Öffentliche Sitzung

Külsheim: Neuer Standort des Steinbacher Kindergartens beschlossen

Der Kindergarten Steinbach soll umziehen. Dafür soll ein Gebäude gepachtet werden. Das Konzept stößt auf offene Ohren, die geplante Umsetzung sorgt allerdings für Kritik.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Der Standort, wo die Kinder in Steinbach künftig in den Kindergarten gehen werden, war Thema in der Sitzung des Külsheimer Gemeinderats. © DPA

Külsheim. Bei vier Gegenstimmen und zwei Enthaltungen sprach sich der Külsheimer Gemeinderat am Montag mehrheitlich dafür aus, den Kindergarten Steinbach in den „Vorderen Meßhof“ zu verlegen. Dafür soll ein Gebäude gepachtet werden. Dem Beschluss vorausgegangen war eine lange Diskussion, an der sich auch die Bürger beteiligten. Dem Konzept des „Bauernhofkindergartens“ selbst standen diese offen gegenüber. Die geplante Umsetzung stieß jedoch auch auf Kritik.

Planungen für den neuen Kindergarten Steinbach und Sachstandsbericht zur bestehenden Einrichtung

Die Stadtverwaltung Külsheim gab in der Gemeinderatssitzung am Montag einen Sachstandsbericht zum aktuellen Kindergarten in Steinbach. Außerdem ging es um die Planung einer neuen Betreuungseinrichtung:

Momentan gibt es in der Ortschaft einen eingruppigen Kindergarten. Einen solchen soll laut Gemeinderatsbeschluss weiterhin geben. Die Brandschutzproblematik und sicherheitsrelevante, bauliche Mängel im bestehenden Gebäude wurden laut Stadtverwaltung – soweit möglich – behoben. Trotzdem bestehet noch hoher Sanierungsstau und die Raumaufteilung ist nicht optimal. „Aber der Betrieb ist aktuell möglich und die Betriebserlaubnis ist vorhanden“, hieß es in der Präsentation.

Für den Erhalt des Standorts spricht, dass sich der Kindergarten im Ortskern befindet und ein einfacher Außenbereich ist vorhanden. Gegenargumente sind der Sanierungsstau, die ungünstige Lage zwischen Ortsdurchfahrt und Zwerggasse, die fehlende Erweiterungsmöglichkeit und dass es sich um einen „Standard-Kindergarten“ ohne „Alleinstellungsmerkmal für Steinbach“ handelt.

Ein Neubau würde laut Stadt 1,5 bis 1,6 Millionen Euro kosten. Verifiziert wurde diese Summe auch durch Rücksprache mit Verantwortlichen der Stadt Tauberbischofsheim, die gerade zwei eingruppige Kindergärten baut.

Als mögliche Alternative sieht die Stadtverwaltung die Verlegung der Einrichtung in die Gebäude „Im Vorderen Meßhof 2“. Dort könnte ein Bauernhofkindergarten entstehen, den es bisher nur 30 Mal in Deutschland gibt.

Ins Auge gefasst ist ein Pachtmodell. Verpächter wäre eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts nach Stiftungsgesetz Baden-Württemberg. Das Gebäude ist Teil des Stiftungsvermögens der Stiftung der Familie Weiß.

Es handelt sich um einen Neubau anstelle eines alten Bauernhofs. Der Verpächter würde alle für den Kindergartenbetrieb nötigen Umbauten übernehmen. Laut Entwurfsplanung soll die Gebäudehülle grundsätzlich erhalten bleiben. Die vorhandene Spindeltreppe soll entfernt und eine Außentreppe aus Stahl installiert werden. Außerdem ist eine Rampe für den barrierefreien Zugang geplant. Außerdem werden zwei Fenster nach unten aufgebrochen, um Fluchttüren einbauen zu können.

Im Erdgeschoss soll im Windfang der Garderobenbereich entstehen. Erhalten will man den Flurbereich. Die Holzdecke soll aus Brandschutzgründen verkleidet werden. Der große Raum soll in einen 54 Quadratmeter Gruppen- und in einen Schlafraum geteilt werden. Die Toiletten will man erhalten. Die Küche soll verkleinert werden, um Raum für die Sanitärbereiche für Kinder unter und über drei Jahren zu schaffen.

Im oberen Geschoss könnten das Leitungsbüro und der Personalraum untergebracht werden. Außerdem soll dort eine Mietwohnung entstehen. Die Stadt würde von den Mieteinnahmen profitieren. Außerdem soll sich der Mieter um die Pflege von Gelände und Tieren kümmern. Weitere Einnahmen können zum Beispiel durch Vermietung der Scheune gewonnen werden. Für den Außenbereich gibt es Ideen, aber noch keine konkreten Pläne.

Geplant ist, dass die Einrichtung 2024 mit bestehendem Konzept umzieht und anschließend gemeinsam von Eltern und Erzieherinnen ein neues Konzept entwickelt wird.

