Freudenberg. Wie kann eine Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen Afrika und Europa gelingen. Mit dieser Frage beschäftigte sich nun die Global-Marshall-Plan-Lokalgruppe Freudenberg. Referent war Professor Dr. Franz Josef Radermacher. (Bild). Gruppensprecher Klaus Hildenbrand erinnerte daran, dass der Global Marshall Plan nun seit 20 Jahren bestehe.
Die musikalische Einstimmung auf den Abend übernahm Svenja Zipprich mit ihrem Lied „Wenn die Welt in Flammen steht“. Moderiert wurde die Veranstaltung von Gruppenmitglied Professor Michael Schmitz aus Miltenberg.
In seiner Einführung betonte Ralf Kern, Initiator der Freudenberger Gruppe, die Menschen heute hätten Verantwortung für ihre Kinder und Enkelkinder und für alle Menschen auf der Welt. Viele hätten Angst vor der Zukunft. Man wolle einen Bogen spannen, weg von Angst hin zu Zuversicht und guten Lösungen.
In Rademachers Vortrag gab es zwei Schwerpunkte: den fairen, nicht belehrenden Umgang der reichen mit den armen Ländern sowie die Energie und deren Erzeugung. Beide Punkte spielten auch in der Partnerschaft zwischen Europa und Afrika eine zentrale Rolle, meinte der Redner. 85 Prozent der weltweiten Energieproduktion seien noch fossil. Nur 3,5 Prozent betrage der Anteil von Photovoltaik und Windkraft. Der Umbau eines Energiesystems weg von fossilen Energien sei nicht billig. Für viele ärmeren Länder sei dies unmöglich. Auf dem Kontinent Afrika liege die jährliche Pro-Kopf-Emission an CO2 unter einer Tonne. In Deutschland seien es acht Tonnen. „Wir tun aber so, als müssten sie dort ihre Emission senken, um die Welt zu retten“, stellte der Redner fest. Wenn reiche Länder fordern, dass die armen Staaten ihre Umwelt schützen, müssten die Reichen dafür bezahlen. Radermacher: „Wir kooperieren nicht mit den armen Ländern. Wir moralisieren und tun so, als wären wir Vorbild für die anderen.“ Aus der Armut zu kommen und sowie etwas für Klima- und Umweltschutz zu tun, sei für arme Länder unter Beachtung der Forderungen der reichen Staaten die Quadratur des Kreises.
Radermacher ging auf den massiven Bevölkerungszuwachs auf dem afrikanischen Kontinent ein. Man brauche viel Wohlstand, um diesen zu bremsen. Großer Vorteil des Kontinents sei die riesige Landfläche, darunter viel Wüste. Ein kluger Umgang mit dieser, etwa zur Energiegewinnung, könne hilfreich sein.
Die zentrale Frage sei, wie ein Energiekonzept aussehen könnte, das Wohlstand in Schwellen- und Entwicklungsländer bringt und dem Klimaschutz hilft. Europa fordere den Verzicht auf fossile Energien von den armen Ländern und üben entsprechend Druck aus, etwa über die Finanzierungssysteme der Banken. Dies sei aber nicht die Lösung. „Wir in Europa gehen mit Afrika bisher nicht fair um und investieren zu wenig“, meinte der Referent. Er stellte die Lösungsansätze des Unido (Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung) für den Wohlstand in Afrika vor. Dafür brauche man ein stabiles Energiesystem, das kein CO2 erzeugt. Dieses solle hälftig aus erneuerbaren und aus zuverlässigen, steuerbaren Energien bestehen. Für Letztere könnte man neben nuklearer Energie fossile Energieträger nutzen. Zentral sei dabei, dass man das entstehende CO2 abfängt. Das sei aber nicht billig. Das CO2 werde hauptsächlich in alten Öl- und Gaskavernen unter dem Meer verpresst. „Man tut es genau dahin, wo es rauskam.“ Das koste 100 Euro pro Tonne CO2.
Als Lösung für die weitere Zukunft, die er auf etwa 50 Jahre schätzt, sah der Referent einen mit Sonnenenergie erzeugten synthetisch Energieträger wie Methanol. Der sei billiger als Öl, CO2-neutral und könne flüssig weltweit verschifft werden. Bis es soweit sei, eigene sich als Übergang eine Mischung aus regenerativ erzeugter Energie und Gaskraftwerken mit CO2-Abscheidung.
„Ich stehe hier nicht jubelnd über die Partnerschaft Europa und Afrika“, fasste Radermacher zusammen. Mit einer moralisierenden Struktur täten „wir alles, um Afrika die Nutzung seiner Vorteile für sich selbst und uns zu verhindern“, kritisierte er. Das Abfangen und Verpressen von CO2 in den armen Ländern müssten die reichen Staaten bezahlen, um sich selbst vor den sehr teuren Folgen einer Klimakatastrophe zu schützen.
In der anschließenden Diskussionsrunde ging es neben den Detailthemen auch um technische Alternativen zu den von Rademachern vorgestellten Techniken.
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