Külsheim. Ruck, zuck ist der 73-jährige Malermeister Paul Berberich wieder auf dem Gerüst ganz oben, nah bei der Madonna. Dass diese Klettertour in die Höhe Berberich nichts ausmacht, liegt auf der Hand: Seit vielen Jahren restauriert die Uissigheimer Firma Berberich Baudenkmäler. Seit Mitte Juni haucht der Senior-Chef des Unternehmens dem Marien-Bildstock in der Hauptstraße wieder neues Leben ein. Die Külsheimer nennen dieses Bauwerk liebevoll „Träubeles-Bildstock“. Warum, das erschließt sich dem Betrachter sofort. Denn um die Säule herum windet sich eine Weinrebe mit Blattwerk und Trauben. „Die waren vor Zeiten farbig gefasst, also in einem Ocker- oder Grünton. Die Trauben hatten im Laufe der Jahre verschiedene Farben, waren ursprünglich mal Grün und später in einem Rotton gefasst.“ Festgestellt hat der Fachmann dies anhand der verschiedenen Farbschichten.
Bildstock stammt aus dem 18. Jahrhundert
Doch der Zahn der Zeit hat heftig am Bildstock genagt. Die Säule wurde 1739 errichtet, ist im Barockstil gehalten, das Kapitell hat eine korinthische Form. Hergestellt wurde die Säule von einer Würzburger Bildhauer-Familie. Ursprünglich stand der Bildstock in der Mitte der Straße. 1984 hat man die Säule Richtung Straßenrand versetzt, weiß Bernd Greß. Der Bauamtsmitarbeiter ist an diesem Mittag in der Hauptstraße unterwegs. Natürlich kommt er sofort mit Paul Berberich ins Gespräch. Ursache des Standortwechsels war die umfangreiche Sanierung der Hauptstraße. „Das Gleiche ist auch mit dem Dreischalenbrunnen passiert. Der ist damals auch versetzt worden“, weiß Greß. und Berberich nicktbestätigend.
Die letzte Restaurierung des Marien-Bildstocks fand vor 1980 statt. Damals hatte man eine Acryllasur aufgetragen. Diese ist jedoch für den Sandstein nicht geeignet, denn dieser wird davon angegriffen, erklärt Paul Berberich. Aus diesem Grund beschränkt sich die Arbeit des Profis nicht nur auf eine neue Farbfassung. Nach der Fertigstellung sollen die Trauben in einem weinroten, die Blätter in lebendigen Grünton und die Ranken in einem leichten Braunton neu erstrahlen. Verwendet wird dabei eine Silikatfarbe, die laut Berberich im Gegensatz zur Acrylfarbe sehr lange hält und dem Sandstein nicht schadet.
Maria bekam neue Finger
Ausbesserungen im Stein waren an mehreren Stellen nötig. Zuvor musste der Bildstock mit einer gründlichen Reinigung von Verschmutzungen und Moosen befreit werden. Mürbe Steinschichten, hauptsächlich im Kapitell, sind mit Kieselsäureester gefestigt worden und mit einer Sandsteinersatzmasse ausgebessert und nachmodelliert worden. „Einige Teile waren sogar abgebrochen“, erzählt der Restaurator. So fehlten der Madonna ein paar Finger. Diese wurden von ihm neu modelliert.
Ursprünglich war auch die Madonna farbig gefasst. Doch irgendwann, wann genau weiß Berberich nicht, wurde die Figur vergoldet. Aber auch an ihr hatten die Jahre deutliche Spuren hinterlassen. Der Goldüberzug hatte ein starkes Krakelee und war gerissen. Das Gold blätterte ab. Doch nun, nach umfangreichen Arbeiten, auch dem Auftragen von Blattgold, erstrahlt sie wieder im neuen Glanz.
Ist das Gerüst abgebaut, kann der Sockel restauriert werden. Hier wird der Fachmann die Schrift nachmalen und die Ornamente in einem grünlichen Ton fassen. Die Spenglerarbeiten am Kupferdach werden von Peter Reißenweber aus Uissigheim übernommen. Auch die Elektrik zum Anstrahlen des Bildstocks wird von einem Mitarbeiter der Stadt neu gemacht.
Paul Berberich schätzt, dass die Arbeiten je nach Wetterlage spätestens in 14 Tagen abgeschlossen sein werden. Er überschlägt, dass er bereits rund 60 Stunden am Bildstock gearbeitet habe. Die größte Herausforderung seien für ihn die Risse in der Säule gewesen. Diese füllte der Fachmann mit Kunstharz auf und verstärkte sie mit Edelstahlnadeln, damit der Halt wieder gegeben ist. „Dafür braucht man viel Fingerspitzengefühl“, so der Uissigheimer. Natürlich müssen auch die Wetterbedingungen passen. Regnet es, kann der Restaurator nicht arbeiten. „Beim Vergolden der Madonna war der Wind sehr stark. Da konnte ich nicht weitermachen, sonst wäre mir das Gold davongeflogen“, sagt Paul Berberich und schmunzelt ein wenig.
Kapitell, Krakelee und Ester
- Ein Bildstock ist ein kleines Denkmal, auch religiöses Wahrzeichen, das meist als Säule gebaut und oft zum Zeichen der Dankbarkeit oder als Andenken errichtet wurde.
- Die meisten Bildstöcke befinden sich im katholisch geprägten Franken. Dort wurden sie als Zeichen der Volksfrömmigkeit und Teil der Gegenreformation im 16. Und 17. Jahrhundert aufgestellt.
- Ein Kapitell ist der obere Abschluss einer Säule oder eines Pfeilers. Es dient als Übergang zwischen der Stütze und dem darüberliegenden Aufsatz mit der bildlichen Darstellung.
- Krakelierung ist die Bezeichnung für ein Netzwerk kleiner Risse, das als Krakelee (oder Craquelé) bezeichnet wird und beispielsweise auf alten Bildern deutlich sichtbar auftreten kann.
- Kieselsäureester wird auch als Ethylsilikat bezeichnet. Die Ester werden zur Festigung und Konservierung von Naturstein und Putz verwendet, da sie durch Hydrolyse Siliziumoxid bilden, das Risse oder Spalten im Stein mit einem Film auskleidet. hei
Für die anfallenden Kosten der Restaurierung kommt die Stadt auf. Auch wenn die untere Denkmalschutzbehörde, die beim Landratsamt angesiedelt ist, die Genehmigung für die Restaurierung erteilen muss und auch die Vorgehensweise vorschlägt – eine Beteiligung dieser Behörde an den Kosten gibt es jedoch nicht. „Seit ich im Amt bin, haben wir bei all unseren Restaurierungsarbeiten noch nie eine Förderung bekommen“, sagt der Bauamtsmitarbeiter. Er schätzt die Gesamtkosten der Restaurierung auf rund 8.000 Euro.
Und Bernd Greß weiß auch schon, wo es nach der Restaurierung des Rathausbrunnens, des Weedbrunnens und des Träubelesbildstocks weitergehen könnte. Die kaputten Stufen des Vierschalenbrunnens sprechen eine klare Sprache. „Aber wir müssen die Instandsetzung vorher mit dem Denkmalamt abklären.“ Doch vorher könnte es noch ein anderes Projekt geben, zu dem Greß noch nichts sagen wollte.
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