Besonderer Sport - Mit einer flexiblen Diät und gezieltem Training betreibt der Laudaer Wilhelm Herbel „Natural Bodybuilding“ / Langfristiges Ziel ist die Profi-WM

Auf natürlichem Wege zum Muskelmann

Von 
Christopher Kitsche
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Der Laudaer Wilhelm Herbel zeigt sich beim Natural Bodybuilding in der „Speerwerfer-Pose“, für die auch Arnold Schwarzenegger bekannt war. © Mathias Beckmann

Der Laudaer Wilhelm Herbel betreibt die Sportart Natural Bodybuilding. Dabei verzichten die Athleten komplett auf die Einnahme von chemischen Substanzen.

Lauda. Wenn man Wilhelm Herbel (24) gegenüber sitzt, lässt sich schon vermuten, dass er die eine oder andere Stunde im Fitnessstudio verbringt. Athletisch, muskelgestählt und durchtrainiert wirkt der Körper des Laudaers.

Viele Jahre war Herbel tatsächlich ein ganz „normaler“ Fitnessstudiogänger. Mit der Zeit stieg dann das Interesse an seinem Hobby und gemeinsam mit seinem Bruder informierte sich der 24-Jährige detaillierter über verschiedene Trainingsmethoden und Fitnessthemen.

Per Youtube-Videos stießen sie schließlich auf Natural-Bodybuilding, eine besondere Bewegung des Bodybuildings. Nachdem Herbel mit seinem Bruder einen Wettkampf als Zuschauer besuchte, war schnell klar: „Das will ich auch machen.“

Erste Erfolge bei Wettkämpfen

Mit seinem Sport feierte Herbel bereits erste Erfolge. 2018 belegte er bei der Deutschen Meisterschaft des Verbands GNBF (German Natural Bodybuilding & Fitness Federation) den ersten Platz in der Mittelgewichtsklasse und auch bei einem Profi-Wettkampf schaffte er mit Platz 5 von 14 Athleten einen Achtungserfolg.

„Ich sehe das Ganze weniger als Sport, sondern vielmehr als Lebensstil.“ Er liebe es zu trainieren. Das Training sei ein perfekter Ausgleich zum Alltag, man komme auf ganz andere Gedanken.

Der Informatikstudent bezeichnet sich selbst als sehr ehrgeizig. Er habe schon viele Sportarten wie Handball und Fußball ausprobiert. „Der Reiz beim Bodybuilding ist, dass man von anderen unabhängig ist. Das Teamerlebnis hat man aber trotzdem, weil man bei Wettkämpfen Gleichgesinnte trifft und Freundschaften schließt.“

Wenn Herbel vom direkten Wettkampf erzählt, klingt das ein bisschen wie es manche vielleicht vom Boxsport kennen. Zunächst geht es „Backstage“, wo die Athleten vor dem großen Moment nochmal zur Ruhe kommen können und dann die Vorkehrungen für den Auftritt treffen. Um später im bestmöglichen Licht zu erscheinen, „pumpen“ sich die Sportler durch Liegestützen oder Hantelstemmen noch mal ordentlich auf. „Manche werden da ziemlich kreativ. Ich habe auch schon erlebt, dass Teilnehmer auf einer Feuerleiter Klimmzüge gemacht haben“, erinnert sich Herbel. Auch der richtige „Anstrich“ darf nicht fehlen. Direkt vor der Bühnenpräsentation tragen sich die Athleten Farbe auf, damit die Muskeln möglichst gut sichtbar werden.

In mehreren Runden präsentieren sich die Bodybuilder dann Jury und Publikum. „Umso präsenter man ist, umso mehr schaut die Jury“, beschreibt Herbel seine bisherige Bühnenerfahrung.

Für ihn seien die Wettkämpfe ein „tolles Abenteuer“, normalerweise stehe er aber gar nicht so gerne im Mittelpunkt. „Bei meinem ersten Wettkampf hat mir das aber so sehr zugesagt, dass ich mich auf der Bühne total wohlfühle. Eine solche Erfahrung beflügelt.“

In der Zeit außerhalb der Saison bringt Herbel bis zu 95 Kilo auf die Waage, für den Wettkampf reduziert er dann sein Gewicht auf Mittelgewichtklasse (75,1 bis 77,5 Kilogramm). Um auf dieses Gewicht zu kommen, setzt er eine spezielle Diät um, die sich „Flexible Dieting“ nennt.

Auch Döner ist erlaubt

Bei dieser Ernährungsform habe man keinen „festen“ Plan, sondern versuche seine Makronährstoffe wie Proteine, Kohlenhydrate und Fette und Mikronährstoffe wie Vitamine oder Ballaststoffe über den Tag mit verschiedensten Lebensmitteln abzudecken.

„An den Donnerstagen habe ich immer den sogenannten Dönerstag ausgerufen. Da habe ich mir immer zwei bis drei Döner reingehauen“, scherzt Herbel. Außerdem nehme er während der Diät ganz unterschiedliche Lebensmittel von Magerquark bis selbstgemachter Pizza zu sich.

