Hardheim. In der Sitzung des Gemeindeparlaments am Montag ging es in der Hauptsache - wieder einmal - um den geplanten Windpark "Kornberg/Dreimärker". Zahlreiche interessierte Zuhörer verfolgten die ausgiebige Diskussion, in der die verschiedenen Standpunkte noch einmal sehr deutlich zum Ausdruck kamen. Bauamtsleiter Ansmann erläuterte die Sachverhalte.
Nicht zur Debatte standen dieses Mal der sogenannte Kriterienkatalog, arten- und naturschutzrechtlichen Belange sowie die neuesten Erkenntnisse zu Flugsicherheit und zu dem Vorkommen geschützter Tier- und Pflanzenarten (die FN berichteten). Diese werden im weiteren Verlauf des Verfahrens bei den verschiedenen Anhörungen wie auch im nachfolgenden "BimSchG-Verfahren" nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz noch Thema sein und können dann durchaus noch zu einer Verhinderung des Windparks führen.
Bei einer Festlegung des Mindestabstands zur Wohnbebauung auf mindestens 1000 Meter - wie von der "Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz" (BGN gefordert - der Bretzinger Ortschaftsrat votierte sogar für einen noch größeren Abstand - hätte ein Standort diese Vorgabe nicht erfüllt und wäre weggefallen. Möglicherweise wäre dann der gesamte Windpark für den Investor Zeag unrentabel geworden.
Wichtige Einnahmemöglichkeit
Gegen die 1000-Meter-Begrenzung wurden in der Sitzung vor allem drei Argumente angeführt: Der Gemeinde als einer der finanzschwächsten im Neckar-Odenwald-Kreis gingen wichtige Einnahmemöglichkeiten (Verpachtung der Grundflächen) verloren, auf die sie angewiesen sei. Dies führten unter anderem Manfred Böhrer und Klaus Kressner an. "Wir müssen schauen, dass wir Geld in die Kasse bekommen" (Kressner).
Auch auf die Gleichbehandlung aller Ortsteile wurde abgehoben: "Ich kann in Bretzingen keine anderen Maßstäbe setzen wie in Gerichtstetten (Klaus Schneider). Manfred Böhrer rechnet mit "Unruhe", "wenn wir die Bretzinger anders behandeln."
Und schließlich wiesen unter anderem beide darauf hin, dass sich der Gemeinderat vor einigen Jahren bewusst mehrheitlich für diesen Windkraftstandort entschieden habe. "Wir machen uns unglaubwürdig, wenn wie nicht zu unseren Beschlüssen stehen" (Manfred Böhrer). "Für mich hat sich nichts geändert" (Klaus Schneider).
Siggi Horn hat sich die Mühe gemacht und mit Hilfe von GPS und technischem Gerät den Abstand vom Kapellenweg in Bretzingen zum nächstgelegenen Windradstandort eruiert. Seinen Berechnungen zufolge seien es mindestens 980 Meter und aus diesem Grund stimmte er dem Zielabweichungsverfahren zu.
Differierende Auffassungen
Im Vorfeld zu dieser Gemeinderatsitzung hatten sich Vertreter der Fraktionen mit Mitarbeitern der Verwaltung getroffen und das Vorhaben diskutiert. Über das Ergebnis und die Art und Weise der Beantragung eines Mindestabstandes gab es allerdings differierende Auffassungen und Missverständnisse, wie in der Diskussion (auch hierüber) am Montag deutlich wurde. Von "gemauschelt" war daraufhin in den Reihen der verwunderten Zuhörer die Rede.
Die in der Vorbesprechung ausgehandelte Kompromisslösung schlug sich in einer Ergänzung der Tischvorlage mit neuem Beschlussvorschlag nieder.
Da sich die geplanten Anlagestandorte in dem noch verbindlichen Teilregionalplan Windenergie außerhalb der ausgewiesenen Vorranggebiete befinden, wurde der Gemeindeverwaltungsverband beauftragt, ein zum Bau der geplanten Windräder deshalb notwendiges Zielabweichungsverfahren im Bereich "Kornberg" beim Regierungspräsidium zu beantragen, unter den Vorbehalten, dass keine Blattbefeuerung erfolgt und die Gesamthöhe von 210 Meter einschließlich Rotorblätter - auch in Zukunft und auch beim Repowering (Ersatz älterer Windenergieanlagen) - nicht überschritten werden darf.
