Gemeinderat diskutierte Windkraftstandort "Kornberg" - Abstände zur Wohnbebauung diskutiert / Rotmilan-Pärchen brütet im Vorranggebiet

"Definitiv keine Beleuchtung der Rotorblätter"

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Ralf Scherer
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Auch die sechs geplanten Windkraftanlagen im Bereich "Kornberg/Dreimärker" werden nachts aus Sicherheitsgründen beleuchtet sein. Die von Kritikern monierte Beleuchtung an den Rotorspitzen wird es allerdings nicht geben.

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Höpfingen. Bis spätestens Ende des Jahres will Höpfingens Bürgermeister Adalbert Hauck die Baugenehmigung für die geplanten Windkraftanlagen im Bereich "Kornberg/Dreimärker" auf dem Tisch liegen haben. Das hat er am Montagabend in der Sitzung des Gemeinderats im Rathaus bekräftigt und die bis dahin gebotene Eile mit der bereits von der Bundesregierung beschlossenen Kürzung der Förderung für Windenergie ab 1. Januar 2017 begründet.

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die für den Bau der Anlagen benötigten Areale in Sonderbauflächen "Windenergie" umgewandelt werden. Im aktuell gültigen Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Hardheim-Walldürn sind diese Flächen noch ausschließlich der Forstwirtschaft vorbehalten. Einer entsprechenden Fortschreibung des Flächennutzungsplans stimmte das Gremium geschlossen zu.

Gibt auch die Verbandsversammlung am 27. Juli grünes Licht, wären die Voraussetzungen für ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren geschaffen. Damit fährt Höpfingen planungsrechtlich fortan zweigleisig, weil ein Inkrafttreten des zurzeit im Entwurfsstadium befindlichen Flächennutzungsplans des GVV zur Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergie für das laufende Jahr nicht mehr zu erwarten ist.

Eingangs der Sitzung hatte Sandra Lanig von der Gesellschaft für Landmanagement und Umwelt Klärle aus Weikersheim noch einmal die Flächen vorgestellt, auf denen die beiden Windkraftanlagen auf Höpfinger Gemarkung entstehen sollen.

Erläuterungen

Artenschutzrechtlich sah sie nur geringes Konfliktpotenzial. "Die Planung steht nicht im Widerspruch zu Paragraf 44 Bundesnaturschutzgesetz", so Lanig. Die Nabenhöhe der geplanten Anlagen vom Typ "E115" bezifferte sie auf 149 Meter, die Gesamthöhe einschließlich Rotorblätter auf 206 Meter. Der Abstand zu Waldstetten betrage 830 Meter, zu Höpfingen beziehungsweise zur Eckwaldsiedlung 1,4 Kilometer.

Die von Kritikern monierte Beleuchtung der Rotorblätter sei nicht vorgesehen. "Die wird es definitiv nicht geben", sagte Lanig. Die sich anschließende Diskussion drehte sich einmal mehr um nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für den Menschen verträgliche Abstände.

"Dem Gemeinwohl verpflichtet"

Stefan Michel beispielsweise merkte an, dass der Gemeinderat bei dieser Entscheidung auch dem Gemeinwohl verpflichtet sei. Er erkundigte sich zudem, wie diesbezüglich der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung zu werten sei und, ob es nicht besser wäre abzuwarten, bis Klarheit herrscht.

Als "ganz heißes Eisen" bezeichnete Bürgermeister Hauck die angesprochene Passage im grün-schwarzen Vertragswerk. Seiner Meinung nach werde diese nie umgesetzt. Mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans könne man jedenfalls nicht ewig warten, sondern müsse auf der Grundlage der aktuellen Gesetzeslage entscheiden. Das angesprochene Gemeinwohl werde ohnehin bei der Prüfung jedes einzelnen Windrades gesondert beurteilt.

Dieter Goldschmitt erkundigte sich, ob Rotorblätter in die Abstandsberechnung einbezogen werden. Dies werde von Landratsamt zu Landratsamt unterschiedlich gehandhabt, erklärte Sandra Lanig. Im Neckar-Odenwald-Kreis gelte: "Rotorblätter dürfen nicht überstreichen." Sprich, der Abstand werde ab der Rotorspitze berechnet. Andere Signale aus dem Landratsamt und damit einen gewissen Verhandlungsspielraum will dagegen der Rathauschef in einem Gespräch zu diesem Thema vernommen haben: "Das war kein absolutes ,Nein'".

Aus den Reihen des Gremiums angesprochen wurde auch die Regelung der Abstände innerhalb des GVV. "Die Abstände können nur einheitlich festgelegt werden", betonte Lanig. Diesbezügliche Gespräche mit allen an dem Verfahren Beteiligten werde es, so Bürgermeister Hauck, vor den Sommerferien nicht mehr geben.

Abstandregelung wieder Thema

Unabhängig davon wird der Höpfinger Gemeinderat noch einmal über die eigentlich schon als verabschiedet betrachtete Abstandsregelung entscheiden müssen. "Der Kriterienkatalog kommt noch einmal zurück in die Sitzung", erklärte Hauck. Die Entscheidung Anfang Juni sei auf der Grundlage falschen Kartenmaterials getroffen worden.

Eine weitere Überraschung hatte er schließlich für die Zuhörer im Saal - darunter Hardheims Bürgermeister Volker Rohm und Zeag-Geschäftsführer Harald Endreß - parat. Entgegen den Aussagen im Gutachten zur speziellen Artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) des Büros Beck (Darmstadt) soll nämlich doch ein Rotmilan-Pärchen sogar innerhalb des Vorranggebiets brüten. Aus dem Landratsamt habe er kurzfristig die Information erhalten, dass es sich um einen Horst mit zwei Jungvögeln handelt, sagte Hauck.

Noch im März hatte Peter C. Beck, Geschäftsführer des gleichnamigen Büros für Ökologie und Stadtentwicklung erklärt, dass kein Rotmilan-Horst innerhalb eines Abstands von 1000 Metern zu einer geplanten Anlage gefunden worden sei.

Wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Planung auswirken, ist derzeit noch nicht absehbar. "Es sind zwei Windräder im FFH-Gebiet betroffen", so Hauck. Es handele sich aber nicht um die beiden Anlagen auf Höpfinger Gemarkung.

Der GVV als Genehmigungsbehörde müsse nun prüfen, ob die Windräder unter Auflagen gebaut oder eventuell ganz aus der Planung genommen werden müssen. Ein Ausschlusskriterium stelle der Horst zwar nicht dar, die Planung werde dadurch jedoch noch komplizierter.

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