Hardheim/Höpfingen.
Überrascht, betroffen, zufrieden: Die Reaktionen auf die Kritik der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts und des Regierungspräsidiums Karlsruhe an den Umwelt- und Naturschutzgutachten für den geplanten Windpark "Kornberg/Dreimärker" könnten unterschiedlicher kaum sein. Gleichwohl spiegeln sich darin die seit Jahren unvereinbar gegenüberstehenden Positionen von Befürwortern und Gegnern des Projekts wider. Veränderte Standpunkte? Allenfalls in Nuancen. Ein schnelles Ende der seit drei Jahren schwelenden Auseinandersetzung ist trotz der klaren Worte der Fachbehörden nicht in Sicht.
Entsprechend verhalten reagiert Walldürns Bürgermeister Markus Günther auf die aktuellen Ereignisse. In seiner Funktion als Vorsitzer der Verbandsversammlung des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Hardheim-Walldürn konstatiert er wegen der in den Stellungnahmen aufgeworfenen Fragen einen "erheblichen Aufklärungsbedarf". Das gesamte Verfahren sei deshalb derzeit nicht entscheidungsreif. Einer Abwägung der Verbandsversammlung könne er nicht vorgreifen und sich deshalb nicht zum Inhalt der Stellungnahmen äußern. Grundsätzlich seien in die Abwägung "sämtliche Faktoren, ob positive oder negative Stellungnahmen der Behörden, der Bürger oder aller Institutionen miteinzubeziehen".
Höpfingens Bürgermeister Adalbert Hauck will zunächst abwarten, bis die Stellungnahmen der Fachbehörden inhaltlich und rechtlich geprüft sind. "Nachdem das Projekt schon so lange läuft, gilt es dann bei Klarheit in Ruhe und mit kühlem Kopf abzuwägen und zu entscheiden", so Hauck. Momentan seien jedoch zu viele Fragen offen. Aussagen über mögliche Konsequenzen könnten deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden.
"Es geht nicht darum, auf Biegen und Brechen am Kornberg festzuhalten", kommentiert Hardheims Bürgermeister Volker Rohm die Stellungnahmen der Fachbehörden, die er "mit Betroffenheit" zur Kenntnis genommen habe. "Es ist uns allen klar, dass bei Maßnahmen wie der Errichtung von Windkraftanlagen in allen Wäldern eine Vielzahl von Tieren betroffen wird." Für diese seien im günstigen Fall Ersatzmaßnahmen zu schaffen. Im ungünstigsten Fall könne es zu einer Ablehnung des Gebiets als ungeeignet kommen.
Im Rahmen der Voruntersuchungen gehe es darum, geeignete Flächen zu finden, um erneuerbaren Energien - wie vom Gesetzgeber verlangt - substanziellen Raum zu verschaffen. "Sollte dies am Kornberg nicht möglich sein, werden Gemeinderat und Gemeindeverwaltungsverband dies zur Kenntnis nehmen und neu entscheiden müssen", so Rohm.
"Bin selbst gespannt"
Im Augenblick stelle sich diese Frage allerdings nicht, da es sich seiner Lesart nach weitgehend um eine Bewertung der Gutachterstellung handelt. "Angeführte Vorwürfe über rundum organisatorische wie systematische Fehler in der Erstellung der Gutachten durch das Büro Beck können von mir nicht bewertet werden", sagt Rohm. Es stelle sich auch die Frage, ob eventuelle Mängel durch verfeinerte Aufnahmen und weitere Beobachtungen geheilt werden können. "Gegebenenfalls werden sogar juristische Schritte unternommen und ein gerichtliches Urteil die Entscheidung herbeiführen müssen", so Rohm. "Ich bin selbst gespannt, wessen Aussagen hier als die richtigen erklärt werden."
Deutliche Worte findet Bretzingens Ortsvorsteher Kaspar Wolf zu den jüngsten Entwicklungen: "Der Ortschaftsrat begrüßt die ablehnende Haltung der Fachbehörden und erwartet sowohl von der Verwaltung wie auch vom Gemeinderat, diese Planung nicht noch weiter voranzutreiben, sondern endlich auszusteigen". Der Ortschaftsrat sei von Anfang an gegen den kommunalen Windpark "Kornberg/Dreimärker" gewesen. Daran habe sich nichts geändert. Besonders die Art und Weise, wie versucht worden sei, die in fast allen Bereichen mit Fehlern behafteten Planung gegen den Willen des Ortschaftsrats und der Bevölkerung voranzutreiben, sei im Ortschaftsrat und in der Bevölkerung auf Unverständnis gestoßen.
"Gerade jetzt wäre nach dem Vorliegen der ablehnenden Stellungnahme der Fachbehörden der richtige Zeitpunkt für die Verwaltung und den Gemeinderat auszusteigen, ohne das Gesicht völlig zu verlieren", so Wolf. "Wir fordern den GVV, die Gemeindeverwaltung, den Gemeinderat und den Projektierer auf, ein Festhalten an der Planung grundlegend zu überdenken und die Planung einzustellen, um nicht noch mehr Gelder für die Fortführung dieser verfehlten Planung zu verschwenden."
Diplomatischer und fast schon salomonisch formuliert es Wolfs Kollege aus Waldstetten. "Sie werden verantwortungsbewusst abwägen", ist sich Ortsvorsteher Helmut Hartmann sicher. Schließlich seien seit der ersten Information über den geplanten Bau der Windkraftanlagen viele neue Erkenntnisse hinzugekommen. Als Kriterien, die es zu berücksichtigen gelte, nennt Hartmann die Beachtung besonders schützenswerter Tierarten und eine intakte Natur, die im neuen Regionalplan zu erwartende Erhöhung der Abstände von Windrädern zu Wohngebieten und die erhöhten Gefahren für Piloten am Walldürner Flugplatz.
"Wünschen uns Ruhe"
"Es ist jetzt an der Zeit, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen", sagt Dieter Popp, Vorsitzender der Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz (BGN) Hardheim/Höpfingen. Er und seine Mitglieder sehen sich in ihren Aussagen zu den Gutachten des Büros Beck bestätigt: "Unsere eigenen Beobachtungen spiegeln das Ergebnis des Regierungspräsidiums und des Landratsamts wider. Die BGN ist somit vollumfänglich in ihren Aussagen und Vermutungen rehabilitiert."
Als Konsequenz aus den Stellungnahmen der Fachbehörden wünschen sich die Verantwortlichen der BGN, dass die Gemeinden Hardheim und Höpfingen sowie der GVV Abstand davon nehmen, das Areal "Kornberg/Dreimärker" in ein Windindustriegebiet umzuwandeln. "Das würde auch und vor allem zur Befriedung in der Bevölkerung beitragen", so Popp. "Denn es hat sich gezeigt, dass die Summe der Gründe, die dagegen sprechen eindeutig höher wiegt als die Anzahl der Aspekte, die für einen Bau der Anlagen sprechen würden. Wir wünschen uns nichts sehnlicher als Ruhe und zukünftig einen partnerschaftlichen Umgang."
Wachsam wollen die Mitglieder der BGN aufgrund der negativen Erfahrungen von Bürgerinitiativen in anderen Gebieten auch weiterhin bleiben. Mehrere Tausend Arbeitsstunden haben sie in den vergangenen drei Jahren im Planungsgebiet um den Kornberg verbracht, um die Situation akribisch zu dokumentieren.
An diesem nimmermüden Einsatz soll sich auch zukünftig nichts ändern, zumindest solange das Vorhaben nicht zu den Akten gelegt wird.
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