Geschichte - "Der bäuerliche Esel will keinem Herrn meh´ gehorchen#2026" / Freilichttheater und Drehbücher mit lokalem Bezug

Bauernkrieg als tragisches Schauspiel

Von 
Bernhard Geisler
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Die Bachmühle von Königshofen, in der Otto Müller 1886 geboren wurde. Am 1. April 1945 wurde die "Kunstmühle" durch die Kampfhandlungen in Brand geschossen und vollständig zerstört.

© Sammlung Geisler

Königshofen. Den Bauernkrieg gesamthaft zum Inhalt eines wie auch immer gearteten Theaterstücks machen zu wollen, ist ein schier unmögliches Unterfangen. Schließlich dauerte der "Kampf des gemeinen Mannes um Gerechtigkeit" von 1524 bis 1526 und überzog weite Teile Süddeutschlands und angrenzende Gebiete. So hat man sich in bestimmten Schwerpunktregionen schon vor fast 100 Jahren daran gemacht, die Ereignisse der Bauernerhebung des Mittelalters mit dem Fokus auf die lokalen Begebenheiten in teilweise dramatischen Schauspielen einem geschichtsinteressierten Publikum näher zu bringen.

Beispielhaft sei hier das Leipheimer Freilufttheater genannt, wo man das Stück "Der Bauernkrieg im April 1525" in Szene setzt. Oder die "Baurakrieg-Burg anno 1525" auf der Burg Thannhausen bei Augsburg. Besonders vielseitig zeigen sich die Tübinger Sommertheater, die schon mehrfach zu Themen aus dem Bauernkrieg große Besuchermassen angezogen haben. Ob "Der Arme Konrad", "Jerg Ratgeb" oder "Bauernsterben", immer ging es um die Aufarbeitungen der geschichtlichen Ereignisse aus lokaler und regionaler Sicht.

In unseren Breiten orientierten sich die "Macher" derartiger Theateraufführungen in erster Linie an einer geschichtsträchtigen Person und unter Einbeziehung eines zugehörigen Bauwerks entstanden weithin bekannte Freilichtspiele. Ein Klassiker - und das seit 1950 - ist zweifellos der "Götz von Berlichingen", der in Anlehnung an Johann Wolfgang von Goethes gleichnamigem Schauspiel im Burghof der Götzenburg von Jagsthausen dargeboten wird.

Während der "Raubritter" Götz von Berlichingen als eine der zwielichtigen Gestalten der mittelalterli-chen Bauernerhebung und durch das hinlänglich bekannte Zitat Berühmtheit erlangte, wurde ein an-derer Ritter wegen seiner besonderen Haltung zum Bauernstand und der Forderungen des gemeinen Mannes geschätzt und geachtet. Florian Geyer von Giebelstadt erlangte trotz seiner adeligen Herkunft bei den Bauernhaufen und deren Anführer hohes Ansehen und wurde schließlich selbst zu einem der Anführer.

Verein In Giebelstadt

In Giebelstadt bot die Ruine des Geyer-Schlösschens die erforderliche Kulisse, um schon in den 1920-er Jahren die Einrichtung eines Freilufttheaters ins Auge zu fassen.

Ab 1925 - und damit rechtzeitig zum Gedenkjahr "400 Jahre Bauernkrieg in Franken" - war es dann schließlich soweit. Nach einem Drehbuch von Nikolaus Fey führten die geschichts- und heimatverbundenen Giebelstädter erstmals ihren "Florian Geyer, der Rebell" auf. Fast 40 Jahre lang - von 1938 bis 1979 - geriet das geschichtliche Erbe beinahe in Vergessenheit, zumal im II. Weltkrieg die wertvolle Kulisse, die Ruine des Geyer-Schlosses ebenso in Mit-leidenschaft gezogen wurde, wie große Teile der Kostüme und Ausrüstungsgegenstände. Dann jedoch kam mit der Gründung eines Vereins wieder Leben in das Thema Bauernkrieg und ab 1980 stehen wieder jedes Jahr Dutzende Amateurschauspieler auf der Ebene vor dem Schlosstor der teilweise wieder aufgebauten Ruine.

