Im Nu hat Tobias Bischof den Deckel vom Gerät aufgeschraubt, die winzigen Schräubchen sorgfältig zur Seite gelegt. Nun geht es an die Fehlersuche. Karl Ballweg beugt sich zu ihm rüber. „Was ist denn kaputt?“, fragt er. Tobias Bischof zuckt mit den Schultern. Noch ist er nicht fündig geworden.
Gemeinsam mit Simon Weidacher haben sich die Drei an diesem Nachmittag im Bürgertreff in der Hauptstraße verabredet. Noch einmal wollen sie ein paar Details absprechen. Denn am 8. April ist es so weit. Dann öffnet in Külsheim an dieser Stelle das erste Repair Café.
Heike Obst leitet das Külsheimer Bürgernetzwerk. Kommt jemand mit einer Idee für ein Projekt zu ihr, leistet sie Schützenhilfe. So war es auch vor mehr als einem Jahr, als ein Külsheimer die Bildung eines Repair Cafés anregte. Doch eine Mitteilung im Amtsblatt, dass interessierte Handwerker dafür gesucht werden, ergab damals keine Resonanz, erinnert sich Obst.
Erst ein weiteres Inserat im Januar brachte den erhofften Erfolg. „Heutzutage wird so viel weggeschmissen, was noch repariert werden kann“, sagt Karl Ballweg. Er ist jemand, der diese Anzeige gesehen hatte. Er wollte sich sozial betätigen, führt der Servicetechniker als Grund für sein Mitmachen aus. Softwareentwickler Simon Weidacher und der gelernte Mechatroniker Tobias Bischof nicken zustimmend. Inzwischen haben sich insgesamt fünf Männer bereit erklärt, einmal im Monat „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leisten. Wie so ein Repair Café funktionieren kann, darüber haben sie sich bei bestehenden Cafés und auch bei Kunden informiert.
Über Bürgernetzwerk und Repair Cafés
- Das Bürgernetzwerk Külsheim wurde 2016 in der Hauptstraße 37 eröffnet und soll durch Begegnungen, wie dem Strick- oder dem Eltern-Kind-Treff, das Miteinander aller Generationen und Nationalitäten fördern.
- Das Konzept des Repair Cafés stammt aus den Niederlanden und wurde 2009 von Martine Postma als einladender Treffpunkt, bei dem Nachbarn ihre kaputten Geräte unter Anleitung reparieren können, entwickelt.
- Das erste Repair Café öffnete am 18. Oktober 2009 in Amsterdam.
- 2011 wurde die Stiftung „Stichting Repair Café“ gegründet, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Reparatur auf moderne Weise wieder in die Gesellschaft zu tragen, das Wissen dafür zu erhalten und den sozialen Zusammenhalt vor Ort zu fördern. Die Külsheimer Einrichtung ist Mitglied. hei
„Alles, was wir reparieren können, werden wir reparieren – genauer gesagt, die Leute dabei begleiten, es selbst zu tun“, erklärt Weidacher noch einmal die Vorgehensweise. Einzige Vorschrift: Das Gerät muss tragbar sein. Gefriertruhen oder Standkühlschränke beispielsweise fallen somit raus. Hat jemand ein Radio, das nicht mehr so will, kann er damit zum Bürgertreff kommen. Gemeinsam versucht man den Fehler zu finden. Muss ein kaputtes Teil durch ein neues ersetzt werden, wird genau festgelegt, um welches Teil es sich handelt. Dieses muss dann vom Besitzer bestellt werden. Beim nächsten Termin kann der Radiobesitzer das neue Teil dann unter Anleitung selbst einbauen.
„Hätten wir hier W-Lan, könnten wir das gleich am Laptop machen“, meint Tobias Bischof und schmunzelt ein wenig. Noch ist das Bürgernetzwerk nicht ans digitale Zeitalter „angeschlossen“.
Nachdem sich die Gründung des Repair Cafés in Külsheim langsam herumspricht, kommen die ersten Anfragen. „Ich habe von jemandem gehört, der eine alte Stereoanlage besitzt und sich freut, hier vorbeikommen zu können“, erzählt Heike Obst.
Vom Plattenspieler bis zur Mikrowelle könne man tatsächlich mit vielen „Sorgenkindern“ vorbeischauen. Mal den Schlauch oder die Schaltzüge am Fahrrad wechseln sei auch möglich, versichert Karl Ballweg. Man werde jedoch nicht in Konkurrenz zu den Unternehmen treten, betonten alle drei Männer gleichzeitig. „Hochspannungsgeräte, oder alles, was gefährlich ist, werden wir hier auch nicht reparieren“, sagt Weidacher. Eine Gewähr, dass jedes Gerät wieder zum Laufen gebracht werden kann, gebe es nicht. Und ein Garantieschein werde natürlich auch nicht ausgestellt.
Kosten fallen für die Kunden nicht an. Die Arbeit der Helfer ist ehrenamtlich. Allerdings werde man eine Spendenkasse aufstellen, verspricht Heike Obst. „Es ist doch schön, mit den Leuten in Kontakt zu kommen, mit ihnen zu reden“, bringt Simon Weidacher den Gedanken des Bürgertreffs noch ins Spiel. „Es ist eben nicht nur das Reparieren, dass hier eine Rolle spielt, sondern auch der Gedanke des Zusammenzukommens“, ergänzt die Bürgernetzwerkleiterin. „Aus diesem Grund ist der Kaffee wichtig“, meint Karl Ballweg und alle müssen lachen. Dabei tritt deutlich zutage: Die Truppe versteht sich wirklich gut und geht trotz fehlendem W-Lan das Repair Café mit Elan und Humor an.
Hinweis: Am Dienstag, 8. April, öffnet das Külsheimer Repair Café von 18 bis 20 Uhr zum ersten Mal seine Türen im Bürgertreff in der Hauptstraße 37. Weitere Informationen wird es in Kürze auf der Seite des Bürgernetzwerks, über die Homepage Stadt (/www.kuelsheim.de/leben-wohnen/buergernetzwerk/informationen), und auf Facebook geben.
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