Pferde - Cindy Schwind hilft Reitern dabei, ihre Pferde besser zu verstehen / Nicht selten erfahren die Pferdebesitzer ganz nebenbei auch mehr über sich selbst

Nicht flüstern, sondern zuhören

Von 
Bianca-Pia Duda
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Vertrauensarbeit: Wenn das Fluchttier Pferd entspannt liegen bleibt, dann ist das ein riesiges Geschenk für Mensch - und Tier.

© Petra Tänzer

Boxtal. Ruhig beobachtet Cindy Schwind, wie die Pferdebesitzerin die Box ihrer Stute betritt und das Halfter aufziehen will. Dabei muss sich die Besitzerin etwas strecken, weil das Pferd den Kopf oben lässt und keine Anstalten macht, ihn herunter zu nehmen.

"Leg eine Hand aufs Genick", rät Schwind. Sie tritt heran, macht die Bewegung vor und bringt die Stute sanft dazu, ihren Kopf nach unten zu nehmen. "Guuut", lobt sie und sagt zur Besitzerin: . "Ziel ist es, dass sie allein in ihr Halfter schlüpft." Cindy Schwind ist mit Pferden aufgewachsen und schon immer den "unkonventionellen" Weg gegangen. "Ab und zu werde ich dafür belächelt. Aber ich werfe ja keine Wattebäuschchen, sondern bin konsequent. Nur eben mit dem Grundsatz, dass ich dem Pferd etwas erkläre", beschreibt Schwind ihr Konzept.

Partnerschaft mit dem Pferd bedeute, trotzdem klare Grenzen zu stecken. Konsequenz, Lob, Berechenbarkeit, gegenseitiger Respekt und Vertrauen sind wichtige Grundpfeiler. "Ich bin kein Pferdeflüsterer. Das hat alles mit logischem Arbeiten zu tun."

Im Gegensatz zur klassischen Pferdeausbildung, bei der das Tier oft einer starren Skala untergeordnet ist, gibt bei Schwinds Ansatz das Pferd den Ausbildungsweg, das Tempo und die Dauer vor. Manchmal müsse man dabei auch ein paar Schritte zurückgehen, um Unsicherheiten zu beseitigen. Ein festgelegtes Schema gebe es nicht. "Jedes Pferd hat seine eigenen Bedürfnisse, auf die es im Training einzugehen gilt", so die Pferdefrau.

"Ich versuche zu vermitteln, wie die Pferde denken und lernen und was sie im Einzelnen motiviert. Auch der Ausdruck des Pferdes ist wichtig. Ist es gestresst, hat es wirklich Angst, ist es lustig oder testet es mich?", nennt die 30-jährige Boxtalerin Beispiele.

In der Praxis erlebt Trainerin oft, dass nicht das Pferd das "Problem" ist, sondern eher Mensch an sich arbeiten muss. Beim gemeinsamen Training erfährt der Besitzer so oft mehr über sich selbst, weil sein Pferd ein Spiegel seines eigenen Verhaltens ist. Wenn sie unterrichtet, achtet Schwind eine entspannte Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen.

Ihre gelassene und zuversichtliche Art überträgt sich dabei schnell auf nervöse, ängstliche und unsicherere Pferde und ihre Besitzer, die sich durch negative Erlebnisse nicht mehr zu helfen wussten. Offene Fragen beantwortet Schwind dabei jederzeit. "Wichtig ist mir hier das ,Warum'. Wieso und weshalb machen wir das, und was ist das Ziel. Nur wenn man diese Fragen für sich beantwortet, kann man es seinem Pferd vermitteln", betont die Expertin.

Ihre beste Lehrmeisterin für ihre Arbeit ist ihre Araber-Mix Stute Apanatschi. "Sie hat mich dazu gebracht, alles was ich bisher glaubte, über Pferde zu wissen, neu zu überdenken und über Bord zu werfen. Hier mussten wir einen Weg des Miteinanders finden", sagt sie über die Stute, für die sie sogar einmal den "Rat" bekommen hatte, sie zum Metzger zu bringen. Doch Cindy Schwind sah das Pferd nicht als Problem, sondern als Herausforderung.

"Heute weiß ich, wie ich mir ihre Eigenschaften zu Nutzen machen kann und mein Pferd dankt es mir mit einer Freundschaft, die ich nie erwartet oder zu träumen gehofft hätte."

Wie diese Freundschaft aussieht, zeigt die Trainerin bei öffentlichen Veranstaltungen, auf denen sie Apanatschi beispielsweise in der Freiheitsdressur vorstellt. Ohne Zaumzeug lässt sie ihre Stute dann um sie herum "tanzen", kommuniziert nur mittels Körpersprache mit ihr und präsentiert - ohne Sattel und Trense - auch Lektionen der hohen Schule. Nicht selten kullern bei diesem Anblick manch gerührtem Zuschauern dabei Tränchen aus den Augen.

"Jedes Pferd ist nur so, wie es gemacht wird", findet Cindy Schwind. "Zu viel Druck erzeugt oft nur mehr Gegendruck", das sei beim Menschen ja nicht anders. Oft hört man in Reitschulen Sätze wie: "Der muss wissen, wer das Sagen hat." oder "Zeig ihm mal wer der Chef ist." - Aussagen, die sowohl manche Pferde als auch den Mensch eher frustrieren, als motivieren. "Die Pferde verstehen oft nicht, was der Mensch von ihnen möchte. Der Mensch wiederum interpretiert das Pferdeverhalten als bockig, schwierig oder dominant."

Hier helfe es, eine einheitliche Kommunikation aufzubauen, "damit jeder weiß, was der andere erwartet." Wenn die Probleme nicht verschwinden, müsse man tiefer graben, um eine Lösung zu finden. "Ein Partner wird immer motivierter und leistungsbereiter sein, als ein Untergebener", ist Schwind überzeugt.

Die größte, psychische Herausforderung für die Pferdeversteherin war ein als unreitbar geltendes Tier, das schon mehrere Trainer abgeworfen hatte. Der Besitzer sah in Schwind die letzte Chance. Nachdem gesundheitliche Probleme ausgeschlossen werden konnten, begann sie langsam mit der Arbeit und fand heraus, dass das Pferd einfach nur unsicher war.

"Ein Pferd lernt durch Versuch und Irrtum. Es musste wissen, auch wenn es sich irrt, bekommt er keine Schläge. Es musste verstehen, dass es auch Fehler machen darf und dass es für richtige Handlungen belohnt wird. Wir mussten ihm zusammen mit dem Besitzer neue Antworten geben."

Erst als bei der Arbeit am Boden, also ohne Reiter, alles klar war, begann die Ausbildung unter dem Sattel. "Hier war von unreitbar keine Spur mehr. Das Pferd konnte die positiven Erfahrungen vom Boden mit in den Sattel nehmen und weiter lernen."

Am schönsten ist es für Schwind am Ende, zu sehen, wie motiviert ihre Pferde sind, wie gerne sie mitmachen und mit ihr zusammenarbeiten - dieses Gefühl gibt sie ihren Schülern weiter.

Weitere Infos im Internet unter www.cs-pferdetraining.com

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