Buchpräsentation - Dem Autor Professor Joachim Maier ein vertieftes Interesse an den Lebensgeschichten der Freudenberger Ermordeten bescheinigt

Eine Verbindung von Wissenschaft und Gedenken

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Freudenberg. "Jüdische Kultur in unserer Stadt ist begraben. Aber es darf nicht zu spät zur Auseinandersetzung mit dieser Zeit sein." Mit diesen Worten eröffnete Freudensberg Bürgermeister Heinz Hofmann am Donnerstag in der Alten Kirche am Ort vor vollem Haus die Präsentation des Buches von Joachim Maier über die Opfer der nationalsozialistischer Gewalt aus Freudenberg.

Er berichtete davon, dass der Autor bei der Enthüllung des Denkmals für diese Personen im Jahr 2007 nicht stehen bleiben wollte. Vielmehr sei beim Autor ein vertieftes Interesse an den Lebensgeschichten der Freudenberger Ermordeten erwachsen und dies aus christlichem Verantwortungsbewusstsein.

Maier habe sich der Erforschung Freudenbergs mit Hingabe gewid-met, weil er selbst Kirschfurter sei und viele seiner Lebensabschnitte in Freudenberg erlebt hatte, wo auch seine Eltern und Großeltern begraben seien. Maier habe ihm, dem Stadtoberhaupt, mitgeteilt, dass das Gedenkbuch sichtbar machen sollte, dass nach Artikel 1 des Grundgesetzes jeder Mensch Würde besitzt. Hofmann selbst sei "froh" über dieses Buch.

Zurückhaltende Interpretationen

Anschließend würdigte Jürgen Hellbrück (Freudenberg/Würzburg) das Buch, insbesondere die zurückhaltenden Interpretationen, die stets unterscheidbar von den historischen Fakten entfaltet seien.

Das Buch biete über ein allgemeines Gedenken hinaus die konkrete Darstellung des Geschehens. Dies geschehe in einer gelungenen Verbindung von Wissenschaft und Gedenken. Denn nicht der Buchtext selbst wolle ein mitfühlendes Gedenken bieten. Vielmehr könne durch die Lektüre der damaligen Vorgänge dieses Pathos beim Lesen entstehen. Lobenswert sei auch die Zurückhaltung des Autors bei Schuldzuweisungen. Durch die Ehrung der Opfer hindurch werde den Tätern die Stirn geboten.

Der Autor Joachim Maier dankte seinen zahlreichen Hörern mit Ausführungen über die Freudenberger Familie des Mendel Reis, die nach dem Wegzug von Freudenberg nach Berlin in den Jahren 1939 bis 1943 von der Hauptstadt aus ihre Vernichtung hinnehmen musste.

Dieser Vortrag demonstrierte das von Hellbrück zuvor beschriebene Verhältnis von wissenschaftlicher Beschreibung durch den Autor und dem entstehenden Mitgefühl für die Leidensgeschichten der Opfer beim Hören. Nur durch bestimmte, vom Autor benutzte Metaphern zur Beschreibung der Lebensgeschichten wurde Mitgefühl beim Hörer direkt erzeugt. So bezeichnete Maier Berlin als "Wartesaal des Todes", die Hochzeit der Tochter als "ruhige Mitte und Auge eines gewaltigen Sturms" beziehungsweise die kurz vor der Deportation noch eingegangene Ehe als "Schrei der Sehnsucht".

Nach der Darstellung dieser Geschichte einer Freudenberger jüdischen Familie war es Maier ein Anliegen zu betonen, dass das Freudenberger Denkmal aus dem Jahr 2007 und jetzt Titelbild des Buches für alle Opfergruppen - Juden, Sinti und "Euthanasie"-Opfer - steht.

Das Titelbild zeigt das Denkmal sechseinhalb Jahre nach seiner Enthüllung mit jetzt angesetzter Patina. Dieses Denkmal werfe Tag für Tag einen Schatten auf die Stadtmauer, der auch ein symbolischer Schatten der Stadtgeschichte sei. Die Gedenktafel wolle ermutigen, Augen, Herz und Hand für die Not der anderen zu öffnen. Der Autor wünschte sich, dass in dem Geist auch das Gedenkbuch wirken möge. "Dann kann es allen, auch den anderen, gut gehen."

Beim abschließenden Empfang der Stadt Freudenberg im Sitzungssaal des Rathauses war Gelegenheit zum Gespräch und zum Erwerb des Gedenkbuches. Dieser Empfang unterstrich noch einmal die rückhalt-lose Unterstützung des Buches durch die Stadtverwaltung Freudenberg. Dieter Fauth

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