Buchen. Eine Angst geht um unter Schweinezüchtern, Landwirten und Jägern in der Region: Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt immer näher. Vor einigen Tagen fand man bei Biblis im südhessischen Kreis Bergstraße einen infizierten Wildschweinkadaver, rund 65 Kilometer Luftlinie von Buchen sowie 90 Kilometer von Tauberbischofsheim entfernt. Nach Angaben des hessischen Landwirtschaftsministeriums wurden im Nachbarlandkreis Groß-Gerau inzwischen 92 positiv getestete Wildschweinkadaver und acht infizierte Hausschweine erfasst. Auf diese Entwicklung hat der Neckar-Odenwald-Kreis mit einer Allgemeinverfügung reagiert. In dieser verpflichtet er Jäger und Schweinehalter, erlegten oder im Bestand verendeten Tieren eine Blutprobe zu entnehmen. Diese wird im „Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe“ auf Virenbefall getestet. Auch der Main-Tauber-Kreis hat notwendige organisatorische Vorbereitungen zur Eindämmung der Schweinepest getroffen.
Lage hat sich verschärft
Obwohl sich die Lage in den vergangenen Wochen verschärft hat, bleibt Lars Unangst gelassen. Er hält in seinem Schweinemastbetrieb bei Bödigheim rund 1500 Tiere in geschlossener Haltung sowie Schweine, die in Stroh aufwachsen und über einen Auslauf im Freien verfügen. „Es dürfen keine Kunden in den Stall gehen“, sagt er. „Sonst hat sich eigentlich nichts geändert.“ Vor dem Stall befinde sich eine Hygieneschleuse mit Dusche, Desinfektionsmatte für die Schuhe und einer Umkleidemöglichkeit. Das sei für Betriebe seiner Größe vorgeschrieben.
Unangst habe einen Lehrgang über Schweinepest bei der Tierseuchenkasse besucht. Außerdem wolle er sich von einem Vertreter dieser Einrichtung vor Ort beraten lassen.
Einrichtung von Sperrbezirken
Doch auch Landwirte, die keine Schweine halten, sind von der Bekämpfung der Schweinepest betroffen. „Paragraf 14 d der Schweinepestverordnung räumt der unteren Tiergesundheitsüberwachungsbehörde weitreichende Möglichkeiten zur Seuchenbekämpfung ein. Diese betreffen nicht nur Schweinehaltungsbetriebe, sondern durch Flächennutzungseinschränkungen, die bis zu sechs Monaten dauern können, sämtliche landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebe“, informiert Verterinär Dr. Ulrich Bennemann in einer E-Mail an Andreas Sigmund, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands. Dieser hatte diese Information an seine Mitgliedsbetriebe weitergeleitet. Sollte im Raum Buchen ein Sperrbezirk eingerichtet werden, könnte diese Maßnahme die Ernte der hiesigen Landwirte behindern oder sogar verbieten.
Der Buchener Bauer Herbert Kieser wird die Ernte von Gerste und Weizen voraussichtlich bald eingefahren haben. Er macht sich allerdings Sorgen um die Maisernte, die im September ansteht. Denn würde im Neckar-Odenwald-Kreis ein mit Schweinepest infizierter Kadaver gefunden, könnte das Landratsamt ein „Kerngebiet“, eine „gefährdete Zone“ und eine „Pufferzone“ rund um den Fundort ausweisen. Die Größe der Radien dieser Zonen ist nach Angaben von Dr. Bennemann gesetzlich nicht festgelegt. „Die Größe von Restriktionszonen richtet sich im Einzelfall nach epidemiologischen Gesichtspunkten“, sagt er. „Aufgrund von Erfahrungen zu Bewegungsverhalten von Wildschweinrotten werden Radien von etwa 15 Kilometern zugrunde gelegt.“
Ernteverbot möglich
Als Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen könnten Behörden zum Beispiel anordnen, dass Landwirte solche Flächen nicht nutzen und somit nicht abernten dürften. Auch für die weiter entfernten sogenannten „Pufferzonen“ drohen den Bauern Einschränkungen. Kieser befürchtet, dass er vor dem Abernten eines Felds dieses erst mit einer Drohne überfliegen lassen muss um festzustellen, ob sich darin ein Tierkadaver befindet. Diese Maßnahme müsse er dokumentieren. „Es ist schwierig, jemanden mit einer Kameradrohne zu finden“, sagt er. „Außerdem bedeutet die Dokumentation einen hohen bürokratischen Aufwand.“ Kosten, die den Landwirten durch Nutzungsverbote oder andere Maßnahmen entstehen, werden den Landwirten in der Regel vom Staat erstattet.
Auch die Jäger in der Region sind von den Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest betroffen. Die Tiergesundheitsüberwachungsbehörden in den Landratsämtern können den Waidleuten zum Beispiel vorschreiben, in den sogenannten Pufferzonen verstärkt Wildschweine zu bejagen. Im Kerngebiet könnte das Jagen komplett untersagt werden. Wie bisher üblich, werden der Aufbruch von Wildschweinen, deren Schwarten und andere Wildabfälle in Verwahrstellen gelagert. Das sind verschließbare Container, deren Inhalt regelmäßig in der Tierkörperbeseitigungsanlage in Hardheim entsorgt wird.
Wissenswertes zur Afrikanischen Schweinepest (ASP)
Die Afrikanische Schweinepest ist eine schwere, hochansteckende und unheilbare Virusinfektion, die nur Haus- und Wildschweine befällt. Sie führt fast immer zum Tod der infizierten Tiere.
Die Krankheit kam 2007 nach Europa, vermutlich per Schiff über den Schwarzmeerhafen Poti in Georgien. Sie breitete sich über Russland, Weißrussland, die Ukraine und Polen aus. Der erste Nachweis in Deutschland wurde am 10. September 2020 in Brandenburg erbracht.
Für Menschen ist die Schweinepest ungefährlich. Sie können das Virus aber verbreiten, zum Beispiel mit ihrer Kleidung oder durch die unsachgemäße Entsorgung von Lebensmitteln, die das Virus enthalten.
Andere Tiere, zum Beispiel Hunde, können sich nicht mit Schweinepest anstecken. Sie können das Virus allerdings weiterverbreiten.
Beim Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises sind 188 Schweinehalter mit rund 25 000 Schweinen registriert. Im Main-Tauber-Kreis sind es 213 Betriebe mit etwa 72 300 Schweinen. Wird in einem Betrieb ein infiziertes Schwein festgestellt, müssen alle Tiere getötet werden.
In Deutschland wurden 2024 nach Angaben des Friedrich-Löffler-Instituts bis Ende Juli an insgesamt 281 Tieren die ASP festgestellt, darunter an neun Hausschweinen.
Um Wildschweine vor einer möglichen Ansteckung zu schützen, sollte man Fleisch- und Lebensmittelreste in verschließbaren Tonnen entsorgen. Dies gilt besonders für Rastplätzen an Straßen. Fleisch- und Fleischerzeugnisse aus Nicht-EU-Ländern dürfen nicht eingeführt werden. mb
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