyse erhielt er 2010 eine Spenderniere. Jetzt lebt das Udo-Lindenberg-Double seinen Bühnentraum und engagiert sich gleichzeitig für die Deutsche Nierenstiftung. Wartha hat eine zermürbende Wartezeit auf eine Spenderniere durchlitten und findet die geplante Gesetzesänderung hin zur Widerspruchsregelung bei der Organspende als „dringend notwendig und längst überfällig.“

Udo-Hut, Udo-Sonnenbrille, Udo-Anzug. Dazu die unverwechselbare, schnoddrige Stimme, laszive Bewegungen und flotte Sprüche - Udo Lindenberg live. Oder doch nicht? Auf der Bühne tänzelt eigentlich Rudi Wartha, alias Panik-Pate, so sein Künstlername. Kaum zu unterscheiden vom Original. Er ist so gut, dass er inzwischen mit dem großen Meister immer wieder gemeinsam auf der Bühne stehen darf.

Wer Wartha rocken sieht und hört, wird kaum vermuten, dass er nicht gesund ist. Er blickt auf eine lange Leidensgeschichte zurück, an deren glücklichen Ende eine neue Niere und ein neues Leben standen. Es begann 1999, als er bei einer Jugendfreizeit der KjG Lauda zusammenbrach. Schon längere Zeit hatte er sich müde und schlapp gefühlt. Bei einem Nierenfunktionstest im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim wurde eine Niereninsuffizienz diagnostiziert.

Notfalldialyse rettete sein Leben

„Das war ein unglaublicher Schock. Vier Jahre konnte ich die Dialyse durch spezielle Ernährung hinauszögern“, erinnert sich Rudi Wartha. Wenig Eiweiß, Kalzium, Phosphat und Natrium. Das funktionierte bis 2003. Dann hat die Niere versagt. Eine Notfalldialyse rettete sein Leben. Doch eines war klar: Damit hatte sich der Alltag grundlegend geändert.

Trotzdem erkämpfte sich Rudi Wartha mit Unterstützung der Nephrologischen Schwerpunktklinik im Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim durch Anwendung der Bauchfelldialyse die notwendige Freiheit. Mit dem „Panik-Mobil“, einem alten VW-Bus, tourte er Lindenberg hinterher, bei dessen Konzerten er häufig mit zum Programm gehört. „Ich habe morgens im Hotel dialysiert, mittags im VW-Bus auf der Autobahn, dann nach dem Soundcheck und nachts um zwei Uhr, wenn ich wieder im Hotel war.“ In der Zwischenzeit war er Teil der Udo-Show.

Vier Jahre ging es Rudi Wartha mit der Baufelldialyse gut. Dann gab es nur noch die Blutwäsche als Option, bei der die Patienten alle zwei Tage in ein Dialysezentrum kommen müssen, um für sechs Stunden an spezielle Apparate angeschlossen zu werden. Der Panik-Pate ließ sich auch davon nicht unterkriegen. Bei den Lindenberg-Touren lernte er Dialysezentren in ganz Deutschland kennen – und stand weiter mit seinem Idol auf der Bühne.

Im November 2010 kam die erlösende Nachricht: Das Transplantationszentrum in Heidelberg meldete, dass eine passende Spenderniere zur Verfügung steht. Am nächsten Morgen wurde transplantiert. Zunächst gab es Komplikationen mit dem neuen Organ und auch die Medikamente zeigten erhebliche Nebenwirkungen.

Bundesweite Vorträge in Schulen

Die neue Niere hat die Lebensqualität von Rudi Wartha trotzdem nachhaltig verbessert. Mit seinen Auftritten als Panik-Pate setzt er sich auch für die Deutsche Nierenstiftung ein und wirbt für die Organspende. Er hält Vorträge in Schulen und engagiert sich auch für die Udo-Lindenberg-Stiftung, die soziale und humanitäre Projekte unterstützt.

„Wir brauchen die Widerspruchslösung,“ appelliert er. Denn es gebe viel zu wenig Spenderorgane für eine viel zu lange Warteliste. Jeden Tag würden drei Patienten sterben, weil nicht genügend Spenderorgane verfügbar sind und er gibt zu bedenken: „Krank werden kann jeder. Eine Organtransplantation ist für schwerkranke Menschen oft die einzige Möglichkeit auf Lebensrettung oder Linderung eines schweren Leidens.“

Während mehr als 10 000 Patienten in Deutschland auf ein lebensnotwendiges Organ warten, hat die Zahl der Spender in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen – mit einem Tiefststand 2017, als gerade einmal 797 Personen Organe spendeten. Bisher gilt in Deutschland die sogenannte Entscheidungsregelung. Nur, wer sich bewusst zu Lebzeiten zu einer Organspende bekennt, kann Spender werden.

Eine Widerspruchsregelung hingegen würde jeden automatisch zum potentiellen Organspender machen, sofern er oder seine Angehörigen nicht widersprechen. In 21 europäischen Ländern wird die Widerspruchslösung bereits mit großem Erfolg angewandt. Erhebliche Bedenken wegen „Einschnitten in die Entscheidungshoheit des Einzelnen“ haben die Kirchen, Ethiker und Angehörigenverbände. Wie die Entscheidung im Bundestag ausfällt wird sich nun zeigen.

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