Kärweumzug in Reinsbronn

Das Dorfgeschehen genüsslich auf die Schippe genommen

Seit 20 Jahren wird in dem Creglinger Stadtteil die fränkische Tradition gepflegt. Auch die Kärwepredigt hat es in sich.

Von 
Arno Boas
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Gelbfüßler können fahren: Ob das wirklich so ist, sei dahingestellt, denn dieser Wagen thematisierte das Missgeschick eines Autofahrers aus dem Badischen. © Arno Boas

Reinsbronn. Der Reinsbronner Kärweumzug hatte Grund zum Feiern: Seit 20 Jahren tuckern Traktoren samt Anhänger am Kärwesamstag durchs Dorf. Die Umzugsteilnehmer persiflieren örtliche Ereignisse und nehmen so manches Missgeschick genüsslich auf die Schippe. So auch an diesem Samstag, an dem allerdings die musikalische Begleitung fehlte – der Feiertag Allerheiligen forderte seinen Tribut. Grund zum Schmunzeln gab es aber genug – auch in der von Daniel Wolfarth und Fabian Deppisch im Wechsel gehaltenen Kärwepredigt.

2005 beschlossen einige junge Reinsbronner mehr aus einer Laune heraus, einen im Fränkischen weit verbreiteten Brauch auch in ihrem Heimatort zu aufleben zu lassen: den Kärweumzug. Angefangen hat es mit zwei Motivwagen, in den folgenden Jahren entwickelte sich der Umzug zu einem Besuchermagneten mit teilweise über 15 Fahrzeugen und zwei Musikgruppen. Durch Corona wurde die Erfolgsstory abrupt unterbrochen. Seitdem ist das fünfköpfige Orga-Team dabei, dem Brauch wieder neuen Schwung zu verleihen. Und so fuhr diesmal wieder ein recht stattlicher Fahrzeug-Korso durchs Dorf – und es prasselten Unmengen an Bonbons auf die zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer nieder.

Kein Reinsbronner, kein Niedersteinacher und kein Schirmbacher kann sich sicher sein, nicht beim Umzug oder der sich anschließenden Kärwepredigt im Hof des Gasthauses „Zur Sonne“ thematisiert zu werden. Irgendetwas passiert schließlich immer im Ort und in den Nachbarorten Niedersteinach und Schirmbach.

Berichtenswertes gibt es jedes Jahr mehr als genug

Auch der Autor dieser Zeilen hat es schon in eine Kärwepredigt geschafft. 2011 war das – weil er im Zeitungsbericht über den Kärweumzug im Jahr 2010 den Verfasser der Kärwepredigt zweimal als Stefan Gimesi bezeichnet hatte, obwohl er eindeutig Stefan Hofmann heißt – eigentlich aber nur „Gisy“ genannt wird. Vor einigen Jahren hat sich Stefan Gim…., äh Pardon, Stefan Hofmann natürlich, zur Ruhe gesetzt.

Seit 2022 reimen sich Daniel Wolfarth und Fabian Deppisch in humorvoller Weise durchs lokale Geschehen eines Jahres. Und da gibt es immer genug Berichtenswertes – ob es nun ein übereifriger Apfelsammler, eine versehentlich im Motorraum eines Autos gelandete Katze oder ein Autofahrer aus dem Badischen ist, der ungeschickterweise beim Rangieren in einem Hof die Felgen seines Fahrzeugs demoliert hat und dessen Missgeschick ein Motivwagen mit dem Motto „Gelbfüßler können fahren“ aufs Korn nahm.

Auch schlechter Straßenzustand war Thema

Ein Motivwagen nahm den schlechten Straßenzustand rund um Reinsbronn aufs Korn. „Baden-Württemberg – Teststrecke Ländlicher Raum – wir testen, wie lange Sie unsere Untätigkeit ertragen können“ stand da zu lesen – eine eindeutige Anspielung auf die extreme Holperstrecke auf der L 2256 zwischen der Reinsbronner Mühle und Sechselbach. Angespielt wurde aber auch auf die Rübentransporte Richtung Ochsenfurt zur Zuckerfabrik. „Südzucker Teststrecke – Achtung Rutschgefahr“ lautete der Slogan, der auf die im Volksmund auch „Bauernglatteis“ genannte Verschmutzung der Straßen im Gau anspielte. Mit dabei traditionell auch die Bredlbude, die das Snowboardmuseum in Reinsbronn betreibt. Und der Jugendclub machte auf seine Neueröffnung aufmerksam, die noch am selben Abend gefeiert wurde.

Bürgermeister Hehn zeigte sich beeindruckt

Dass es in diesem Jahr beim Umzug keine musikalische Unterhaltung gab, lag am Feiertag Allerheiligen. Die katholischen Mitglieder der Blaskapelle hatten an diesem Tag anderweitige Einsätze. Die Kärwe-Prediger waren aber überzeugt, dass es im nächsten Jahr wieder Blasmusik zu hören gibt.

Unter die zahlreichen Zuschauer hatte sich im übrigen auch Creglingens Bürgermeister Uwe Hehn gemischt. Er zeigte sich beeindruckt vom Engagement des Orga-Teams und von der Themenvielfalt und dürfte insgeheim froh sein, dass es die Tradition der Kärwepredigt nicht auch in Creglingen gibt – denn Kuriositäten ereignen sich gewiss auch im Hauptort. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Schließlich ist die Kärwe im gesamten Creglinger Stadtgebiet eine beliebte Tradition, die aus weit mehr besteht als Blootz und Bier.

Die Bredlbude verteilte zur Freude der Zuschauer massenweise Süßigkeiten. © Arno Boas

Redaktion Redakteur bei den FN

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