Grünsfeld. Der Wein ist eine wahre Gottesgabe. Das weiß schon die Bibel. Zahlreiche Stellen befassen sich mit dem edlen Getränk – von der Hochzeit zu Kana bis zum Letzten Abendmahl. Der Wein, das Leben, die Bibel und die Menschen standen deshalb auch im Mittelpunkt einer „biblischen Weinprobe“, die die Frauengemeinschaft im Rienecksaal veranstaltete.
Auf insgesamt 979 Stellen in der Bibel wird direkt oder indirekt auf Wein und Weinbau Bezug genommen. Weinberg kommt über 90 Mal, Weinrebe über 60 Mal und Weinpresse 15 Mal vor. Obwohl Bier damals ein ebenfalls weit verbreitetes Getränk war, hatte es nicht denselben hohen Stellenwert. Der Reformator Martin Luther stufte den Unterschied wie folgt ein: Bier ist Menschenwerk, Wein aber ist von Gott. „Der Wein erfreut des Menschen Herzen“, zitierte Michael Spies von den Becksteiner Winzern das Buch der Psalmen. Eigentlich war Pfarrer Oliver Störr für die biblischen Aspekte vorgesehen. Krankheitsbedingt musste er absagen. Michael Spies übernahm diesen Part und erwies sich damit nicht nur als Weinexperte, sondern auch als profunder Kenner der Bibel.
Besonderer Ortswein zum Auftakt der Probe
Als ersten Wein kredenzte Spies einen Königheimer Weißer Burgunder trocken. „Die Lage macht ihn zu einem besonderen Ortswein“, erklärte er. In Königheim herrsche ein eigenes Klima, weil die Wärme sich am Talende staue. Die feine Eleganz der so entstehenden Weine findet nach Spies‘ Auffassung ihre Entsprechung in Jesu klaren Worten aus dem Johannesevangelium: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Für Spies ein Hinweis darauf, dass Leben nur in gemeinschaftlicher Beziehung gelingen kann.
Der zweite Wein war ein trockener Gewürztraminer aus Oberschüpf. Spies beschrieb ihn als einen „sinnlichen Wein“, der den „Duft der Liebe“ verströme. Diesen Eindruck verband er mit dem alttestamentarischen Hohelied. „Süßer als der Wein ist deine Liebe“, heißt es dort. Eine in Spies‘ Augen wahrlich frohe Botschaft: „Glaube darf ruhig sinnlich sein.“
Als dritter Wein funkelte eine Spätlese Schwarzriesling trocken im Glas. Das rote Farbspiel verband Spies mit Romantik und Liebe. Sein biblischer Referenzpunkt war die Geschichte von der Hochzeit zu Kana, bei der Jesus Wasser in Wein verwandelte. Für Spies war klar: „Gott verwandelt den Alltag in Segen.“
Der vorletzte Wein der Probe war ein Klepsauer Bacchus feinherb. Ein, so Spies, „leichter, duftiger und fröhlicher Wein.“ Das erinnerte ihn an das Johannesevangelium. Dort sagt Jesus über sich: „Ich gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Eine trostreiche Botschaft, wie Spies fand: „Wir dürfen das Leben genießen.“
Zum Schluss reichte Michael Spies eine Kerner Spätlese. Der Kerner als Rebsorte spiegelt seinen Angaben zufolge die Vielfalt und Tradition der Region. Als milder und versöhnlicher Abschluss der Weinprobe erinnerte ihn der Wein an die Einsetzungsworte Jesu, der seinen Jüngern den Kelch mit der Aufforderung reichte: „Trinkt alle daraus.“ Für Spies die tiefste Form von Gemeinschaft und Zeichen des Lebens, das sich verschenkt.
Wein und Glauben öffnen die Herzen
„Wein und Glauben haben vieles gemeinsam“, resümierte Michael Spies. Mit beiden könne man die Zeit gewinnbringend verbringen und beide öffneten die Herzen. „Wein und Glauben sind Geschwister, die sich gegenseitig bereichern.“
Zwischen den einzelnen Proben unterhielten Andrea Müller-Köhler (Piano) und Franz Ködel (Gesang) mit thematisch passenden Liedern wie „Ich bin der Weinstock“, „In einem kühlen Grunde“, „Red, red wine“ oder „Summer wine“. Als Überraschungsgast bereicherte der Büttharder Gedichtlesschreiber Hermann Hehn die Veranstaltung mit humorvollen Texten. Die Quintessenz seines Poems vom Weihbischof und dem Frankenwein konnte als Motto für die „biblische Weinprobe“ gelten: „Wer mit Andacht trinkt, betet.“
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