Main-Tauber/Külsheim. Auf dem Weg unterhalb des Stahlbergs wirbelt der Wind kurzzeitig die Blätter auf. Die Sonne sorgt dafür, dass der Wald sein herbstliches Farbenspiel präsentiert. Revierleiterin Selina Utz ist an diesem frischen und doch sonnigen Vormittag im Stadtwald der Gemeinde Külsheim unterwegs, genauer gesagt unterhalb des Stahlbergs, im sogenannten Tauberrain. Sie steht in einem fast einen Hektar großen, noch recht kahl wirkenden Areal. „Diese Fläche war bis vor drei Jahren ein richtig dunkler Nadelwald, ähnlich wie im Schwarzwald, mit Fichte und Tanne. Doch dann kam der Borkenkäfer und der Bestand war nicht mehr zu halten“, erzählt sie. Nachdem die Fläche im Herbst 2022 geräumt war, stellte sich die Frage: Was nun? Utz setzt auf zwei Wege. Einer davon ist die Naturverjüngung durch stehengelassenen Bergahorn, Esche, Vogelkirsche und Spitzahorn. „Zusätzlich haben wir hier im Frühjahr 2023 als sehr stabile Baumarten Schwarznuss und Edelkastanie angepflanzt.“ Die Besonderheit der Fläche: Der Boden ist frischer Feinlehm. „Das ist die beste Bodenklasse, die wir anzubieten haben. Und die muss ich für eine Baumart nutzen, die damit zurechtkommt und am besten wächst.“ Aus den etwa 30 Zentimeter großen Pflänzchen sind inzwischen meterhohe Bäumchen geworden. Dennoch bleibt das Areal eingezäunt. „Der Zaun ist notwendig, weil unser Rehwild ein Gourmet ist und die Edelkastanie rausschnabulieren würde“, die Fachfrau muss ein wenig schmunzeln.
Erfolgversprechender Versuch mit der Hopfenbuche
Nur wenige Meter weiter am idyllischen Wanderweg befindet sich ein Versuchsareal. Auf 0,1 Hektar geräumter Fläche wurden 70 Europäische Hopfenbuchen gepflanzt. „Das ist eine Baumart, die kennt man bei uns noch gar nicht. Das ist ein reiner Versuchsanbau, um zu schauen, ob es bei uns mit der Hopfenbuche überhaupt etwas wird“, erklärt die Revierleiterin. Der Baum gehört zu den Birkengewächsen und habe nichts mit der Kletterpflanze, die für die Biergewinnung genutzt wird, zu tun. „Die Hopfenbuche liefert kein hochwertiges Holz, sondern dient hauptsächlich der Brennholzproduktion.“ Weil die im Jahr 2023 gepflanzten Bäume wirklich schön gerade (wipfelschäftig) gewachsen sind, könnte das Holz durchaus auch als Stammholz verwertet werden. „Für uns ist jedoch ein anderer Fakt wichtig. Die Hopfenbuche wächst auf felsigen Untergründen, also dort, wo wenig Erdmaterial da ist. Für solche Extremstandorte haben wir nicht viele Baumarten, die damit klarkommen“, begründet Utz die ungewöhnliche Wahl. Scheinbar gelingt der Versuch, fast alle 70 Bäumchen sehen gesund aus. „Wir haben hier nichts nachgepflanzt. Es ist alles gut angewachsen. Ich bin selbst auch wirklich überrascht“, sagt sie. Die Freude ist ihr anzumerken. Eigentlich habe die Revierleiterin mit mindestens zehn Prozent Ausfall gerechnet.
Optisch auffällig ist, dass auf dieser Fläche ausschließlich Wuchshilfen aus nachhaltigem Gewebe verwendet wurden, welches sich mit der Zeit zersetzt. „Die Verwendung ist eine Kostenfrage. Wir reden hier vom dreifachen Preis.“ Noch darf jeder Waldbesitzer entscheiden, welches Material er als Wuchshülle verwendet. Die Gemeinde Külsheim hat bereits im Jahr 2024 entschieden, auf Nachhaltigkeit zu setzen. „Wir standen und stehen aktuell mit dem Forsthaushalt in Külsheim sehr gut da. Dann kann man sich so etwas leisten. Aber das schafft nicht jede Kommune“, gibt Utz zu bedenken. Am Fuß der Versuchsfläche leuchtet gerade ein Feuerahorn. Der spielt zwar forstwirtschaftlich keine Rolle, bietet aber den Wanderern auf dem stark frequentierten Weg zwischen Mariengrotte und Biotop unterhalb des Stahlbergs optisch einen Reiz.
