Külsheim. Anna Wirsching sitzt an ihrem Schreibtisch im Büro und schaut nach den Versandkosten ins benachbarte Ausland. Währenddessen gibt der PC ständig ein „Ping“ von sich – Mails und Aufträge kommen fast im Sekundentakt rein. Doch die Külsheimerin lässt sich von der Flut der eingehenden Nachrichten nicht beirren, sie hat alles fest im Griff. „Ein wenig erschöpft bin ich schon. Aber ganz langsam sehe ich Land“, sagt sie und freut sich natürlich über den großen Erfolg ihres Klapptöpfchens.
Mit ihrem Auftritt begeisterte sie nicht nur die Investoren in der „Höhle der Löwen“, denen sie in der TV-Sendung ihr „Pee and Bob“ vorstellte, sondern auch richtig viele Zuschauer. Sie wandten sich nach der Ausstrahlung am Montag vergangener Woche direkt an Anna. „Es gab eine so überwältigend positive Resonanz. Egal wo ich hingegangen bin, viele Menschen haben mich angesprochen und mir gratuliert“, erzählt sie. Ihre Angst vor Hasskommentaren, vor allem im Internet, war völlig unbegründet. „Mich haben sogar Lkw-Fahrer angerufen, weil sie das Töpfchen in groß bräuchten“, erinnert sie sich und lacht.
Töpfchen für Erwachsene?
Doch nicht nur Lkw-Fahrer haben sich bei ihr gemeldet. Eine krebskranke Frau und mehrere Menschen mit extremen Darmproblemen hatten das gleiche Ansinnen: Sie alle wünschen sich ein „Pee and Bob“ für Erwachsene. Noch wägt Anna ab. „So ein Topf muss dann etwas anders konstruiert werden und höher belastbar sein. Da sind dann ganz andere technische Voraussetzungen nötig.“ Aber schnell wird während des Gesprächs deutlich: In Gedanken bastelt die Erfinderin schon an einer Lösung. Zuerst will sie jedoch ihr Unternehmen auf sichere Beine stellen.
Innerhalb kürzester Zeit erreichten Anna über 1700 Mails. Die mussten erst einmal abgearbeitet werden. Das ging natürlich nur mit tatkräftiger Unterstützung von ihrer ganzen Familie. Auch das Team von Investor Ralf Dümmel habe sich inzwischen mehrfach gemeldet, eine große Bestellung nachgeordert und Anna immer auf dem Laufenden gehalten. Beispielsweise darüber, dass „Pee and Bob“ zwischenzeitlich bei Amazon im Bestseller-Bereich gelandet sei.
Produktion in Hainstadt
Von den 5000 vor der Sendung hergestellten Klapptöpfchen sind sehr viele verkauft. Aber, wie die Erfinderin versichert, werde in Absprache mit der Firma Schüssler rechtzeitig nachproduziert. In Markus Schüßler hat sie einen geeigneten Partner gefunden.
Seine Firma hat ihren Sitz in Hainstadt bei Buchen, stellt Werkzeuge her und hat eine Spritzgießerei. Dort ließ sie auf eigene Kosten die für Produktion des Töpfchens nötigen Werkzeuge herstellen. Auch „Pee and Bob“ wird dort gefertigt. „Das soll auch so bleiben“, sagt Wirsching – auch wenn Külsheims rühriger Bürgermeister neben seinen Glückwünschen ihr einen Produktionsstandort in Külsheim offeriert hatte.
Weil sich Erfolg herumspricht, hat Anna Wirsching inzwischen Initialbewerbungen bekommen. „Noch denke ich nicht darüber nach, sondern versuche alles nur mit Hilfe der Familie zu stemmen. Jemanden einzustellen bedeutet auch Verantwortung. Aber ich bin guter Dinge.“
Auch in Sachen Kündigung geht Anna Wirsching sehr vorsichtig vor. Noch baut sie angehäufte Überstunden ab, könne sich jedoch eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit vorstellen, wenn der Erfolg von „Pee and Bob“ anhalte. „Für den Schritt in die völlige Selbstständigkeit brauche ich große Sicherheit. Wir haben jetzt eine sehr große Nachfrage, aber wer garantiert, dass es so bleibt?“, hinterfragt sie ständig ihren Erfolg.
Ein nächster Schritt bahnt sich gerade in Richtung Südamerika an. EinEhepaar, das bereits in Brasilien ein Unternehmen besitzt, hatte die Sendung gesehen und sich an die Erfinderin gewandt. Das Paar habe bereits eine bestehende Lieferkette in das Land und vor allem einen sehr guten Kontakt zu dem Inhaber einer großen Spielwarengeschäfte-Kette. „Ist das realistisch, kann das wirklich sein?“ Anna Wirsching war zunächst skeptisch. Die inzwischen beauftragte Anwältin ist jedoch optimistisch. „Schauen wir mal“, wägt Anna ab.
Export in die Schweiz
Relativ schnell habe die Külsheimerin viele Anfragen aus der Schweiz, Österreich, Slowenien und Italien bekommen, die ebenfalls ihr Produkt kaufen oder vertreiben wollen. Festgezurrt ist inzwischen ein Vertrag mit „Travel Gadgets“, einem Schweizer Online-Shop für Reisezubehör.
„Mit denen hat es sofort gepasst. Am nächsten Tag ging gleich die erste Sendung mit 20 Klapptöpfchen raus. Inzwischen ist schon eine Farbe ausverkauft. Ich habe heute das nächste Paket in die Schweiz geschickt“, freut sich Anna Wirsching.
Etwas Ähnliches wünscht sie sich auch für Österreich und Italien, denn die Versandkosten für ein einzeln bestelltes Klapptöpfchen sind sehr hoch.
Als sie noch einmal auf die Portoliste schaut, fällt ihr plötzlich ein: „Ach, nach Paris habe ich gestern auch Töpfchen verschickt.“ Und plötzlich hat Anna Wirsching ein Lächeln im Gesicht. Für einen kleinen Moment genießt sie ihren Erfolg.
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