Külsheim. Das Verlegen von Stolpersteinen zur Erinnerung an das Schicksal ehemaliger jüdischer Bewohner der Brunnenstadt wurde am Freitagnachmittag fortgesetzt. Der Künstler Gunter Demnig verlegte in drei Straßen insgesamt sieben solcher Steine vor den jeweiligen Häusern und Wohnungen der ehemaligen Mitbürger. Die Stadt Külsheim setzte mit der Aktion auch ein Zeichen gegen Antisemitismus.
Gut zwei Dutzend Menschen aus allen Altersklassen trafen sich an der ersten Station an der unteren Bergstraße, dem ehemaligen Judenschulweg. Alfred Bauch, profunder Kenner der jüdischen Geschichte in Külsheim, freute sich, dass die Aktion in Külsheim weitergeführt werde, und unterstrich, die örtliche Pater-Alois-Grimm-Schule habe den Tag begleitend vorbereitet.
Külsheims Bürgermeister Thomas Schreglmann ergänzte, Bauch selbst sowie die Lehrkräfte Julia Fleckenstein und Elena-Maria Bitsch hätten sich zusammen mit den Schülern der inklusiven Klasse 9b um das Projekt gekümmert. Der Bürgermeister betonte, die Geschichte der Külsheims sei unauslöschlich mit der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde verbunden. Diese habe das wirtschaftliche und das kulturelle Leben beinahe 600 Jahre lang mitgestaltet. Es sei für Külsheim eine Verpflichtung, so Schreglmann, die Erinnerung an die Geschichte wach zu halten und auch künftige Generationen daran immer wieder zu erinnern. Leider sei auch in Külsheim jahrzehntelang der jüdisch geprägte Teil der Geschichte in ein Tuch des Schweigens gehüllt worden. Erst in den letzten Jahren habe man hier begonnen, sich dieser Geschichte zu stellen. So seien 2014 gemeinsam mit Gunter Demnig erste Stolpersteine verlegt worden.
Der Bürgermeister erinnerte daran, dass man sich an der unteren Bergstraße im vormaligen jüdischen Zentrum Külsheims befinde. In unmittelbarer Nähe sei in der Obertorgasse die Mikwe, das jüdische Ritualbad, welches noch bis heute erhalten sei. Die Sanierung des Bades werde man in den nächsten Jahren schaffen. Die Namen derer, die seinerzeit aus der Mitte der Stadt gerissen worden seien, dürften niemals in Vergessenheit geraten.
Demnig setzte die Steine in Külsheim behutsam, klopfte diese besonnen ins Lot, verrichtete seine Arbeit respektvoll schweigend, als Verbeugung vor den Menschen.
Fleckenstein erläuterte, wie die Schüler das Projekt angegangen sind, wie sie die-ses technisch umgesetzt hatten und schließlich würdig gestalten konnten.
An der unteren Bergstraße befinden sich nun die Stolpersteine für Rosi Kahn, deren Mutter Malchen Kahn und Großmutter Sophie Kahn. Malchen Kahn führte das Schuhgeschäft ihres im Ersten Weltkrieg gefallenen Mannes Moritz Kahn weiter. Nach 1933 nahm der Druck der Nazis, vor allem aus Wertheim, immer mehr zu, jüdische Menschen wurden offen terrorisiert. Rosi Kahn floh mit ihrem Mann 1936 in die USA. Großmutter Sophie Kahn starb 1938, wurde als eine der letzten auf dem jüdischen Friedhof in Külsheim bestattet. Mutter Malchen Kahn erkrankte an Asthma, starb 1939 im jüdischen Hospital in Fürth.
Die Stolpersteine für Samuel Bär und für dessen Frau Berta Bär liegen in der Spitalstraße. Samuel Bär war Schuhmacher und Händler, zudem Wortführer der jüdischen Gemeinde. Er wurde bei der demütigenden sogenannten „Brunnentaufe“ am 1. September 1939 besonders heftig gequält, am 22. Oktober 1940 wie alle badischen Juden in das Lager Gurs nach Südfrankreich verschleppt, am 10. August 1942 nach Auschwitz transportiert und dort ermordet. Berta Bär ward zusammen mit ihrem Mann Samuel in das Lager Gurs deportiert. Auch sie wurde im August 1942 im Viehwaggon nach Auschwitz transportiert und ermordet.
In der Boxtalstraße sind seit Freitag die Stolpersteine für Max Brückheimer und dessen Schwester Fanny Brückheimer. Max Brückheimer war am Ort jüdischer Metzger. Er wurde am 11. November 1938, dem Tag nach der Reichspogromnacht, verhaftet, nach Dachau gebracht, überlebte dieses erste Martyrium. Auch Max Brückheimer musste die „Brunnentaufe“ über sich ergehen lassen, wurde 1940 nach Gurs deportiert. Auch er kam in die Vernichtungslager nach Auschwitz, man erklärte ihn dort für tot. Fanny Brückheimer half im Metzgergeschäft ihres Bruders. Auch sie wurde nach Südfrankreich deportiert, im Lager Gurs eingesperrt. Am selben Tag wie ihr Bruder kam für sie der Transport nach Auschwitz, wo sich ihre Spur verliert.
Bauch meinte abschließend, noch seien in Külsheim nicht alle Stolpersteine verlegt. Er sei froh, dass dies in Külsheim gemacht werden könne, in manchen Städten gelinge dies nicht. hpw
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