Gerichtstetten. Sie sind leuchtend orange, gelb, grün, gestreift, glatt oder gerillt, rund oder eiförmig, klein, mittel bis hin zu riesengroß. Die Rede ist von Kürbissen. Eine Zier- und Speisefrucht, die der Herbst in seiner Fülle beschert und die einem überall in Gärten, Läden und Straßenverkäufen begegnet. Anlass genug für den Bereich Ernährung, Hauswirtschaft und Einkommenskombination vom Fachdienst Landwirtschaft des Landratsamts des Neckar-Odenwald-Kreises diese Frucht im Rahmen der Genusstour in den Mittelpunkt zu stellen. Im Hof Heilig habe man einen lokalen Betrieb gefunden, der Einblicke in Anbau und Sortenvielfalt gewähre, erklärte Stefanie Barho vom Landwirtschaftsamt den rund 20 Interessierten.
Überhaupt sei es ein wichtiges Anliegen, das Vertrauen in die regionalen Lebensmittel zu stärken, stünden sie für Frische sowie Umweltfreundlichkeit hinsichtlich der kurzen Transportwege. Auch die Transparenz, die bereits der Name „Gläserne Produktion“ suggeriere, sei ein wichtiger Aspekt der Dachmarke des Landes: „Das ganze Land zu Tisch. Gute Ernährung für Baden-Württemberg.“ Bevor es jedoch zu Tisch ging, ging es nach draußen auf das Feld, denn laut Veranstaltungsmotto „Kürbisvielfalt entdecken, erleben und genießen“ gehörte auch die Entdeckungstour zum Nachmittag.
Regionale Kürbisvielfalt entdecken und erleben
Schon von weitem leuchteten die satt-orangenen Hokkaidos. Der strahlende Sonnenschein tat sein Übriges und rückte den wohl bekanntesten Speisekürbis ins rechte Licht. Indessen brauchten auch die bescheidener auftretenden Muskat-, Spaghetti- und Butternutkürbisse, der Sweet Dumpling oder der Steirer Ölkürbis ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, gebührt auch ihnen ein Platz in Küche und Keller. Beim Blick über den Acker, auf dem Kartoffeln und Zwiebeln bereits abgeerntet waren, offenbarte sich den Teilnehmenden eine reiche Sortenvielfalt nahezu vor der Haustür.
Mit umfangreichem Fachwissen beantworteten die beiden Vollerwerbslandwirte Jenny und Matthias Heilig viele Fragen, die sich um Samenfestigkeit, Pflanzzeitpunkt, männliche und weibliche Blüten, Reife, Erntezeitpunkt, Lagerung und vieles mehr rankten. Stichwort ranken – ein bis zwei Meter Abstand liege zwischen den Pflanzen, bevor sie mit ihren Ranken auf Tuchfühlung gingen. „Wahnsinn, wie sie sich ausbreiten“, schwärmt Jenny Heilig auch nach Jahren des Kürbisanbaus noch immer begeistert. Überhaupt merkt man den beiden die Leidenschaft an, mit der sie ihre regenerative Landwirtschaft ohne Chemie betreiben und wertvolle Lebensmittel erzeugen.
Es habe sich bewährt, die Jungpflanzen in die Furche zwischen den kleinen Erdwällen zu setzen, die mit dem Kartoffellegegerät gezogen würden, erklärte ihr Mann. So seien sie nach dem Auspflanzen im Mai vor Frostnächten geschützt und auch das Wasser, das in trockenen Jahren während der ersten vier Wochen zwecks der Wurzelbildung angegossen werde, verbleibe im abfallenden Gelände an Ort und Stelle.
Kürbisrezepte begeistern die Besucher
Nach vielen Informationen ging es zurück auf den Hof, durch den Hofladen in die Scheune, um die Produkte aus dem direkten Umfeld zu verkosten, zu genießen und darüber durchaus ins Schwärmen zu geraten.
Vesperbrettchen mit der Aufschrift: „Hof Heilig – Gutes aus dem Bauland“ versprachen Gutes und umgehend wurde mit Brezeln und dreierlei Kürbisdips dieses Versprechen eingelöst. Man wolle nicht immer Kürbissuppe bieten, erklärte Jenny Heilig, vielmehr die Bandbreite der Speisekürbisse in der gebotenen Rezeptvielfalt präsentieren.
Beim Spaghetti-Kürbis, unterstützt von Walnüssen und Feta, Butternut-Dip mit Zwiebeln, Senf und geräucherter Paprika oder Hokkaido mit Pinienkernen und Parmesan war für jeden Geschmack etwas dabei. Ideal sei diese Verwertung auch bei kleinen Haushalten. Aufstriche böten eine gesunde Alternative, so dass nichts verkomme.
Nach diesem Vorspeisen-Booster voller sekundärer Pflanzenstoffe wehte der herzhafte Duft frischen Flammkuchens, herbstlich interpretiert mit Muskatkürbiscreme, Wildschweinbratwurst und Zwiebeln anstelle von Schmand und Rauchfleisch durch die Scheune. „Das kann sich sehen lassen“, so der Kommentar eines Gastes und nicht nur das. Diese jahreszeitliche Variante bestach sowohl in Optik als auch in Geschmack. Die leicht säuerliche Note des Muskats eigne sich überdies für Chutneys, während der Butternut herzhaft und süß einsetzbar sei. Genau, der süße Abschluss fehlte noch. Eine Butternutcreme mit Schmand und Grieß, ein Topping aus Ölkürbiskernen vereinten Crunch und Geschmeidigkeit und rundeten die dreigängige Leckerei ab. Interessant nebenbei, dass nur 100 Gramm Kerne aus einem doch beachtlich großen Ölkürbis zu ernten seien, so dass sich vor diesem Hintergrund der Preis erkläre. Der hohe Eiweißanteil der Kerne sei für die vegane Ernährung wertvoll.
Wertschätzung von Ernte und Landwirtschaft
„Ich war begeistert vom Flammkuchen“, schwärmte Landwirtschaftsminister Peter Hauk und zeigte sich beeindruckt vom Entdecken, Erleben und Genießen anlässlich der Erntedankwoche, die zum wertvollen Umgang mit Lebensmitteln mahne. Wichtig sei die Wertschätzung für diese und die Arbeit der Landwirte gleichermaßen, die mit ihren hochwertigen Erzeugnissen die Versorgung der Bevölkerung sicherstellten. Im Hochlohnland, in dem die Bauern in den Wirtschaftsprozess eingebunden seien, seien sie auf die ihnen vertrauenden Verbraucher angewiesen, die ihrerseits erkennen müssten: „Hochwertige Produkte sind ihren Preis wert.“ Veranstaltungen wie diese animierten, inspirierten und machten die Besucher zu Botschaftern der heimischen Betriebe.
Diesen Ball griff auch Hardheims Bürgermeister Stefan Grimm auf. Man müsse nicht weit weg, um gute Lebensmittel zu erwerben, man müsse nur wissen, wo es diese gebe, betonte er und appellierte an die Anwesenden: „Geben Sie das weiter.“ Beeindruckt zeigte er sich von den kulinarischen Interpretationen. „Da steckt viel Herzblut drin“, honorierte er.
Auch der Erste Landesbeamte Dr. Björn-Christian Kleih genoss die herbstlichen Leckereien und wertschätzte das Engagement der Betriebe, die sich an der „Gläsernen Produktion“ beteiligten, so dass man mit wertvollen Eindrücken, die nachhaltig haften blieben, nach Hause ging.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/hardheim_artikel,-hardheim-gerichtstetten-kuerbisse-verzaubern-mit-geschmack-und-farbe-_arid,2332096.html