Gerlachsheim. Der Zweite Weltkrieg erreichte am Ostersonntag, 1.April 1945, auch Gerlachsheim. Bei den Gefechten wird das Chausseehaus von amerikanischen Panzern in Brand geschossen und brennt bis auf die Grundmauern nieder. Drei weitere Häuser in der Nähe werden beschädigt. Bei dem Kämpfen fallen drei deutsche Soldaten - sie finden ihre letzte Ruhe auf dem Gerlachsheimer Friedhof.
Das katholische Pfarramt in Gerlachsheim hat die Ereignisse des Ostersonntags 1945 niedergeschrieben. "In der Nacht von Karsamstag auf den Ostertag hört man ohne Unterbrechung in unmittelbarer Nähe den Donner der Geschütze. Doch der Ostermorgen kam und der Feind war noch nicht da. Auch die Stunden des Vormittags verflossen ohne besondere Ereignisse.
Gegen 1 Uhr mittags drang in unsere Keller die Nachricht, amerikanische Panzer würden gegen das Dorf herangefahren kommen. Alles in höchster Spannung. Am Eingang des Dorfes im Westen kam es zu einer Schießerei, welcher die dort befindliche Chausseewirtschaft zum Opfer fiel. Sie brannte völlig nieder, während drei in der Nähe gelegene Häuser lediglich geringen Dachschaden erlitten.
Der NSDAP-Ortsgruppenführer und Bürgermeister Adam Frank ging mit weißem Fähnchen zum westlichen Dorfausgang und übergab das Dorf dem Feind. Kein weiterer Schuss fiel mehr. Das Dorf war gerettet, ebenso seine wertvolle Kirche und das Pfarrhaus, die unbeschädigt blieben. Um 2 Uhr mittags war das Werk der Besetzung vollendet."
An die Ereignisse um das Chausseehaus, sein Elternhaus, erinnert sich noch gut der damals 13-jährige Herbert Günther: Zwei deutsche Soldaten hatten an der Scheune des Anwesen Ziegel abgedeckt, um die herannahenden Amerikaner beobachten zu können. Als diese hinausschauten wurden sie von den herannahenden amerikanischen Truppen entdeckt - diese begannen sofort auf das "feindliche" Ziel zu schießen. Die Familie hatte sich bereits zum Schutz in den Keller des Hauses zurückgezogen.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich im Gebäude die Mutter, die beiden Söhne Herbert und Erich sowie die Tante Berta Klingert.
Nach den ersten beiden Treffern setzten sich schließlich die beiden deutschen Soldaten ab. Nach dem sechsten Schuss, der in der Scheune einschlug, geriet das dort befindliche Heu in Brand. Das Feuer griff schließlich auch auf das Haus, das sich direkt an der Straße am westlichen Ortseingang von Gerlachsheim befand, über. Zusammen mit seinem Cousin, der im Osterurlaub Möbel zur Auslagerung nach Gerlachsheim gebracht hatte, versuchte er noch vergeblich, das Feuer zu löschen.
Die Familie verließ schließlich das Haus und eilte in die "kampffreie" Zone zum Anwesen des Erbhofbauers Baumann. Die dortige Familie hatte für das Osterfest einen Plootz gebacken. Plötzlich kamen Amerikaner ins Haus und sahen den Blechkuchen.
Die überraschten Deutschen mussten ihnen ein Stück Kuchen herunterschneiden und diesen schließlich bis auf das letzte Stück an die Amis verteilen.
Am Abend gingen die "Ausgebombten" schließlich ins Gasthaus "Zum goldenen Stern" das den Großeltern Heinrich und Ida Zipf gehörte. Hier kam die Familie für die nächsten Jahre unter.
Der Vater Josef Günther war bereits Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner zusammen mit einem weiteren Bauern und einem polnischen Knecht von der Wehrmacht mit drei Gespannen zum Abtransport von "wichtigen Militärgütern" nach Giebelstadt verpflichtet worden. Die Gerlachsheimer landeten schließlich nach Tagen in Waging am See.
Die Rückreise war durch die ständige Verschiebung der Front eine endlose Odyssee, die am Ende über zwei Monate dauern sollte. Erst bei seiner Rückkehr erfuhr Josef Günther in der Nähe von Weikersheim, was aus seinem Anwesen geworden war. Die Schuhe waren dermaßen zerfleddert, dass er diese mit Drähten zusammenhalten musste. Das ganze Hab und Gut der Familie wurde bei der Zerstörung des Hauses Opfer der Flammen.
Im Forsthaus in Gerlachsheim waren amerikanische Offiziere untergebracht und da gab es auch immer wieder mal etwas zu verdienen, erinnert sich Herbert Günther und so landete auch mal eine "Extraverpflegung" in der Tasche.
Als ein Amerikaner mit seinen auf Hochglanz polierten Schuhen durch Gerlachsheim marschierte und er dabei die zerschlissenen Schuhe seines Vaters sah, ergriff er die Initiative und "organisierte" diese in einem günstigen Moment. Die Gamaschen musste der Vater unter der Hose verbergen aber er hatte wieder festes Schuhwerk. ubü
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