Der Pachtvertrag sieht Folgendes vor: Seine Laufzeit beträgt 20 Jahre mit einem Optionsrecht des Mieters (Stadt) auf Verlängerung um zehn Jahre. Danach erfolgt eine automatische Verlängerung immer um fünf Jahre, wenn nicht gekündigt wird.

Die Miete beträgt zehn Jahre lang 2200 Euro monatlich. Danach erhöht sie sich alle fünf Jahre um fünf Prozent. Es wird kein Index angewandt. Reparaturen am Gebäude übernimmt die Stadt als Mieter bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 10 000 Euro. Alle Einnahmen aus Untervermietungen stehen der Stadt zu. Ab 2029 erhält die Kommune die Erträge aus der Photovoltaik-Anlage (zirka 35 000 kWh).

Die Hin- und Rückfahrt zum neuen Standort wäre mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) möglich. Ein Jugendticket kostet etwa 30 Euro im Monat pro Kind und wäre von den Familien zu tragen.

Auf Anregung aus der Bürgerversammlung zum Thema erklärte die Stadtverwaltung, der Verbindungsweg von der Zwerggasse zum Meßhof kann generell für Kraftfahrzeuge gesperrt werden. Er wäre nur frei für Land- und Forstwirtschaft und Fahrräder, was die Sicherheit erhöhe. In Külsheim beträgt die Wegstrecke zwischen dem Baugebiet „Königsgrund“ und der neuen Kita in der Bürgermeister-Kuhn-Straße rund 1,9 Kilometer. Von der Steinbacher Ortsmitte zum Meßhof sind es laut Verwaltung 1,7 Kilometer.

In der Kostenrechnung verglich die Verwaltung das Pachtmodell Meßhof mit Abriss und Neubau an der Bestandsstelle und einem Neubau „auf der grünen Wiese.“ Berücksichtigt wurden nach Angaben der Verantwortlichen auch Mietkosten und Abschreibungen, mögliche 50 Prozent Zuschüsse für einen Neubau sowie 15 000 Euro Mieteinnahmen aus der Wohnung und weiteren Gebäuden des Meßhofs.

Die Rechnung weist für die Variante „Meßhof“ jährliche verbleibende Kosten für die Stadt von 11 400 Euro auf (ohne Einnahmen durch die Photovoltaik-Anlage), für einen Neubau am Bestandsort 64 500 Euro pro Jahr und für einen Neubau auf einer Freifläche 51 000 Euro jährlich.

Der Umbau des Gebäudes durch die Familie Weiß könnte ab Dezember bis Juli 2024 erfolgen, der Umzug des Kindergartens im August 2024. Die Erarbeitung des neuen Konzepts „Bauernhofkindergarten“ mit Erzieherinnen und Eltern wäre 2025 möglich. bdg

Die Stadtverwaltung Külsheim sieht das Angebot der Familie Weiß beziehungsweise deren Stiftung, das Gebäude zum Kindergarten umzubauen und dieses zu einem günstigen Preis zu verpachten, als unschlagbar an. Man könne so einen attraktiven Kindergarten mit einem einzigartigen Profil der „Bauernhof-Kita“ in der Region einrichten, erklärte Bauamtsleiter Heiko Wolpert.

„Leuchtturmprojekt“ für den Kindergarten

Gesprochen wurde mehrfach von einem „Leuchtturmprojekt“. „Ein Neubau, egal an welchem Standort, ist aufgrund der schwierig werdenden Haushaltslage zeitnah nicht realisierbar“, sagte Wolpert weiter. „Durch das Engagement der Familie Weiß kann der Kindergartenstandort Steinbach dauerhaft und wirtschaftlich in einem modernen Gebäude erhalten werden.“

Sebastian Seitz stellte fest, in der Kostenaufstellung sei das Vermögen, das mit dem Neubauwert einhergehe, unberücksichtigt. Dieses habe man bei Anmietung nicht. Bürgermeister Thomas Schreglmann antworte, man gehe von einem dauerhaften Anmieten (60 bis 70 Jahre) aus. Nach etwa 30 Jahren müsste man einen eigenen Neubau kostenintensiv sanieren.

Michael Adelmann fand die angedachte Art der Kinderbetreuung toll und zukunftsfähig. „Dies ist aber das einzige Gute an der Idee.“ Er betonte, es müsse erst ein Konzept geben, das man dann umsetze, nicht umgekehrt. Weiter stellte er fest, das Gebäude im „Vorderen Meßhof“ sei neu und in sehr gutem Zustand. Jeden Euro, den man für den Umbau investiere, mache die vorherigen Investitionen kaputt. Dies sei aber eine Entscheidung der Familie. Adelmann sah keine Zukunft für eingruppige Einrichtungen. Dies begründete er mit dem Bedarf der Familien an flexibleren Betreuungszeiten, die sich dort nicht umsetzen lassen, sowie dem Fachkräftemangel im Kitabereich. Schreglmann meinte, der Gemeinderat habe für den Erhalt auch von eingruppigen Einrichtungen gestimmt. Mit dem „Bauernhofkindergarten“ hätte man ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem es einfacher sei, Fachkräfte zu gewinnen.