Wichtig sei, die Ernährung immer zu variieren und darauf zu achten, dass man genug Vitamine zu sich nimmt. „In einer Wettkampfdiät ist das Ziel, am Tag X auf der Wettkampfbühne die Bestform präsentieren zu können“, betont Herbel. Dafür nimmt der Laudaer einige Entbehrungen in Kauf. „Der Körper wird einem enormen Stress ausgesetzt“, schildert er.

Seine Wettkampfdiät funktioniere im Prinzip zunächst wie eine „normale Diät.„Man führt dem Körper weniger Energie und Kalorien zu, als er benötigt, und erzielt somit den Gewichtsverlust. Das ist eigentlich recht simpel, jedoch wird das Ganze schwierig dadurch, dass man die Muskelmasse erhalten möchte und diese eben nur durch die gleiche Leistung, wie zuvor, im Training erhalten bleibt“, beschreibt Herbel. Dadurch, dass der Körperfettanteil schwindet, das Trainingspensum jedoch aufrecht erhalten wird, träten Symptome wie chronisches Hungergefühl, Schlafstörungen, Reizbarkeit und Erschöpfung auf.

„Das verlangt einem eine große Überwindungskraft und mentale Stärke im Alltag ab“, gibt der Student zu. Ihm ist es das aber wert.

„Man lernt einfach so viel über sich selbst in einer Wettkampfdiät, vor allem in der härtesten Zeit.“

Auch der zeitliche Aufwand in der Wettkampfvorbereitung ist enorm. 15 bis 20 Stunden in der Woche investiert Herbel, um in Form zu kommen. Beim Training geht der Athlet nach dem sogenannten Zweier-Split vor, das heißt er trainiert Ober- und Unterkörper im Wechsel.

„Die Königsdisziplin sind Kniebeugen, weil hier besonders viele Muskeln gefordert werden“, erklärt Herbel. 130 Kilo stemme er mit zwölf Wiederholungen in vier Sätzen. „Off Season“ seien es bis zu 165 Kilogramm.

Auch ungekündigte Dopingkontrollen erlebte Herbel schon. „Ein Kontrolleur stand mal unangemeldet vor unserer Haustüre, während ich bei der Arbeit war. Er hat mich dann später bei der Kontrolle keine Sekunde aus den Augen gelassen.“ Bei den Meisterschaften werde jeder Klassensieger getestet, macht der Sportler deutlich.

Positives Feedback

Von seinem direkten Umfeld habe er ein positives Feedback zu seinem Hobby bekommen. „Meine Freunde sind stolz auf mich.“ Der 24-Jährige ist auch der Meinung, dass sich viele Fähigkeiten, die beim Bodybuilding erforderlich sind, auf sein alltägliches Leben übertragen lassen. „Man lernt, sich Ziele zu setzen und durchzuhalten. Außerdem wird das Selbstvertrauen gestärkt.“

Im Moment lässt es der Sportler etwas ruhiger angehen und trainiert in einer ausgedehnten Off-Season Phase, die noch bis zu zwei Jahre anhalten soll. Danach ist sein Traum, an der Profi-Weltmeisterschaft 2020 in Miami teilzunehmen. Herbel betont aber auch, dass beim Bodybuilding Geduld vonnöten sei.

„In der Anfangszeit macht man extreme Fortschritte. Den Höhepunkt erreichen aber viele Bodybuilder erst in ihren Dreißigern.“ Wilhelm Herbel bleibt also noch genug Zeit, um künftig vielleicht in noch höhere Sphären zu stoßen.

Natural Bodybuilding

Natural Bodybuilding ist eine Bewegung, die in den 1990er Jahren entstand, nachdem Bodybuilding aufgrund von Dopingfällen zunehmend in der Kritik stand.

Beim Natural Bodybuilding verzichten die Athleten bewusst auf die Einnahme verbotener Substanzen wie Anabolika oder Wachstumshormone.

In Deutschland sind die Athleten im Verband GNBF (German Natural Bodybuilding & Fitness Federation) organisiert. Jährlich veranstaltet der Verband Meisterschaften in mehreren Gewichtsklassen für Junioren, Frauen und Männer. Der Verband arbeitet eng mit der weltweiten Anti-Dopingagentur WADA (World-Anti-Doping-Agency) zusammen.

Die Vorbereitung auf die Wettkämpfe unterteilt sich in zwei Phasen. In der ersten Phase, der „Off-Season“ geht es darum, mit Krafttraining und einem Kalorienüberschuss möglichst viel Muskelmassee aufzubauen (Aufnahme bis zu 5000 Kilokalorien am Tag). Sie kann sich je nach Zielsetzung über mehrere Monate oder auch Jahre erstrecken.

Mit der unmittelbaren Vorbereitung beginnt dann 20 bis 25 Wochen vor dem Wettkampf die zweite Phase. Ziel ist es dann, mit einer Diät (Kaloriendefizit) und dem Krafttraining auf Wettkampfform zu kommen (Aufnahme circa 1500 Kilokalorien am Tag. chk

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