Der Test mit dem Amberbaum
Weitere Versuchsflächen hat Selina Utz unmittelbar an der Grenze zum Gamburger Revier im Gewann Gamburger Rain anlegen lassen. 2022 wurde dort zum ersten Mal im Main-Tauber-Kreis der Westliche Tannenborkenkäfer entdeckt. Aus den ursprünglich 3,5 Hektar zu räumender Fläche wurden am Ende ganze 9,5 Hektar Schadfläche. Auch hier setzt die Revierleiterin auf natürliche Verjüngung. Im oberen Bereich finden sich inzwischen kleine Tannen wieder, aber auch junger Bergahorn, Hainbuche, Kirsche. Allein für Naturverjüngung ist diese Fläche jedoch zu groß, weiß Utz aus Erfahrung. „Deshalb haben wir das Areal in kleinere Flächen eingeteilt und vier Quadrate zu je einem Hektar mit altbewährten Baumarten bepflanzt, mit denen wir auf der sicheren Seite sind.“ Die Revierleiterin zählt unter anderem Eiche, Linde, Hainbuche, Edelkastanie und Roteiche, aber auch Fichte, Lärche und Tanne auf. Teile der Fläche sind mit Einzelschutzmaßnahmen versehen.
Vier kleine Areale in der Größe zwischen 0,1 und 0,2 Hektar werden jedoch für Testzwecke genutzt. In einer der Versuchsflächen wurden Amberbäume gepflanzt. „Der Amberbaum ist durchaus bekannt. Man findet ihn eher innerstädtisch, beispielsweise in Würzburg. Er ist ein klassischer Baum in Parkanlagen. Hier probieren wir es mit einer Pflanzung im Wald, um zu sehen, ob es mit ihm funktioniert.“ Utz steht direkt am Fuß dieser Fläche. Doch die Amberbäumchen sehen alles andere als gesund aus. „Man sieht eindeutig, es klappt nicht gut. Warum, das kann man nur vermuten, denn der Versuch wird nicht wissenschaftlich begleitet. Ich glaube, es liegt am felsigen Untergrund, dass der Boden für die Art nicht tiefgründig genug ist.“ Auch eine Nachpflanzung habe nicht den versprochenen Erfolg gebracht. „Jetzt werden wir etwas anderes einbringen.“ Die Entscheidung steht noch aus, mit welcher Baumart in diesem kleinen Areal experimentiert werden soll.
Hoffnungsträger Gleditschie und Orientbuche
In den drei weiteren Versuchsflächen wurden die Orientbuche, Gleditschie und Eibe gepflanzt. „Diese Sorten gedeihen in wärmeren Regionen, also in einem Klima, das bei uns in 20 Jahren herrschen wird. Wir wollen erfahren, ob sie auch mit unseren klimatischen Bedingungen zurechtkommen.“ Die Orientbuche kommt im südlichen Bulgarien, der Türkei und im Iran vor, ist von Natur aus hitzeresistenter als die einheimische Buche, aber dennoch ein naher Verwandter. Gleditschien stammen aus gemäßigten und subtropischen Regionen Nord- und Südamerikas, kommen auch in Asien und Afrika vor und sind vereinzelt in Europa zu finden. Auf die Eibe setzt Selina Utz für die Sortenvielfalt. Wachsen diese Arten gut an, können sie zur Holzgewinnung genutzt werden. Während der Amberbaum im Gewann vor sich hin mickert, sehen die jungen Gleditschien, Orientbuchen und Eiben gut aus, was die Revierleiterin zufrieden stimmt.
Auf den insgesamt 9,5 Hektar wurden für den Wildwechsel zwischen den eingezäunten Arealen Streifen als Wildkorridore freigelassen. Während Selina Utz diesen Umstand erklärt, rappelt es etwa 20 Meter tiefer im Unterholz auf Gamburger Gemarkung. „Das war ein Wildschwein“, Selina Utz muss lachen. Denn das Tier machte sich bemerkbar, als hätte es nur auf sein Stichwort gewartet.
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