Wenig bekannt - um nicht zu sagen, nahezu unbekannt - ist sicherlich vielen auch an der Geschichte des Bauernkriegs in Tauber-Franken Interessierten, dass es ein Theaterstück mit ganz engem Bezug zum mittleren Taubertal gibt. "Bauernsturm - das deutsche Trauerspiel anno Domini 1525", so der Titel des Werkes des Königshöfers Otto Müller. Der aus der "Bachmühle" stammende Otto Müller wurde 1886 in der Messestadt geboren, legte 1904 am Gymnasium in Tauberbischofsheim das Abitur ab, ehe er in Würzburg, München, Heidelberg und Freiburg Geschichte und romanische Philologie studierte.

1907 folgte das Doktorexamen, worauf er später eine Stelle als Lehrer an einer Schule in Bruchsal antrat. Hierbei schon neben dem Doktortitel versehen mit einer Professur. Neben dem Bauernsturm 1929 brachte Müller noch zwei weitere Werke im Eigenverlag auf den Markt. Zum einen die deutsche Tragödie aus der Kolonialzeit New Yorks: "Galgen auf Manhatten" (1932), von der die Gruppe Historisches&Kulturelles Königshofen (GHK) eines der wenigen Original-Exemplare in ihrem Archiv aufbewahrt, sowie "Burschen heraus" (1939), über dessen Inhalt leider nichts bekannt ist.

Der "Bauernsturm"

Der "Bauernsturm", ein Theaterstück mit einem "Drehbuch" auf 155 Seiten zusammengefasst, kommt mit relativ wenigen Hauptdarstellern aus. Auf der Seite der Obrigkeit natürlich der Truchseß von Waldburg, Sebastian von Rotenhan, der Amtman von Ridern mit Frau, Herzog Wilhelm von Bayern mit seinem Kanzler Dr. Leonhard Eck, sowie die Ritter Vechenbach, Zobel und Rosenberg. Darüber hinaus jede Menge Statisten als Söldner und Besatzung der Festung Marienberg in Würzburg.

Dem gegenüber stehen auf Seiten der Bauern als prominente Vertreter lediglich Florian Geyer und Götz von Berlichingen. Dafür aber die "Schmiedin" aus Oberlauda, die Adlerwirtin und Contz Baier aus Unterlauda, sowie Bauern, unter anderem aus Königshofen, Niklashausen, Sachsenflur, Gissigheim, Markelsheim, Gerlachsheim, dem Schüpfer Grund, dem Gau und vom Main. Einen ganz besonderen Auftritt sieht Dr. Otto Müller für einen "Alten Königshöfer" vor, der in einem Monolog über einen Traum berichtet, in dem er die Schlacht auf dem Turmberg erahnt, in all´ ihren schrecklichen Ausmaßen.

Die in fünf Aufzügen aufgebaute Tragödie spielt im Altmühltal, in Würzburg, den Tauberwiesen bei Königshofen, im Gasthaus "Adler" in Lauda, in Oberlauda und Giebelstadt. Ja, sogar einen Abstecher an den Hof von Herzog Wilhelm von Bayern nach München sieht der Autor vor. In Ermangelung einer geeigneten Kulisse für sein Trauerspiel in seiner Heimatstadt önigshofen oder - wie Müller sie in dem Stück nennt: " der alten Reichsstadt" - will er sich vielleicht von den wenige Jahre zuvor ins Leben gerufenen Geyer-Spiele vor der Ruine in Giebelstadt unterscheiden.

In Frage kommende Schauplätze wären in der Messestadt einerseits der Wartturm auf dem Turmberg, der Goode oder das Hohe Haus am Rande der Altstadt gewesen. Doch bei diesen Standorten fehlten Möglichkeiten, im Umfeld eine Bühne und entsprechende Zuschauerränge aufbauen zu können.

Prof. Dr. Müller war sicherlich Realist genug, dass es äußerst schwierig, vielleicht sogar ausge-schlossen sein würde, sein Stück jemals auf einer Theaterbühne sehen zu können. Zu aufwändig wären die Kulissenbauten und die Inszenierung für jedes noch so engagierte Ensemble, einen Verein oder einen Regisseur gewesen.

Aufführung im Jubiläumsjahr

Zu Ehren kam der "Bauernsturm" in Müllers Heimatstadt lange nach seinem Tod allerdings doch. Im Bauernkriegsgedenkjahr 2000 hatte die GHK unter ihrem Vorsitzenden Emil Michelbach viele Programmpunkte zusammengestellt. Aus der Feder des damaligen stellvertretenden Vorsitzenden, Paul Faulhaber, boten einige Schauspieler der Giebelstädter Geyer-Festspiele im Königshöfer Gesellenhaus eine szenische Darstellung aus dem 1929 entstandenen Trauerspiel von Otto Müller.

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