Claudia Rösser sagte, grundsätzlich müsse bei Kitas gelten: „Kurze Beine, kurze Wege“. Dies sei auf dem Land nur mit eingruppigen Einrichtungen möglich. Man könne mit den Einrichtungen in den Ortsteilen sehr zufrieden sein. Diese würden auch von Kindern der Kernstadt genutzt. Auf ihre Frage, wie das Stammpersonal des Kindergartens zur Konzeptidee „Bauernhofkiga“ stehe, sagte Schreglmann, die Leitung trage das Konzept mit. Die Fläche biete zudem Potenzial für einen zusätzlichen Gruppenwagen. Träger der Einrichtung bleibe die katholische Kirche. Rösser erklärte zudem, sie sehe es nicht als Nachteil an, dass es noch kein festes Konzept gebe.

Kritik an „Umzug ohne Konzept“

Auch Jürgen Goldschmitt kritisierte, dass man 2024 umziehen wolle, ohne dass es ein Konzept gebe. Dieses müsse zuvor von Eltern, Kindergartenteam und Stadt gemeinsam entwickelt werden. Dann sei zu schauen, wie man es miteinander umsetze.

Goldschmitt vermutete, es werde schwierig, einen Mieter zu finden, der trotz Mietzahlungen noch Hof- und Tierpflege übernimmt. Er sei nicht generell gegen das Projekt. Aber man müsse zuerst das Konzept erstellen, nach einem Mieter suchen und dann die Eltern informieren, unter welchen Bedingungen sie ihre Kinder dort unterbringen. „Es besteht kein Zeitdruck für den Umzug.“

Massiv kritisierte Goldschmitt, dass ihm die Einsicht in Detailpläne des Umbaus verwehrt worden seien mit der Begründung, diese seien geistiges Eigentum des Architekten. So etwas habe er in 30 Jahren Gemeinderatstätigkeit noch nicht erlebt. Ohne Details und umfangreiche Informationen könne der Gemeinderat nicht beschließen. Außerdem müsse man sicherstellen, dass in der Einrichtung auch die Kinder auf der Warteliste Plätze erhalten können.

Weitere Kritikpunkte des Gemeinderats betrafen die Tierhaltung und die dabei entstehenden Abwässer. „Liebe Gremiumsmitglieder, lassen sie uns die Kinder bitte vor Ort“, warb er für den Erhalt des Kindergartens im Dorf selbst – bis die Zeit für einen Neubau reif sei. Es gebe von fachkundigen Einwohnern konkrete Pläne zur Umgestaltung und Ertüchtigung des Bestands, zum Beispiel mit einer Lüftungsanlage, die am „Vorderen Meßhof“ nicht möglich sei. Die Sanierung könne man mit den Mietzahlungen finanzieren, die man in 20 Jahren einspare. Auch eine weitere Gruppe wäre im Ort möglich, sagte er.

Der Bürgermeister erklärte, in Goldschmitts Aussagen seien viele Unschärfen dabei, die er nicht alle in der Sitzung beantworten könne. Die Mieter wüssten, was auf sie zukomme. Es gebe bereits mehrere Mietinteressenten für die Wohnung. Die Kläranlage sei ausreichend dimensioniert, ging er auf weitere Kritik ein.

Umzug des Kindergartens eine große Chance

Manche Ortsteile seien nicht offen für Neues und Fortschritt, so Schreglmann. Dann entwickele sich aber auch nichts. Er sehe im Umzug des Kindergartens eine große Chance. Man müsse „zuschlagen“, solange die Immobilie auf dem Markt sei.

Matthias Ruff mahnte zu einer sachlichen Diskussion. Als Gemeinderat müsse man die Belange der Bürger und der Stadt in Entscheidungen zusammenbringen. Dies sei auch hier eine schwierige Aufgabe. Bei den Steinbachern, mit denen er gesprochen habe, sei die Haltung zum Umzug 50 zu 50 pro und contra „Vorderer Meßhof“. Man müsse als Gemeinderat auch auf die nächsten 20 Jahre schauen. Der Deal mit dem „Meßhof“ sei wirtschaftlich und sinnvoll. Selbst wenn man das Konzept wie bisher weiterführe, habe man einen Kindergarten nach neusten Anforderungen. Man müsse dem Mieter bei Aufgabe auch unterstützend entgegenkommen.

Stefan Adelmann sah den Vorteil des „Vorderen Meßhofs“ in der Nähe zur Natur. Anette Ries fand es gut, das Konzept gemeinsam mit den Eltern zu erarbeiten.

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