Gut voran geht die Sanierung des Bettendorffschen Schlosses in Gissigheim. Doch nicht nur darüber freuen sich die Verantwortlichen. Auch die Spendenbereitschaft ist groß.
Gissigheim. Die Sanierung des Bettendorffschen Schlosses in Gissigheim macht gute Fortschritte. Die Arbeiten am Dachstuhl und an der Ziegeleindeckung sind inzwischen fast abgeschlossen. Zurzeit werden der Glockenturm auf dem Dach des Seitenflügels und die sechs Dachgauben auf dem Längsdach von Mitarbeitern der Firma Hammer aus Arnstein renoviert.
Die Notwendigkeit, die Gauben einer gründlichen Auffrischung zu unterziehen, zeigte sich schon bei der ersten Inspektion sehr deutlich. Denn vor allem die kunstvoll gearbeiteten Hölzer der Rahmen und der Segmentbögen an den Gauben auf der Wetterseite wiesen starke Verwitterungsmerkmale auf. Auch konnte man deutliche Spuren von früheren, nicht fachgerecht erfolgten Reparaturarbeiten erkennen.
Es verlangt nun ein großes handwerkliches Geschick, die Gauben wieder in einen ordentlichen Zustand zu bringen. Wie Bauleiter Uwe Walzenbach erklärte, werde man versuchen, bei allen Arbeiten möglichst viele Originalteile zu erhalten. Leider könne man die bei einer früheren Sanierung abgebauten sechs Gauben im Mansardenteil des Dachstuhls nicht wieder aufbauen. Dass diese einmal vorhanden waren, kann er an der Holzkonstruktion des Gebälks deutlich erkennen.
Inzwischen wurde auch der Glockenturm generalsaniert. Dazu musste die gesamte Hülle abgebaut werden. Eindeutig war dabei zu erkennen, dass die Schieferdeckung in den vergangenen Jahrhunderten mehrmals erneuert wurde.
Ungelöste Frage
Interessant ist die ungelöste Frage nach dem Alter des Glockenturms, der offensichtlich erst einige Zeit nach der Erbauung des Schlosses auf den Dachstuhl aufgesetzt worden ist. Ein Indiz dafür ist seine „sehr liederlich zusammengezimmerte Konstruktion“, wie Walzenbach feststellte. Die Vorgabe für den damals beauftragten Zimmermann hatte wohl gelautet: „Objekt schnell und günstig errichten“, wofür auch die Zweitverwertung des Holzes spricht. Der Turm hebt sich daher sehr negativ von der barocken Abbindung des Dachstuhls ab, bei dem ein Experte mittels einer dendrochronologischen Untersuchung des Holzes das Alter klar auf die Jahre um 1730 datierte, die Zeit der Erbauung des Schlosses.
Dem Experten fiel bei seiner Begutachtung die beeindruckende Qualität der Zimmermannsarbeiten auf, die in der damaligen Zeit ohne Maschineneinsatz mit höchster Präzession ausgeführt wurden. Obwohl die fachliche und optische Qualität des Turms sich nicht mit der gesamten Dachkonstruktion vergleichen lässt, ist er heute noch so stabil, dass man die Balkenkonstruktion erhalten konnte. Die jetzt neu angebrachten Schiefertafeln, die aus deutschen Steinbrüchen stammen, wurden kunstvoll von den Mitarbeitern der Dachdeckerfirma angebracht. Somit fehlen nur noch die Schallfenster und die neue Wetterfahne.
Ein nicht gelöstes Rätsel ist die Herkunft der Glocke im Turm, die älter ist als das Schloss. Sie trägt die Inschrift „Würzburg 1670 Jesus von Nazareth ein König der Juden“, zeigt als Relief Jesus am Kreuz und ist reichlich mit Ornamenten verziert. Das lässt den Schluss zu, dass die Glocke eventuell aus einem sakralen Bauwerk stammt.
Die im Original erhaltene historische Wetterfahne auf dem Turm musste ebenfalls erneuert werden, da sie vom Zahn der Zeit ziemlich angenagt war. Erfreut zeigten sich die Vertreter des Schlossvereins, dass inzwischen ein Fachmann aus Gissigheim in Eigenregie eine neue Wetterfahne konstruiert hat. Schon in wenigen Tagen wird sie wieder zeigen, woher der Wind weht.
Gravierte Schieferplatten
Dass die Bevölkerung an ihrem Schloss hängt und ihr der Erhalt am Herzen liegt, zeigt die Tatsache, dass sich viele Personen als Mitglieder beim neu gegründeten Schlossverein eingetragen haben. Auch wurden schon viele alte Schieferplatten, die mit einer Eingravierung versehen wurden, gegen eine Spende erworben. Dadurch kamen schon weit über 1000 Euro zusammen.
Der Verein erhofft sich vor allem eine vermehrte Spendenbereitschaft, wenn sich in einigen Monaten das Schloss frisch renoviert und in neuer Farbe als ein Prunkstück im Dorfmittelpunkt zeigen wird.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/koenigheim_artikel,-koenigheim-handwerkliches-geschick-ist-noetig-_arid,1648532.html