Ebenfalls mit elf Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen wurde zugestimmt, im aktuell rechtskräftigen Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbandes für die in den Walddistrikten "Kornberg", "Bergholz", "Kriegsholz" und "Hardheimer-Höhe" geplanten sechs Windenergieanlagen punktuelle Konzentrationszonen als Sonderflächen "Windenergie" auszuweisen. Derzeit sind die betroffenen Bereiche zum Großteil noch als Flächen für die Forstwirtschaft ausgewiesen. Der GVV soll die weiteren Verfahrensschritte einleiten.
Mit acht Stimmen (vier Gegenstimmen, zwei Enthaltungen) wurde der Antrag von Dr. Großkinsky auf Erweiterung der Vorgaben um die Festsetzung eines Mindestabstandes zur Wohnbebauung von 1000 Meter abgelehnt.
Der Gemeinderat schloss sich damit nicht - wie sonst üblich - dem Votum des Bretzinger Ortschaftrates an, der sowohl einstimmig gegen eine punktuelle als auch eine flächenhafte Fortschreibung des Flächennutzungsplanes und gegen das Zielabweichungsverfahren stimmte, wie Ortsvorsteher Kaspar Wolf nochmals darlegte. Er wies auch auf die exponierte Lage des Standortes hin: "Wie auf dem Präsentierteller werden sich Windräder und Wohngebiet gegenüberliegen."
Nach Ansicht von Wolf ist das "hohe Konfliktpotenzial Mensch - Natur - Vogelschutz" bei dem ganzen Projekt noch nicht ausreichend berücksichtigt. Sein Credo: " Windkraft in vernünftigem Stil dort, wo sie hinpasst."
Einheitliche Regelung vermisst
Er wie einige weitere Redner können es nicht verstehen, dass es für alles Mögliche in Deutschland einheitliche Regelungen gibt, nur nicht für so ein wichtiges Thema wie die Windkraftstandorte. Wolf wie auch Dr. Ingo Großkinsky und Simone Richter kritisierten, dass die Festlegungen nicht landes- oder bundesweit erfolgen, sondern auf die unteren Verwaltungsebenen abgeschoben werden. Zur vorzeitigen Umsetzung des Windparks "Kornberg" ist neben der punktuellen Fortschreibung des Flächennutzungsplanes auch eine flächenhafte Anpassung der Konzentrationsfläche für Windenergieanlagen in dem sachlichen Teil-Flächennutzungsplan des GVV erforderlich. Mit elf Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen beauftragte der Hardheimer Gemeinderat den GVV in einer weiteren Abstimmung, die entsprechenden Schritte hierfür einzuleiten.
- Kommentar "Man vergibt sich nichts"
Gemeinderat in Kürze
- Die Schulleiterstelle in Gerichtstetten sei ausgeschrieben, hieß es auf Anfrage von Lars Ederer.
- Manfred Böhrer sprach die Einbahnstraßenregelung in der Langen Gasse an. In der Verkehrsschau soll geprüft werden, ob die Durchfahrt von Fahrradfahrern bergab von der Wertheimer Straße bis zur Firma Eirich nicht ermöglicht werden kann.
- Eric Bachmann thematisierte das provisorische Parkverbot in der Bürgermeister-Henn-Straße in Höhe des Polizeipostens. Es wollte wissen, wie es dort weitergeht, nachdem das Provisorium schon über ein Jahr bestehe und sich immer wieder Eltern nicht an die Vorschriften halten würden. Hauptamtsleiter Beger und Bürgermeister Rohm betonten, dass die Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Schule bestrebt sei, hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Aber einige Unverbesserliche gebe es eben doch: "Wir werden das überprüfen und eventuell Ordnungsstrafen verteilen."
- Sämtliche Wasserversorgungsanlagen der Gemeinde sind am 29. Juni im Rahmen einer Wasserschau vom Landratsamt überprüft worden. Insgesamt handelte es sich um 20 Anlagen, wie Bürgermeister Rohm bekannt gab, darunter Hochbehälter und Pumpwerke. Der Befund habe ergeben, dass sich alle Trinkwasseranlagen in einem qualitativ sehr guten Zustand befänden. Ein besonderes Lob gab es in diesem Zusammenhang für Wassermeister Rossmann. i.E.
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