Freudenberg. Vor 80 Jahren am 2. August 1944 wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau trotz erbitterten Widerstands der Nationalsozialisten geräumt. Über 3000 Menschen waren dort im so genannten „Zigeunerlager“ bis dahin in den Gaskammern ermordet worden. Zu den Opfern gehörten auch die beiden Kinder Markus und Amandus Eckstein aus Freudenberg.
Der 2. August wurde 2015 vom Europäischen Parlament zum Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma erklärt.
Die Stadt Freudenberg veranstaltet aus diesem Anlass am Freitag, 2. August, um 17 Uhr ein öffentliches Gedenken im Innenhof des Friedhofs St. Laurentius.
Gedicht „Herbstzeitlosen“
Wie es in der Ankündigung heißt, werden Ellen Schnellbach für die Stadt Freudenberg und Professor Dr. Joachim Maier Worte des Gedenkens sprechen. Die Rezitation des Gedichts „Herbstzeitlosen“ und ein Gebet beschließen die Feier, die der Violinist Paul Erb musikalisch begleitet.
Zur Erinnerung an die Familie Eckstein zitiert die Stadt Freudenberg aus dem von ihr 2014 herausgegebenen und von Joachim Maier verfassten Gedenkbuch „Die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft aus Freudenberg“ (Seiten 273 bis 291):
Im Reisewagen unterwegs
„Die Sinti-Familie Johann (1881 bis 1942) und Beate (1899 bis 1983) Eckstein lebte mit ihren sieben Kindern in einem Reisewagen, vor allem im Raum Neckar-Odenwald. Dabei kam sie oft auch nach Freudenberg am Main.
Johann Eckstein war Berufsmusiker. Er besaß eine wertvolle Geige aus der vogtländischen Geigenbau-Werkstatt David Hopf. Noch bis 1939 war er im Besitz eines Wandergewerbescheins, der ihm die öffentliche Musikaufführung erlaubte.
Aber schon im Jahre 1937 wurde die Familie auseinandergerissen. Mehrere Kinder wurden der staatlichen Fürsorge unterstellt und auf Erziehungsheime verteilt.
Die (Rest-)Familie wurde zwischen verschiedenen Odenwaldgemeinden hin- und hergeschoben. Im November 1938 bestimmte der württembergische „Heimerlass“ das Kinderheim Sankt Josefspflege in Mulfingen (Jagst) zur ausschließlichen Aufnahme schulpflichtiger Kinder der Kategorie ,Zigeuner und Zigeunerähnliche’.
Dorthin kamen die 1931 und 1933 geborenen Buben Markus und Amandus. Die Eltern und der ältere Bruder Wilhelm konnten sie noch besuchen.
Für Vater Johann galt ,Arbeitszwang’. Zuletzt arbeitete er im Herbst 1941 bei der Firma C. Winterhelt (Natursteine) auf der Gemarkung Freudenberg im Steinbruch Ziegelwald. Dazu war die Restfamilie nach Freudenberg zugezogen und dort polizeilich gemeldet.
Im Dezember 1941 wurde Johann Eckstein in Freudenberg festgenommen und in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Schon bald war er derart geschwächt, dass er am 4. Mai 1942 in einem der gefürchteten „Invalidentransporte“ in die ,Euthanasie’-Tötungsanstalt Hartheim bei Linz (Oberösterreich) gebracht wurde. Noch am gleichen Tag wurde er ermordet.
Seine Ehefrau wurde in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt. Sie überlebte und kehrte in die Region zurück.
Die beiden Buben Amandus und Markus wurden im Mai 1944 in das „Zigeunerlager“ Auschwitz deportiert. In der Nacht vom 2. auf 3. August 1944 wurden sie – wie weitere 2895 Kinder, Frauen und Männer – in der Gaskammer ermordet.“
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